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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Erste Buch/
[Spaltenumbruch] tzen/ wenn man aber grosse Spatzier-gänge
damit besetzen will/ ist genug/ daß die Wei-
te sich biß auff neun oder zehen Schuhe er-
strecke.

Es können auch die Kirschen oder Weich-
sel-stämmlein gar füglich zu dem Garten-
gehäge gebrauchet werden/ denn sie gar
dicht in einander wachsen/ allein die Gipf-
fel müssen abgestützet/ und auff solche Wei-
se das wachsen in die Höhe verwehret wer-
den/ ohne die wilden Kirsch-stämmer/ so
man zwo oder drey Klaffter weit von einan-
der mitten auß dem Hag/ umb Zierlichkeit
willen/ in die Höhe will wachsen lassen. Zu
welchem Gehäg auch Pflaumen/ Zwetsch-
gen/ Kriechen/ Haselnuß-stauden/ etc. kön-
nen gebrauchet werden.

Eigenschafft.

Die süssen Kirschen haben einen schwefel-
oder ölichten Geist in ihrem Safft verbor-
gen/ darumb sie die Eigenschafft haben/ die
Lebens-geister zu erquicken/ das Haupt und
Nerven zu stärcken: Sie müssen aber nicht
allzu häuffig geessen werden/ weilen sie leicht
in dem Leib jäsen/ und einen Durchbruch
erwecken könnten. Die sauren hingegen
temperieren und löschen/ vermittelst ihres
sauren halb-flüchtigen oder geistreichen
Saffts/ die innerlichen Hitzen/ und Jast
des Geblüts/ kühlen ab die scharffe entzün-
dende Gall/ und sind ins gemein den gal-
lichten Mägen dienlich. Die gar sauren
haben auch ein Krafft zusammen zuziehen
und zu stopffen/ sonderlich die gedörrten.

Gebrauch.

Auß den schwartzen Kirschen wird ein Spi-
ritus
oder geistreich Wasser distilliert/ wel-
ches Löffel-weiß gebrauchet/ treflich gut ist
Schlag/
Lähmung
der Glie-
der/ Gich-
ter/ Ver-
lierung der
Sprach.
wider den Schlag/ Lähmung der Glieder/
Gichter und Verlierung der Sprach/ da-
her die jenigen offt von diesem Wasser ein
Löffel-voll nehmen sollen/ welche sich vor
dem Schlag besorgen/ oder auff die Gichter
geneiget sind. Diß Wasser aber ist ein
schwefelichter brennender Geist/ und wird
also gemacht. Nembt der schwartzen süssen
Kirschen nach belieben/ stoßt sie/ und hal-
tet sie in eichenen Fäßlein/ so lang/ biß sie
jäsen/ und einen saurlichten weinigen Ge-
ruch von sich geben/ darnach destilliert sie
in zinnernen/ kupffernen/ oder gläsernen
Kolben/ so kriegt man das Wasser. Das
von den sauren Amarellen destilliertes Was-
Hitzige
Fieber/
Pest/ durst.
ser wird gebrauchet in hitzigen Fiebern und
der Pest/ denn es kühlet alle innerliche Glie-
der/ erwecket Lust zu der Speiß/ und löschet
den Durst: so es mit den Kernen destilliert
wird/ treibet es den Harn/ und reiniget die
Nieren und Blasen/ wie solches Agerius an-
zeiget.

Ein sonderliches Mittel/ so für die jeni-
Dummeli-
cher und
schwerer
Köpff.
gen gut/ welchen der Kopff dummelich und
schwer ist. Man soll nehmen 4. Pfund
schwartzer Kirschen ohne die Kernen/ welche
in einem Mörsel sollen zerstossen/ und mit
den Kirschen in einem gläsernen Geschirr
vermischt werden; darzu thue man ein Hand-
voll Balsam oder Müntz/ und auch so viel
von der obersten Spitzen am Roßmarin/
Zimmet/ Muscatnuß/ jed. 1. Loth/ darnach
[Spaltenumbruch] schütte auff dieses alles ein Maaß Spani-
schen Wein/ mache das Geschirr wohl zu/
und laß es 24. Stund lang stehen/ darnach
destilliere es im Marien-bad. Von diesem
Spiritu oder Wasser solle man Morgens und
Abends vor dem Schlaff etliche Löffel-voll
nehmen. Mit diesem Mittel ist eine vor-
nehme Fraw/ von einer grossen Haupt-Grosse
Haupt-
Schwach-
heit/ dum-
meliche
schwere des
Kopffs.

schwachheit/ und obgedachter dummelichen
Schwere des Kopffs erlediget worden/ und
haben auch viel andere die gute Würckung
dieses Wassers in der That erfahren. Jm
Anfang des Frühlings destillieren etliche die
mittlere Rinden des Kirschen-baums per de-
scensum,
mit starckem Fewr/ und bekommen
ein Wasser/ welches sehr lieblich/ oder nach
Biesem und Zibeth riechen solle/ und zu den
wohlriechenden Schmuck-wasseren gebrau-
chet werden könne.

Die Kernen der Kirschen-steinen treiben
Schleim und Sand auß den Nieren/ manSchleim/
Sand der
Nieren.

kan sie entweder dörren und zu Pulver ma-
chen/ oder frisch verstossen/ mit Pappelen-
und Burtzelen-wasser ein Milch davon ma-
chen/ und solche zu trincken geben. Das
auß diesen Kernen frisch außgepreßte Oel ist
gut in dem Lendenwehe/ äusserlich überzu-Lenden-
wehe.

schmieren/ wie auch zu den Schminck-sal-
ben/ weilen es die Unreinigkeiten des Ange-Angesichts
Unreinig-
keiten.

sichts wegnehmen solle.

Auß den Kirschbäumen wachst auch ein
Gummi/ welches ein öffnende/ erdünne-
rende und zertheilende Krafft hat. Ein halb
Quintlein davon im Wein zerrieben/ und
offt eingenommen/ löset den Schleim auffSchleim
der Bru[st]
Husten.

der Brust/ und ist gut alte Husten zu stillen.

Wenn man die schwartzen Kirschen zer-
stoßt/ und ohne Wein destilliert/ so geben
sie nicht den Spiritum oder Geist der Kirschen/
wie der auß dem gejohrenen Safft auff oben
angeregte Manier zu geben pflegt/ und Kir-
schen-brannten-wein genennet wird/ sondernAqua Ce-
rasorum
nigrorum.

nur ein kräfftiges Hertz-stärckendes Wasser/
welches nicht unbillich zu allerhand Krafft-
wasser gebrauchet/ oder auch pur zu Stär-Schwach-
heit des
Hertzens.

ckung getruncken wird.

Auß diesem Wasser wird in allhiesigen A-
potecken das gemeine Krafftwasser also zube-gemein
Krafft-
wasser.

reitet: Nimb schwartz Kirschen-Melissen-
Violen-Schlehenblüt-und Burretsch-was-
ser/ jed. andert-halb Loth. Linden-blüt-und
Zimmet-wasser/ jed. 2. Loth/ Rosen-wasser
3. Loth/ Rosen-julep 6. Loth/ vermische und
behalte es in einem sauberen Glas auff. Jst
ein Hertz-stärckend Wasser/ davon man
nach belieben Löffel-weiß nehmen kan.

Eine Latwerge von Amarellen oderAmarellen
Latwerg.

Weichseln zu machen. Nimb gemeldter
Kirschen von den Stielen abgestrupfft/ so
viel du wilt/ koche sie in einem gelöschten
erdenen Hafen/ mit wenig weissen Wein/
so lange biß sie sich von den Steinen schä-
len/ hernach treibe sie durch ein härin Sieb
mit einem höltzernen Löffel. Von diesem
durchgetriebenen Safft nimb ein Pfund
sambt einem halben Pfund gestossenen Zu-
cker/ solches koche wiederumb in einem er-
denen gelöschten Hafen auff einem gelinden
Kohl-fewer/ rühre es beständig umb/ da-
mit es nicht an dem Boden anbrenne/ so
lange biß es/ wenn es erkaltet ist/ die dicke

einer

Das Erſte Buch/
[Spaltenumbruch] tzen/ wenn man aber groſſe Spatzier-gaͤnge
damit beſetzen will/ iſt genug/ daß die Wei-
te ſich biß auff neun oder zehen Schuhe er-
ſtrecke.

Es koͤnnen auch die Kirſchen oder Weich-
ſel-ſtaͤmmlein gar fuͤglich zu dem Garten-
gehaͤge gebrauchet werden/ denn ſie gar
dicht in einander wachſen/ allein die Gipf-
fel muͤſſen abgeſtuͤtzet/ und auff ſolche Wei-
ſe das wachſen in die Hoͤhe verwehret wer-
den/ ohne die wilden Kirſch-ſtaͤmmer/ ſo
man zwo oder drey Klaffter weit von einan-
der mitten auß dem Hag/ umb Zierlichkeit
willen/ in die Hoͤhe will wachſen laſſen. Zu
welchem Gehaͤg auch Pflaumen/ Zwetſch-
gen/ Kriechen/ Haſelnuß-ſtauden/ ꝛc. koͤn-
nen gebrauchet werden.

Eigenſchafft.

Die ſuͤſſen Kirſchen haben einen ſchwefel-
oder oͤlichten Geiſt in ihrem Safft verbor-
gen/ darumb ſie die Eigenſchafft haben/ die
Lebens-geiſter zu erquicken/ das Haupt und
Nerven zu ſtaͤrcken: Sie muͤſſen aber nicht
allzu haͤuffig geeſſen werden/ weilen ſie leicht
in dem Leib jaͤſen/ und einen Durchbruch
erwecken koͤnnten. Die ſauren hingegen
temperieren und loͤſchen/ vermittelſt ihres
ſauren halb-fluͤchtigen oder geiſtreichen
Saffts/ die innerlichen Hitzen/ und Jaſt
des Gebluͤts/ kuͤhlen ab die ſcharffe entzuͤn-
dende Gall/ und ſind ins gemein den gal-
lichten Maͤgen dienlich. Die gar ſauren
haben auch ein Krafft zuſammen zuziehen
und zu ſtopffen/ ſonderlich die gedoͤrꝛten.

Gebrauch.

Auß den ſchwartzen Kirſchen wird ein Spi-
ritus
oder geiſtreich Waſſer diſtilliert/ wel-
ches Loͤffel-weiß gebrauchet/ treflich gut iſt
Schlag/
Laͤhmung
der Glie-
der/ Gich-
ter/ Ver-
lierung der
Sprach.
wider den Schlag/ Laͤhmung der Glieder/
Gichter und Verlierung der Sprach/ da-
her die jenigen offt von dieſem Waſſer ein
Loͤffel-voll nehmen ſollen/ welche ſich vor
dem Schlag beſorgen/ oder auff die Gichter
geneiget ſind. Diß Waſſer aber iſt ein
ſchwefelichter brennender Geiſt/ und wird
alſo gemacht. Nembt der ſchwartzen ſuͤſſen
Kirſchen nach belieben/ ſtoßt ſie/ und hal-
tet ſie in eichenen Faͤßlein/ ſo lang/ biß ſie
jaͤſen/ und einen ſaurlichten weinigen Ge-
ruch von ſich geben/ darnach deſtilliert ſie
in zinnernen/ kupffernen/ oder glaͤſernen
Kolben/ ſo kriegt man das Waſſer. Das
von den ſauren Amarellen deſtilliertes Waſ-
Hitzige
Fieber/
Peſt/ durſt.
ſer wird gebrauchet in hitzigen Fiebern und
der Peſt/ denn es kuͤhlet alle innerliche Glie-
der/ erwecket Luſt zu der Speiß/ und loͤſchet
den Durſt: ſo es mit den Kernen deſtilliert
wird/ treibet es den Harn/ und reiniget die
Nieren und Blaſen/ wie ſolches Agerius an-
zeiget.

Ein ſonderliches Mittel/ ſo fuͤr die jeni-
Dummeli-
cher und
ſchwerer
Koͤpff.
gen gut/ welchen der Kopff dummelich und
ſchwer iſt. Man ſoll nehmen 4. Pfund
ſchwartzer Kirſchen ohne die Kernen/ welche
in einem Moͤrſel ſollen zerſtoſſen/ und mit
den Kirſchen in einem glaͤſernen Geſchirꝛ
vermiſcht werden; darzu thue man ein Hand-
voll Balſam oder Muͤntz/ und auch ſo viel
von der oberſten Spitzen am Roßmarin/
Zimmet/ Muſcatnuß/ jed. 1. Loth/ darnach
[Spaltenumbruch] ſchuͤtte auff dieſes alles ein Maaß Spani-
ſchen Wein/ mache das Geſchirꝛ wohl zu/
und laß es 24. Stund lang ſtehen/ darnach
deſtilliere es im Marien-bad. Von dieſem
Spiritu oder Waſſer ſolle man Morgens und
Abends vor dem Schlaff etliche Loͤffel-voll
nehmen. Mit dieſem Mittel iſt eine vor-
nehme Fraw/ von einer groſſen Haupt-Groſſe
Haupt-
Schwach-
heit/ dum-
meliche
ſchwere des
Kopffs.

ſchwachheit/ und obgedachter dummelichen
Schwere des Kopffs erlediget worden/ und
haben auch viel andere die gute Wuͤrckung
dieſes Waſſers in der That erfahren. Jm
Anfang des Fruͤhlings deſtillieren etliche die
mittlere Rinden des Kirſchen-baums per de-
ſcenſum,
mit ſtarckem Fewr/ und bekom̃en
ein Waſſer/ welches ſehr lieblich/ oder nach
Bieſem und Zibeth riechen ſolle/ und zu den
wohlriechenden Schmuck-waſſeren gebrau-
chet werden koͤnne.

Die Kernen der Kirſchen-ſteinen treiben
Schleim und Sand auß den Nieren/ manSchleim/
Sand der
Nieren.

kan ſie entweder doͤrꝛen und zu Pulver ma-
chen/ oder friſch verſtoſſen/ mit Pappelen-
und Burtzelen-waſſer ein Milch davon ma-
chen/ und ſolche zu trincken geben. Das
auß dieſen Kernen friſch außgepreßte Oel iſt
gut in dem Lendenwehe/ aͤuſſerlich uͤberzu-Lenden-
wehe.

ſchmieren/ wie auch zu den Schminck-ſal-
ben/ weilen es die Unreinigkeiten des Ange-Angeſichts
Unreinig-
keiten.

ſichts wegnehmen ſolle.

Auß den Kirſchbaͤumen wachſt auch ein
Gummi/ welches ein oͤffnende/ erduͤnne-
rende und zertheilende Krafft hat. Ein halb
Quintlein davon im Wein zerꝛieben/ und
offt eingenommen/ loͤſet den Schleim auffSchleim
der Bru[ſt]
Huſten.

der Bruſt/ und iſt gut alte Huſten zu ſtillen.

Wenn man die ſchwartzen Kirſchen zer-
ſtoßt/ und ohne Wein deſtilliert/ ſo geben
ſie nicht den Spiritum oder Geiſt der Kirſchen/
wie der auß dem gejohrenen Safft auff oben
angeregte Manier zu geben pflegt/ und Kir-
ſchen-brannten-wein genennet wird/ ſondernAqua Ce-
raſorum
nigrorum.

nur ein kraͤfftiges Hertz-ſtaͤrckendes Waſſer/
welches nicht unbillich zu allerhand Krafft-
waſſer gebrauchet/ oder auch pur zu Staͤr-Schwach-
heit des
Hertzens.

ckung getruncken wird.

Auß dieſem Waſſer wird in allhieſigen A-
potecken das gemeine Krafftwaſſer alſo zube-gemein
Krafft-
waſſer.

reitet: Nimb ſchwartz Kirſchen-Meliſſen-
Violen-Schlehenbluͤt-und Burꝛetſch-waſ-
ſer/ jed. andert-halb Loth. Linden-bluͤt-und
Zimmet-waſſer/ jed. 2. Loth/ Roſen-waſſer
3. Loth/ Roſen-julep 6. Loth/ vermiſche und
behalte es in einem ſauberen Glas auff. Jſt
ein Hertz-ſtaͤrckend Waſſer/ davon man
nach belieben Loͤffel-weiß nehmen kan.

Eine Latwerge von Amarellen oderAmarellen
Latwerg.

Weichſeln zu machen. Nimb gemeldter
Kirſchen von den Stielen abgeſtrupfft/ ſo
viel du wilt/ koche ſie in einem geloͤſchten
erdenen Hafen/ mit wenig weiſſen Wein/
ſo lange biß ſie ſich von den Steinen ſchaͤ-
len/ hernach treibe ſie durch ein haͤrin Sieb
mit einem hoͤltzernen Loͤffel. Von dieſem
durchgetriebenen Safft nimb ein Pfund
ſambt einem halben Pfund geſtoſſenen Zu-
cker/ ſolches koche wiederumb in einem er-
denen geloͤſchten Hafen auff einem gelinden
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[78/0094] Das Erſte Buch/ tzen/ wenn man aber groſſe Spatzier-gaͤnge damit beſetzen will/ iſt genug/ daß die Wei- te ſich biß auff neun oder zehen Schuhe er- ſtrecke. Es koͤnnen auch die Kirſchen oder Weich- ſel-ſtaͤmmlein gar fuͤglich zu dem Garten- gehaͤge gebrauchet werden/ denn ſie gar dicht in einander wachſen/ allein die Gipf- fel muͤſſen abgeſtuͤtzet/ und auff ſolche Wei- ſe das wachſen in die Hoͤhe verwehret wer- den/ ohne die wilden Kirſch-ſtaͤmmer/ ſo man zwo oder drey Klaffter weit von einan- der mitten auß dem Hag/ umb Zierlichkeit willen/ in die Hoͤhe will wachſen laſſen. Zu welchem Gehaͤg auch Pflaumen/ Zwetſch- gen/ Kriechen/ Haſelnuß-ſtauden/ ꝛc. koͤn- nen gebrauchet werden. Eigenſchafft. Die ſuͤſſen Kirſchen haben einen ſchwefel- oder oͤlichten Geiſt in ihrem Safft verbor- gen/ darumb ſie die Eigenſchafft haben/ die Lebens-geiſter zu erquicken/ das Haupt und Nerven zu ſtaͤrcken: Sie muͤſſen aber nicht allzu haͤuffig geeſſen werden/ weilen ſie leicht in dem Leib jaͤſen/ und einen Durchbruch erwecken koͤnnten. Die ſauren hingegen temperieren und loͤſchen/ vermittelſt ihres ſauren halb-fluͤchtigen oder geiſtreichen Saffts/ die innerlichen Hitzen/ und Jaſt des Gebluͤts/ kuͤhlen ab die ſcharffe entzuͤn- dende Gall/ und ſind ins gemein den gal- lichten Maͤgen dienlich. Die gar ſauren haben auch ein Krafft zuſammen zuziehen und zu ſtopffen/ ſonderlich die gedoͤrꝛten. Gebrauch. Auß den ſchwartzen Kirſchen wird ein Spi- ritus oder geiſtreich Waſſer diſtilliert/ wel- ches Loͤffel-weiß gebrauchet/ treflich gut iſt wider den Schlag/ Laͤhmung der Glieder/ Gichter und Verlierung der Sprach/ da- her die jenigen offt von dieſem Waſſer ein Loͤffel-voll nehmen ſollen/ welche ſich vor dem Schlag beſorgen/ oder auff die Gichter geneiget ſind. Diß Waſſer aber iſt ein ſchwefelichter brennender Geiſt/ und wird alſo gemacht. Nembt der ſchwartzen ſuͤſſen Kirſchen nach belieben/ ſtoßt ſie/ und hal- tet ſie in eichenen Faͤßlein/ ſo lang/ biß ſie jaͤſen/ und einen ſaurlichten weinigen Ge- ruch von ſich geben/ darnach deſtilliert ſie in zinnernen/ kupffernen/ oder glaͤſernen Kolben/ ſo kriegt man das Waſſer. Das von den ſauren Amarellen deſtilliertes Waſ- ſer wird gebrauchet in hitzigen Fiebern und der Peſt/ denn es kuͤhlet alle innerliche Glie- der/ erwecket Luſt zu der Speiß/ und loͤſchet den Durſt: ſo es mit den Kernen deſtilliert wird/ treibet es den Harn/ und reiniget die Nieren und Blaſen/ wie ſolches Agerius an- zeiget. Schlag/ Laͤhmung der Glie- der/ Gich- ter/ Ver- lierung der Sprach. Hitzige Fieber/ Peſt/ durſt. Ein ſonderliches Mittel/ ſo fuͤr die jeni- gen gut/ welchen der Kopff dummelich und ſchwer iſt. Man ſoll nehmen 4. Pfund ſchwartzer Kirſchen ohne die Kernen/ welche in einem Moͤrſel ſollen zerſtoſſen/ und mit den Kirſchen in einem glaͤſernen Geſchirꝛ vermiſcht werden; darzu thue man ein Hand- voll Balſam oder Muͤntz/ und auch ſo viel von der oberſten Spitzen am Roßmarin/ Zimmet/ Muſcatnuß/ jed. 1. Loth/ darnach ſchuͤtte auff dieſes alles ein Maaß Spani- ſchen Wein/ mache das Geſchirꝛ wohl zu/ und laß es 24. Stund lang ſtehen/ darnach deſtilliere es im Marien-bad. Von dieſem Spiritu oder Waſſer ſolle man Morgens und Abends vor dem Schlaff etliche Loͤffel-voll nehmen. Mit dieſem Mittel iſt eine vor- nehme Fraw/ von einer groſſen Haupt- ſchwachheit/ und obgedachter dummelichen Schwere des Kopffs erlediget worden/ und haben auch viel andere die gute Wuͤrckung dieſes Waſſers in der That erfahren. Jm Anfang des Fruͤhlings deſtillieren etliche die mittlere Rinden des Kirſchen-baums per de- ſcenſum, mit ſtarckem Fewr/ und bekom̃en ein Waſſer/ welches ſehr lieblich/ oder nach Bieſem und Zibeth riechen ſolle/ und zu den wohlriechenden Schmuck-waſſeren gebrau- chet werden koͤnne. Dummeli- cher und ſchwerer Koͤpff. Groſſe Haupt- Schwach- heit/ dum- meliche ſchwere des Kopffs. Die Kernen der Kirſchen-ſteinen treiben Schleim und Sand auß den Nieren/ man kan ſie entweder doͤrꝛen und zu Pulver ma- chen/ oder friſch verſtoſſen/ mit Pappelen- und Burtzelen-waſſer ein Milch davon ma- chen/ und ſolche zu trincken geben. Das auß dieſen Kernen friſch außgepreßte Oel iſt gut in dem Lendenwehe/ aͤuſſerlich uͤberzu- ſchmieren/ wie auch zu den Schminck-ſal- ben/ weilen es die Unreinigkeiten des Ange- ſichts wegnehmen ſolle. Schleim/ Sand der Nieren. Lenden- wehe. Angeſichts Unreinig- keiten. Auß den Kirſchbaͤumen wachſt auch ein Gummi/ welches ein oͤffnende/ erduͤnne- rende und zertheilende Krafft hat. Ein halb Quintlein davon im Wein zerꝛieben/ und offt eingenommen/ loͤſet den Schleim auff der Bruſt/ und iſt gut alte Huſten zu ſtillen. Schleim der Bruſt Huſten. Wenn man die ſchwartzen Kirſchen zer- ſtoßt/ und ohne Wein deſtilliert/ ſo geben ſie nicht den Spiritum oder Geiſt der Kirſchen/ wie der auß dem gejohrenen Safft auff oben angeregte Manier zu geben pflegt/ und Kir- ſchen-brannten-wein genennet wird/ ſondern nur ein kraͤfftiges Hertz-ſtaͤrckendes Waſſer/ welches nicht unbillich zu allerhand Krafft- waſſer gebrauchet/ oder auch pur zu Staͤr- ckung getruncken wird. Aqua Ce- raſorum nigrorum. Schwach- heit des Hertzens. Auß dieſem Waſſer wird in allhieſigen A- potecken das gemeine Krafftwaſſer alſo zube- reitet: Nimb ſchwartz Kirſchen-Meliſſen- Violen-Schlehenbluͤt-und Burꝛetſch-waſ- ſer/ jed. andert-halb Loth. Linden-bluͤt-und Zimmet-waſſer/ jed. 2. Loth/ Roſen-waſſer 3. Loth/ Roſen-julep 6. Loth/ vermiſche und behalte es in einem ſauberen Glas auff. Jſt ein Hertz-ſtaͤrckend Waſſer/ davon man nach belieben Loͤffel-weiß nehmen kan. gemein Krafft- waſſer. Eine Latwerge von Amarellen oder Weichſeln zu machen. Nimb gemeldter Kirſchen von den Stielen abgeſtrupfft/ ſo viel du wilt/ koche ſie in einem geloͤſchten erdenen Hafen/ mit wenig weiſſen Wein/ ſo lange biß ſie ſich von den Steinen ſchaͤ- len/ hernach treibe ſie durch ein haͤrin Sieb mit einem hoͤltzernen Loͤffel. Von dieſem durchgetriebenen Safft nimb ein Pfund ſambt einem halben Pfund geſtoſſenen Zu- cker/ ſolches koche wiederumb in einem er- denen geloͤſchten Hafen auff einem gelinden Kohl-fewer/ ruͤhre es beſtaͤndig umb/ da- mit es nicht an dem Boden anbrenne/ ſo lange biß es/ wenn es erkaltet iſt/ die dicke einer Amarellen Latwerg.

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/94>, abgerufen am 21.11.2024.