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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch] vulgatior foliis Urticae major & asperior, C. B.
Campanula major & asperior foliis Urticae,
J. B.
Hat einen viereckichten hohen/ rauchen
und rothen stengel. Die blätter sind rauch/
schwartz-grün/ hinden breit/ vornen zuge-
spitzt/ und rings umbher gekerfft/ wie die
Nessel-blätter. Seine Blumen erscheinen
gemeiniglich wie blaue und bißweilen pur-
purfarbe oder weisse inwendig haarige
Glöcklein/ stehen oben am Gipffel eine nach
der anderen/ haben einen dreyköpffichten
weissen/ auffrechten/ mit fünff gelblichten fä-
serlein umbgebenen stiel in sich; denen run-
de/ verschlossene/ und mit einem sehr kleinen
gr[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ufarben Samen außgefüllte knöpfflein
nachfolgen. Die Wurtzel ist weiß/ in einan-
der geflochten/ lebhafft/ frisch/ und hat ei-
nen süßlicht lieblichen Rapuntzel-geschmack.

[Abbildung] Felsen-rapuntzel mit Lungenkraut-
blätteren.|

Rapunculus Brixianus Greg. de Reggio.

7. Die Berg-glockenblum/ oder Fel-
sen-Rapuntzel/ mit Lungkraut-blätteren/
Trachelium Saxatile foliis Pulmonariae Gallo-
rum, C. B. Saxatile spicatum, Park. Pyrami-
dalis, Clus. Cur. Post. Rapunculus Brixianus
montanus Gregor de Reggio. R. P. Gregorius
de Reggio Capucinus,
ein berühmter Botani-
cus
seiner zeit/ hat dieses Gewächs von Pla-
centz auß Jtalien Herren Carolo Clusio zu-
geschickt/ und also beschrieben. Es bekomt
ein weißlichte und viel Jahr währhaffte
Wurtzel/ denn ich mich wol erinnere/ daß
ich etliche der dickesten Wurtzeln außgegra-
ben/ so wegen ihrer älte auff den Felsen/ all-
da sie herfür gewachsen/ knöpff oder knor-
[Spaltenumbruch] ren wie die Rosen-wurtz überkommen haben.
Auß der Wurtzel schiessen bißweilen viel
länglichte/ runde und ungleiche Stengel her-
für/ die sind spannen-lang/ ja nach gelegen-
heit deß orts und ihres alters länger oder
kürtzer/ und mit einer zarten weissen wollen
bedeckt/ sie vergehen alle Jahr und wachsen
in nachfolgendem widerum neu und frisch:
An ihrem Gipffel sind sie mit schönen him-
melblauen Blumen als ein gefülltes Aehre/
wie in dem kleinen Halß-kraut/ gezieret: auff
welche die mit kleinstem/ länglicht-rundem/
an der farb schwartz-braunem Samen ange-
füllte hulßlein folgen. Die Stengel werden
hin und wieder von den blätteren umbgeben/
welche dem Frantzösischen Lungenkraut oder
Buchköhl-blätteren (so ein Geschlecht des
Habichskrauts ist) an der grösse und den
kerffen genugsam ähnlich/ das gantze
Kraut gibt ein milchsafft von sich/ und
hat ein Geruch wie der Hasen-köhl/ am ge-
schmack ist es süß/ insonderheit die Wurtzel/
schier wie die gemeine Rapuntzel/ also daß es
umb dieser ursach billich Felsen-rapuntzel
mit den blatteren der Gembsen-wurtz; oder
Berg-rapuntzel mit den Buchköhl-blätte-
ren/ und Halskraut-blumen kan genennet
werden. Wächßt in den rauhen und felsich-
ten Brixianischen bergen/ bey dem eingang
der Klüfften/ zwischen den härtesten steinen/
also daß die Wurtzeln nicht ohne grosse
mühe außgegraben werden. Vorgemelter
Pater hat solches offtermal mit einem dien-
lichen eysenen Werckzeug versucht/ und sie
endlich mit saurer arbeit herauß gebracht.
Dieses ist ferners an diesem Kraut denck-
würdig/ daß es nirgend als in den hölich-
ten orten/ allda sonsten keine Kräuter wach-
sen/ herfür komt/ und was noch mehr
zu verwunderen ist/ hat man öffters nicht
warnehmen können/ wie dieses Kraut sei-
nen nahrsafft an sich ziehe/ oder den him-
mels-tau empfange/ denn umb dasselbige
kein grund zu sehen ist.

8. Die grösseste Glockenblume/ mit brei-
testen blätteren/ Campanula maxima foliis
latissimis, C. B. pulchra a Tossano Carolo mis-
sa, J. B. Trachelium candidum Anglicum ma-
jus foliis fere Digitalis vel Campanulae, Ejusd.
Trachelium majus Belgarum, Park. Lob. Clus.

Hat eine sehr faselichte weisse/ milchfliessen-
de/ süsse/ nicht tieff in die Erden grabende
Wurtzel; auß welcher viel/ zwey biß drey
elen hohe/ hohle/ kleinen fingers dicke/ ge-
striemte/ wenig haarige Stengel auffstei-
gen. Jhre den Stengel wechselweiß und
ordenlich umbgebende blätter sind haarig/
qwer-hand lang/ und länger/ auch breit/ an
dem umbkreiß zerkerfft; neben jedem Blatt
aber wächßt von kurtzem stiel/ ein purpur-
farbige/ oder weiß-blaulichte außwendig
kale/ inwendig haarige Blume herfür: nach
deren verwelckung ein grosses köpflein/ wie
Mespeln/ nidsich hangend erscheinet.
Wächßt in dem Nordischen theil Engel-
lands/ man pflegt es auch in die Gärten zur
zier zu pflantzen.

9. Das grössere Hals-kraut mit weisser
grosser Glockenblume/ Trachelium sive Cer-
vicaria major laevior, flore albo magno, J. B.

Hat glatte/ bey nahem gantz kale/ und nicht

tieff

Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch] vulgatior foliis Urticæ major & aſperior, C. B.
Campanula major & aſperior foliis Urticæ,
J. B.
Hat einen viereckichten hohen/ rauchen
und rothen ſtengel. Die blaͤtter ſind rauch/
ſchwartz-gruͤn/ hinden breit/ vornen zuge-
ſpitzt/ und rings umbher gekerfft/ wie die
Neſſel-blaͤtter. Seine Blumen erſcheinen
gemeiniglich wie blaue und bißweilen pur-
purfarbe oder weiſſe inwendig haarige
Gloͤcklein/ ſtehen oben am Gipffel eine nach
der anderen/ haben einen dreykoͤpffichten
weiſſen/ auffrechten/ mit fuͤnff gelblichten faͤ-
ſerlein umbgebenen ſtiel in ſich; denen run-
de/ verſchloſſene/ und mit einem ſehr kleinen
gr[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ufarben Samen außgefuͤllte knoͤpfflein
nachfolgen. Die Wurtzel iſt weiß/ in einan-
der geflochten/ lebhafft/ friſch/ und hat ei-
nen ſuͤßlicht lieblichen Rapuntzel-geſchmack.

[Abbildung] Felſen-rapuntzel mit Lungenkraut-
blaͤtteren.|

Rapunculus Brixianus Greg. de Reggio.

7. Die Berg-glockenblum/ oder Fel-
ſen-Rapuntzel/ mit Lungkraut-blaͤtteren/
Trachelium Saxatile foliis Pulmonariæ Gallo-
rum, C. B. Saxatile ſpicatum, Park. Pyrami-
dalis, Clus. Cur. Poſt. Rapunculus Brixianus
montanus Gregor de Reggio. R. P. Gregorius
de Reggio Capucinus,
ein beruͤhmter Botani-
cus
ſeiner zeit/ hat dieſes Gewaͤchs von Pla-
centz auß Jtalien Herꝛen Carolo Cluſio zu-
geſchickt/ und alſo beſchrieben. Es bekomt
ein weißlichte und viel Jahr waͤhrhaffte
Wurtzel/ denn ich mich wol erinnere/ daß
ich etliche der dickeſten Wurtzeln außgegra-
ben/ ſo wegen ihrer aͤlte auff den Felſen/ all-
da ſie herfuͤr gewachſen/ knoͤpff oder knor-
[Spaltenumbruch] ren wie die Roſen-wurtz uͤberkommen haben.
Auß der Wurtzel ſchieſſen bißweilen viel
laͤnglichte/ runde und ungleiche Stengel her-
fuͤr/ die ſind ſpannen-lang/ ja nach gelegen-
heit deß orts und ihres alters laͤnger oder
kuͤrtzer/ und mit einer zarten weiſſen wollen
bedeckt/ ſie vergehen alle Jahr und wachſen
in nachfolgendem widerum neu und friſch:
An ihrem Gipffel ſind ſie mit ſchoͤnen him-
melblauen Blumen als ein gefuͤlltes Aehre/
wie in dem kleinen Halß-kraut/ gezieret: auff
welche die mit kleinſtem/ laͤnglicht-rundem/
an der farb ſchwartz-braunem Samen ange-
fuͤllte hůlßlein folgen. Die Stengel werden
hin und wieder von den blaͤtteren umbgeben/
welche dem Frantzoͤſiſchen Lungenkraut oder
Buchkoͤhl-blaͤtteren (ſo ein Geſchlecht des
Habichskrauts iſt) an der groͤſſe und den
kerffen genugſam aͤhnlich/ das gantze
Kraut gibt ein milchſafft von ſich/ und
hat ein Geruch wie der Haſen-koͤhl/ am ge-
ſchmack iſt es ſuͤß/ inſonderheit die Wurtzel/
ſchier wie die gemeine Rapuntzel/ alſo daß es
umb dieſer urſach billich Felſen-rapuntzel
mit den blåtteren der Gembſen-wurtz; oder
Berg-rapuntzel mit den Buchkoͤhl-blaͤtte-
ren/ und Halskraut-blumen kan genennet
werden. Waͤchßt in den rauhen und felſich-
ten Brixianiſchen bergen/ bey dem eingang
der Kluͤfften/ zwiſchen den haͤrteſten ſteinen/
alſo daß die Wurtzeln nicht ohne groſſe
muͤhe außgegraben werden. Vorgemelter
Pater hat ſolches offtermal mit einem dien-
lichen eyſenen Werckzeug verſucht/ und ſie
endlich mit ſaurer arbeit herauß gebracht.
Dieſes iſt ferners an dieſem Kraut denck-
wuͤrdig/ daß es nirgend als in den hoͤlich-
ten orten/ allda ſonſten keine Kraͤuter wach-
ſen/ herfuͤr komt/ und was noch mehr
zu verwunderen iſt/ hat man oͤffters nicht
warnehmen koͤnnen/ wie dieſes Kraut ſei-
nen nahrſafft an ſich ziehe/ oder den him-
mels-tau empfange/ denn umb daſſelbige
kein grund zu ſehen iſt.

8. Die groͤſſeſte Glockenblume/ mit brei-
teſten blaͤtteren/ Campanula maxima foliis
latiſſimis, C. B. pulchra à Toſſano Carolo miſ-
ſa, J. B. Trachelium candidum Anglicum ma-
jus foliis ferè Digitalis vel Campanulæ, Ejuſd.
Trachelium majus Belgarum, Park. Lob. Cluſ.

Hat eine ſehr faſelichte weiſſe/ milchflieſſen-
de/ ſuͤſſe/ nicht tieff in die Erden grabende
Wurtzel; auß welcher viel/ zwey biß drey
elen hohe/ hohle/ kleinen fingers dicke/ ge-
ſtriemte/ wenig haarige Stengel auffſtei-
gen. Jhre den Stengel wechſelweiß und
ordenlich umbgebende blaͤtter ſind haarig/
qwer-hand lang/ und laͤnger/ auch breit/ an
dem umbkreiß zerkerfft; neben jedem Blatt
aber waͤchßt von kurtzem ſtiel/ ein purpur-
farbige/ oder weiß-blaulichte außwendig
kale/ inwendig haarige Blume herfuͤr: nach
deren verwelckung ein groſſes koͤpflein/ wie
Meſpeln/ nidſich hangend erſcheinet.
Waͤchßt in dem Nordiſchen theil Engel-
lands/ man pflegt es auch in die Gaͤrten zur
zier zu pflantzen.

9. Das groͤſſere Hals-kraut mit weiſſer
groſſer Glockenblume/ Trachelium ſive Cer-
vicaria major lævior, flore albo magno, J. B.

Hat glatte/ bey nahem gantz kale/ und nicht

tieff
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[392/0408] Das Andere Buch/ vulgatior foliis Urticæ major & aſperior, C. B. Campanula major & aſperior foliis Urticæ, J. B. Hat einen viereckichten hohen/ rauchen und rothen ſtengel. Die blaͤtter ſind rauch/ ſchwartz-gruͤn/ hinden breit/ vornen zuge- ſpitzt/ und rings umbher gekerfft/ wie die Neſſel-blaͤtter. Seine Blumen erſcheinen gemeiniglich wie blaue und bißweilen pur- purfarbe oder weiſſe inwendig haarige Gloͤcklein/ ſtehen oben am Gipffel eine nach der anderen/ haben einen dreykoͤpffichten weiſſen/ auffrechten/ mit fuͤnff gelblichten faͤ- ſerlein umbgebenen ſtiel in ſich; denen run- de/ verſchloſſene/ und mit einem ſehr kleinen gr_ufarben Samen außgefuͤllte knoͤpfflein nachfolgen. Die Wurtzel iſt weiß/ in einan- der geflochten/ lebhafft/ friſch/ und hat ei- nen ſuͤßlicht lieblichen Rapuntzel-geſchmack. [Abbildung Felſen-rapuntzel mit Lungenkraut- blaͤtteren.| Rapunculus Brixianus Greg. de Reggio. ] 7. Die Berg-glockenblum/ oder Fel- ſen-Rapuntzel/ mit Lungkraut-blaͤtteren/ Trachelium Saxatile foliis Pulmonariæ Gallo- rum, C. B. Saxatile ſpicatum, Park. Pyrami- dalis, Clus. Cur. Poſt. Rapunculus Brixianus montanus Gregor de Reggio. R. P. Gregorius de Reggio Capucinus, ein beruͤhmter Botani- cus ſeiner zeit/ hat dieſes Gewaͤchs von Pla- centz auß Jtalien Herꝛen Carolo Cluſio zu- geſchickt/ und alſo beſchrieben. Es bekomt ein weißlichte und viel Jahr waͤhrhaffte Wurtzel/ denn ich mich wol erinnere/ daß ich etliche der dickeſten Wurtzeln außgegra- ben/ ſo wegen ihrer aͤlte auff den Felſen/ all- da ſie herfuͤr gewachſen/ knoͤpff oder knor- ren wie die Roſen-wurtz uͤberkommen haben. Auß der Wurtzel ſchieſſen bißweilen viel laͤnglichte/ runde und ungleiche Stengel her- fuͤr/ die ſind ſpannen-lang/ ja nach gelegen- heit deß orts und ihres alters laͤnger oder kuͤrtzer/ und mit einer zarten weiſſen wollen bedeckt/ ſie vergehen alle Jahr und wachſen in nachfolgendem widerum neu und friſch: An ihrem Gipffel ſind ſie mit ſchoͤnen him- melblauen Blumen als ein gefuͤlltes Aehre/ wie in dem kleinen Halß-kraut/ gezieret: auff welche die mit kleinſtem/ laͤnglicht-rundem/ an der farb ſchwartz-braunem Samen ange- fuͤllte hůlßlein folgen. Die Stengel werden hin und wieder von den blaͤtteren umbgeben/ welche dem Frantzoͤſiſchen Lungenkraut oder Buchkoͤhl-blaͤtteren (ſo ein Geſchlecht des Habichskrauts iſt) an der groͤſſe und den kerffen genugſam aͤhnlich/ das gantze Kraut gibt ein milchſafft von ſich/ und hat ein Geruch wie der Haſen-koͤhl/ am ge- ſchmack iſt es ſuͤß/ inſonderheit die Wurtzel/ ſchier wie die gemeine Rapuntzel/ alſo daß es umb dieſer urſach billich Felſen-rapuntzel mit den blåtteren der Gembſen-wurtz; oder Berg-rapuntzel mit den Buchkoͤhl-blaͤtte- ren/ und Halskraut-blumen kan genennet werden. Waͤchßt in den rauhen und felſich- ten Brixianiſchen bergen/ bey dem eingang der Kluͤfften/ zwiſchen den haͤrteſten ſteinen/ alſo daß die Wurtzeln nicht ohne groſſe muͤhe außgegraben werden. Vorgemelter Pater hat ſolches offtermal mit einem dien- lichen eyſenen Werckzeug verſucht/ und ſie endlich mit ſaurer arbeit herauß gebracht. Dieſes iſt ferners an dieſem Kraut denck- wuͤrdig/ daß es nirgend als in den hoͤlich- ten orten/ allda ſonſten keine Kraͤuter wach- ſen/ herfuͤr komt/ und was noch mehr zu verwunderen iſt/ hat man oͤffters nicht warnehmen koͤnnen/ wie dieſes Kraut ſei- nen nahrſafft an ſich ziehe/ oder den him- mels-tau empfange/ denn umb daſſelbige kein grund zu ſehen iſt. 8. Die groͤſſeſte Glockenblume/ mit brei- teſten blaͤtteren/ Campanula maxima foliis latiſſimis, C. B. pulchra à Toſſano Carolo miſ- ſa, J. B. Trachelium candidum Anglicum ma- jus foliis ferè Digitalis vel Campanulæ, Ejuſd. Trachelium majus Belgarum, Park. Lob. Cluſ. Hat eine ſehr faſelichte weiſſe/ milchflieſſen- de/ ſuͤſſe/ nicht tieff in die Erden grabende Wurtzel; auß welcher viel/ zwey biß drey elen hohe/ hohle/ kleinen fingers dicke/ ge- ſtriemte/ wenig haarige Stengel auffſtei- gen. Jhre den Stengel wechſelweiß und ordenlich umbgebende blaͤtter ſind haarig/ qwer-hand lang/ und laͤnger/ auch breit/ an dem umbkreiß zerkerfft; neben jedem Blatt aber waͤchßt von kurtzem ſtiel/ ein purpur- farbige/ oder weiß-blaulichte außwendig kale/ inwendig haarige Blume herfuͤr: nach deren verwelckung ein groſſes koͤpflein/ wie Meſpeln/ nidſich hangend erſcheinet. Waͤchßt in dem Nordiſchen theil Engel- lands/ man pflegt es auch in die Gaͤrten zur zier zu pflantzen. 9. Das groͤſſere Hals-kraut mit weiſſer groſſer Glockenblume/ Trachelium ſive Cer- vicaria major lævior, flore albo magno, J. B. Hat glatte/ bey nahem gantz kale/ und nicht tieff

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/408>, abgerufen am 28.06.2024.