Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.III. Was hülfen Flügel dem in eisernen Ketten fest Ange- Noch Einer härmte sich unter meinen Augen ab, mein Nichts unversucht zu lassen, schickt' ich einst Bendel III. Was huͤlfen Fluͤgel dem in eiſernen Ketten feſt Ange- Noch Einer haͤrmte ſich unter meinen Augen ab, mein Nichts unverſucht zu laſſen, ſchickt’ ich einſt Bendel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0041"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#aq">III.</hi> </head><lb/> <p>Was huͤlfen Fluͤgel dem in eiſernen Ketten feſt Ange-<lb/> ſchmiedeten? Er muͤßte dennoch, und ſchrecklicher, verzwei-<lb/> feln. Ich lag, wie Faffner bei ſeinem Hort, fern von jedem<lb/> menſchlichen Zuſpruch, bei meinem Golde darbend, aber<lb/> ich hatte nicht das Herz nach ihm, ſondern ich fluchte ihm,<lb/> um deſſentwillen ich mich von allem Leben abgeſchnitten<lb/> ſah. Bei mir allein mein duͤſtres Geheimniß hegend,<lb/> fuͤrchtete ich mich vor dem letzten meiner Knechte, den ich<lb/> zugleich beneiden mußte; denn er hatte einen Schatten, er<lb/> durfte ſich ſehen laſſen in der Sonne. Ich vertrauerte<lb/> einſam in meinen Zimmern die Tag’ und Naͤchte, und<lb/> Gram zehrte an meinem Herzen.</p><lb/> <p>Noch Einer haͤrmte ſich unter meinen Augen ab, mein<lb/> treuer <hi rendition="#g">Bendel</hi> hoͤrte nicht auf, ſich mit ſtillen Vorwuͤr-<lb/> fen zu martern, daß er das Zutrauen ſeines guͤtigen Herrn<lb/> betrogen, und Jenen nicht erkannt, nach dem er ausgeſchickt<lb/> war, und mit dem er mein trauriges Schickſal in enger<lb/> Verflechtung denken mußte. Ich aber konnte ihm keine<lb/> Schuld geben, ich erkannte in dem Ereigniß die fabelhafte<lb/> Natur des Unbekannten.</p><lb/> <p>Nichts unverſucht zu laſſen, ſchickt’ ich einſt <hi rendition="#g">Bendel</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
III.
Was huͤlfen Fluͤgel dem in eiſernen Ketten feſt Ange-
ſchmiedeten? Er muͤßte dennoch, und ſchrecklicher, verzwei-
feln. Ich lag, wie Faffner bei ſeinem Hort, fern von jedem
menſchlichen Zuſpruch, bei meinem Golde darbend, aber
ich hatte nicht das Herz nach ihm, ſondern ich fluchte ihm,
um deſſentwillen ich mich von allem Leben abgeſchnitten
ſah. Bei mir allein mein duͤſtres Geheimniß hegend,
fuͤrchtete ich mich vor dem letzten meiner Knechte, den ich
zugleich beneiden mußte; denn er hatte einen Schatten, er
durfte ſich ſehen laſſen in der Sonne. Ich vertrauerte
einſam in meinen Zimmern die Tag’ und Naͤchte, und
Gram zehrte an meinem Herzen.
Noch Einer haͤrmte ſich unter meinen Augen ab, mein
treuer Bendel hoͤrte nicht auf, ſich mit ſtillen Vorwuͤr-
fen zu martern, daß er das Zutrauen ſeines guͤtigen Herrn
betrogen, und Jenen nicht erkannt, nach dem er ausgeſchickt
war, und mit dem er mein trauriges Schickſal in enger
Verflechtung denken mußte. Ich aber konnte ihm keine
Schuld geben, ich erkannte in dem Ereigniß die fabelhafte
Natur des Unbekannten.
Nichts unverſucht zu laſſen, ſchickt’ ich einſt Bendel
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/41 |
Zitationshilfe: | Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/41>, abgerufen am 03.03.2025. |