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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Baum- und Staud-Gewächsen.
[Spaltenumbruch]
Geschlecht und Gestalt.

Der Balsambaum hat etliche Geschlecht/
deren

I. Jst der wahre Balsambaum/ Balsa-
mum verum, I. B. Balsamum Syriacum rutae
folio, C. B. Balsamum genuinum antiquorum,
Park. Balsamum orientale.
Dieses ist ein klei-
nes Bäumlein/ mit wenig blättern/ so de-
nen an der Rauten oder Mastixbaum gleich/
und immerdar grünen. Sein holtz ist gum-
moß/ oder hartzicht/ außwendig röthlicht/
mit langen/ geraden/ dünnen/ gummosischen/
wolriechenden ästlein/ welche den fingeren/
mit denen man sie anrühret/ starck anklehen.
Trägt weisse/ kleine/ wolriechende blüm-
lein/ denen auch ein gelber/ in schwartz-ro-
then hülsen eingeschlossener/ wolriechender
Samen nachfolgt/ darinnen ein Honig-di-
cker/ gelber/ bitter- und scharfflichter/ nach
dem Opobalsamo riechender safft enthalten;
in dem übrigen der figur und grösse nach
der Frucht deß Terbenthin-baums gleich.
Wächst von sich selbsten in Reich Arabien/
von dannen es in Aegypten gebracht/ und
heut zu tag alda gepflantzet wird.

Die verschiedenen theil dieses Gewächses
geben auch verschiedene Balsam/ wie denn
auß dem safft der Safftbalsam/ Opobalsa-
mum;
Auß den ästen/ der Xylobalsamum,
und auß der Frucht Carpobalsamum in den
Orientalischen Ländern bereitet wird.

Aegyptischer oder Syrischer Balsam/
Balsamum Syriacum, AEgyptiacum, Opo-
balsamum, Balsamelaeum, Balsamum de
Mecha.
Jst der auß den eingeschnittenen zwei-
gen deß Balsam-baums in dem Brach-
Hew-und Augstmonat außtrieffende safft/
man muß aber in dem Schnitt die Rinde
nicht gantz durchschneiden/ damit nicht der
safft inwendig zwischen das Holtz und Rin-
den trieffe. Er fließt auch auß den zerschnit-
tenen schößlein/ oder von sich selbsten auß
den auffgesprungenen rissen der Rinde. Di-
ser Balsamische trübe Safft ist erstens an
farb weiß/ hernach wird er grün/ drittens
goldgelb/ und endlich nach langer zeit tru-
cknet er mehr ein/ und wird dem Honig an
der farb und dicke gleich/ hat auch einen sehr
starcken Geruch/ wie Terbenthin/ beneben
einen bitteren/ scharffen zusammenziehenden
Geschmack. Wenn man jhn in das warme
wasser wirfft/ so bleibt er wegen seiner leich-
tigkeit empor/ und zerlasset sich in dem obe-
ren theil desselben geschwind/ daß man jhne
von dem wasser nicht ohne grosse mühe
scheiden kan. Jn dem erkalteten wasser aber
laufft-und ziehet er sich nach und nach wi-
der zusammen/ daß man jhne mit einem
pinsel oder rüthlein wol herauß ziehen mag/
da er denn gantz Milchweiß ist. Gießt man
von diesem Safft in die Milch/ so scheidet
sie sich. Auf wollen Tuch geschüttet/ macht
er keinen flecken/ wordurch er denn von dem
Oleo Zacconis Pruni Hierichuntici, und Oleo
ex Mauritania
underscheiden wird. Je älter
dieser Safft ist/ je mehr verliert er von sei-
ner Tugend/ und von seinem Geruch; und
wird so dick und klebicht wie Terbenthin.
Ob ein solcher Balsam warhafft in Europa
heut anzutreffen/ zweiflen jhro viel/ wenig-
[Spaltenumbruch] stens kommt er nicht unverfälscht in die Eu-
ropaei
schen Länder/ zumahlen er nicht all-
zuhäuffig in Orient zu bekommen/ und des-
sentwegen bey selbigen Völckeren in sol-
chem werth gehalten wird/ daß der Hertzog
in Reich Arabien under anderen Geschen-
cken Jährlich drey biß 4. pfund dieses Bal-
sams dem Türckischen Käyser übersendet.

Xylobalsamum, oder Balsamholtz/ nen-
net man die abgeschnittenen fingers-dicken/
mit doppelter rinde bekleideten schoß und zweig
deß Balsam-baums/ darinnen annoch ein
Balsamischer safft und krafft sich findet.
Solche krafft aber verlieret sich nach und
nach/ in dem aller darinn enthaltene safft
aufftrucknet. Dahero auch dieser Holtz-bal-
sam/ wenn er in frembde Länder geführet
wird/ allen geruch/ safft und krafft bey na-
hem verlieret/ und wenig nutz ist.

Carpobalsamum, oder Balsamfrucht/ ist
die getrucknete Frucht und Samen deß
Balsam-baums/ welche weilen sie eben-
mässig safft und krafft/ geschmack und ge-
ruch verlieret/ in unseren Länderen nicht viel
gefunden/ viel weniger gebraucht wird.

Eigenschafft.

Jn dem Safftbalsam findet sich ein recht
gelindes Balsamisches öl/ neben vielem
flüchtigen temperierten saltz: dannenher die
Eigenschafft erwachst zu erdünneren/ zu
vertheilen/ zu reinigen/ zu heilen/ zu eröff-
nen/ schmertzen zu stillen/ zu erwärmen/
und den Magen zu stärcken.

Gebrauch.

Es wird dieser Balsam für ein Wunder-Wunden.
Artzney gehalten/ in allen Wunden zu hei-
len/ auch in den Wunden der Sehn-adern
und Gebeinen. Man kan jhne entweder al-
lein/ oder mit dem gelben von Eyern ver-
mischt/ auff schleissen gemacht in die Wun-
den legen; da er denn nicht nur die geringen
geschwind heilet/ sondern auch die harteren
Wunden zur heilung befürderet/ allen zu-
fluß verhütet/ auch die in die Wunden flies-
sende säffte vor der schädlichen etzenden
scharffen säwre behütet/ und in dem übrigenFaule/
umb sich
fressende/
Fistulosi-
sche Ge-
schwär.

alle in den Wunden sich ereigende säwre ver-
süsset. Daher er auch die faulen umb sich
fressenden/ fistulosischen Geschwär säube-
ret/ reiniget/ und jhre heilung beschleuniget.

Welche von gifftigen und zornigen Thie-
ren gebissen worden/ können von disem Bal-Gifftige
Thierbiß.

sam inwendig etliche tag nach einander ein
halb quintlein in brühen einnehmen/ auß-
wendig aber denselben über die Wunden
allezeit binden.

Jn den langwürigen von kaltem schleimKalte Fie-
ber/ Husten/
hauptflüß/

herrührenden Fieberen/ wie auch in Husten/
in verstopffung der Monatlichen reinigung
der Weibern/ in Hauptflüssen/ ist dieser
Balsam auch köstlich/ so man täglich 20. biß
40. gran davon einnimmet.

Dieser Balsam mit ein wenig Baum-Ohren-
wehe.

wollen in die Ohren gethan/ stillt den schmer-Sausen
und Klin-
gen der
Ohren.

tzen deroselben/ und vertheilet die Flüß/ da-
von das Ohrenklingen/ sausen und brausen/
ja das schwache Gehör selbsten herrühret.

Wenn man jhn über die Lenden schmie-Nieren-
schmertz/
Mutter-
wehe.

ret/ so stillet er das Nieren-und Mutter-
wehe; salbet man den Nabel/ Bauch und

Ma-
N n 3
Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen.
[Spaltenumbruch]
Geſchlecht und Geſtalt.

Der Balſambaum hat etliche Geſchlecht/
deren

I. Jſt der wahre Balſambaum/ Balſa-
mum verum, I. B. Balſamum Syriacum rutæ
folio, C. B. Balſamum genuinum antiquorum,
Park. Balſamum orientale.
Dieſes iſt ein klei-
nes Baͤumlein/ mit wenig blaͤttern/ ſo de-
nen an der Rauten oder Maſtixbaum gleich/
und immerdar gruͤnen. Sein holtz iſt gum-
moß/ oder hartzicht/ außwendig roͤthlicht/
mit langen/ geraden/ duͤnnen/ gum̃oſiſchen/
wolriechenden aͤſtlein/ welche den fingeren/
mit denen man ſie anruͤhret/ ſtarck anklehen.
Traͤgt weiſſe/ kleine/ wolriechende bluͤm-
lein/ denen auch ein gelber/ in ſchwartz-ro-
then huͤlſen eingeſchloſſener/ wolriechender
Samen nachfolgt/ darinnen ein Honig-di-
cker/ gelber/ bitter- und ſcharfflichter/ nach
dem Opobalſamo riechender ſafft enthalten;
in dem uͤbrigen der figur und groͤſſe nach
der Frucht deß Terbenthin-baums gleich.
Waͤchſt von ſich ſelbſten in Reich Arabien/
von dannen es in Aegypten gebracht/ und
heut zu tag alda gepflantzet wird.

Die verſchiedenen theil dieſes Gewaͤchſes
geben auch verſchiedene Balſam/ wie denn
auß dem ſafft der Safftbalſam/ Opobalſa-
mum;
Auß den aͤſten/ der Xylobalſamum,
und auß der Frucht Carpobalſamum in den
Orientaliſchen Laͤndern bereitet wird.

Aegyptiſcher oder Syriſcher Balſam/
Balſamum Syriacum, Ægyptiacum, Opo-
balſamum, Balſamelæum, Balſamum de
Mecha.
Jſt der auß den eingeſchnittenẽ zwei-
gen deß Balſam-baums in dem Brach-
Hew-und Augſtmonat außtrieffende ſafft/
man muß aber in dem Schnitt die Rinde
nicht gantz durchſchneiden/ damit nicht der
ſafft inwendig zwiſchen das Holtz und Rin-
den trieffe. Er fließt auch auß den zerſchnit-
tenen ſchoͤßlein/ oder von ſich ſelbſten auß
den auffgeſprungenen riſſen der Rinde. Di-
ſer Balſamiſche truͤbe Safft iſt erſtens an
farb weiß/ hernach wird er gruͤn/ drittens
goldgelb/ und endlich nach langer zeit tru-
cknet er mehr ein/ und wird dem Honig an
der farb und dicke gleich/ hat auch einen ſehr
ſtarcken Geruch/ wie Terbenthin/ beneben
einen bitteren/ ſcharffen zuſammenziehenden
Geſchmack. Wenn man jhn in das warme
waſſer wirfft/ ſo bleibt er wegen ſeiner leich-
tigkeit empor/ und zerlaſſet ſich in dem obe-
ren theil deſſelben geſchwind/ daß man jhne
von dem waſſer nicht ohne groſſe muͤhe
ſcheiden kan. Jn dem erkalteten waſſer aber
laufft-und ziehet er ſich nach und nach wi-
der zuſammen/ daß man jhne mit einem
pinſel oder ruͤthlein wol herauß ziehen mag/
da er denn gantz Milchweiß iſt. Gießt man
von dieſem Safft in die Milch/ ſo ſcheidet
ſie ſich. Auf wollen Tuch geſchuͤttet/ macht
er keinen flecken/ wordurch er denn von dem
Oleo Zacconis Pruni Hierichuntici, und Oleo
ex Mauritania
underſcheiden wird. Je aͤlter
dieſer Safft iſt/ je mehr verliert er von ſei-
ner Tugend/ und von ſeinem Geruch; und
wird ſo dick und klebicht wie Terbenthin.
Ob ein ſolcher Balſam warhafft in Europâ
heut anzutreffen/ zweiflen jhro viel/ wenig-
[Spaltenumbruch] ſtens kom̃t er nicht unverfaͤlſcht in die Eu-
ropæi
ſchen Laͤnder/ zumahlen er nicht all-
zuhaͤuffig in Orient zu bekommen/ und deſ-
ſentwegen bey ſelbigen Voͤlckeren in ſol-
chem werth gehalten wird/ daß der Hertzog
in Reich Arabien under anderen Geſchen-
cken Jaͤhrlich drey biß 4. pfund dieſes Bal-
ſams dem Tuͤrckiſchen Kaͤyſer uͤberſendet.

Xylobalſamum, oder Balſamholtz/ nen-
net man die abgeſchnittenen fingers-dicken/
mit doppelter rinde bekleidetẽ ſchoß und zweig
deß Balſam-baums/ darinnen annoch ein
Balſamiſcher ſafft und krafft ſich findet.
Solche krafft aber verlieret ſich nach und
nach/ in dem aller darinn enthaltene ſafft
aufftrucknet. Dahero auch dieſer Holtz-bal-
ſam/ wenn er in frembde Laͤnder gefuͤhret
wird/ allen geruch/ ſafft und krafft bey na-
hem verlieret/ und wenig nutz iſt.

Carpobalſamum, oder Balſamfrucht/ iſt
die getrucknete Frucht und Samen deß
Balſam-baums/ welche weilen ſie eben-
maͤſſig ſafft und krafft/ geſchmack und ge-
ruch verlieret/ in unſeren Laͤnderen nicht viel
gefunden/ viel weniger gebraucht wird.

Eigenſchafft.

Jn dem Safftbalſam findet ſich ein recht
gelindes Balſamiſches oͤl/ neben vielem
fluͤchtigen temperierten ſaltz: dannenher die
Eigenſchafft erwachſt zu erduͤnneren/ zu
vertheilen/ zu reinigen/ zu heilen/ zu eroͤff-
nen/ ſchmertzen zu ſtillen/ zu erwaͤrmen/
und den Magen zu ſtaͤrcken.

Gebrauch.

Es wird dieſer Balſam fuͤr ein Wunder-Wunden.
Artzney gehalten/ in allen Wunden zu hei-
len/ auch in den Wunden der Sehn-adern
und Gebeinen. Man kan jhne entweder al-
lein/ oder mit dem gelben von Eyern ver-
miſcht/ auff ſchleiſſen gemacht in die Wun-
den legen; da er denn nicht nur die geringen
geſchwind heilet/ ſondern auch die harteren
Wunden zur heilung befuͤrderet/ allen zu-
fluß verhuͤtet/ auch die in die Wunden flieſ-
ſende ſaͤffte vor der ſchaͤdlichen etzenden
ſcharffen ſaͤwre behuͤtet/ und in dem uͤbrigenFaule/
umb ſich
freſſende/
Fiſtuloſi-
ſche Ge-
ſchwaͤr.

alle in den Wunden ſich ereigende ſaͤwre ver-
ſuͤſſet. Daher er auch die faulen umb ſich
freſſenden/ fiſtuloſiſchen Geſchwaͤr ſaͤube-
ret/ reiniget/ und jhre heilung beſchleuniget.

Welche von gifftigen und zornigen Thie-
ren gebiſſen worden/ koͤnnen von diſem Bal-Gifftige
Thierbiß.

ſam inwendig etliche tag nach einander ein
halb quintlein in bruͤhen einnehmen/ auß-
wendig aber denſelben uͤber die Wunden
allezeit binden.

Jn den langwuͤrigen von kaltem ſchleimKalte Fie-
ber/ Huſtẽ/
hauptfluͤß/

herꝛuͤhrenden Fieberen/ wie auch in Huſten/
in verſtopffung der Monatlichen reinigung
der Weibern/ in Hauptfluͤſſen/ iſt dieſer
Balſam auch koͤſtlich/ ſo man taͤglich 20. biß
40. gran davon einnimmet.

Dieſer Balſam mit ein wenig Baum-Ohren-
wehe.

wollen in die Ohren gethan/ ſtillt den ſchmer-Sauſen
und Klin-
gen der
Ohren.

tzen deroſelben/ und vertheilet die Fluͤß/ da-
von das Ohrenklingen/ ſauſen und brauſen/
ja das ſchwache Gehoͤr ſelbſten herꝛuͤhret.

Wenn man jhn uͤber die Lenden ſchmie-Nieren-
ſchmertz/
Mutter-
wehe.

ret/ ſo ſtillet er das Nieren-und Mutter-
wehe; ſalbet man den Nabel/ Bauch und

Ma-
N n 3
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[285/0301] Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen. Geſchlecht und Geſtalt. Der Balſambaum hat etliche Geſchlecht/ deren I. Jſt der wahre Balſambaum/ Balſa- mum verum, I. B. Balſamum Syriacum rutæ folio, C. B. Balſamum genuinum antiquorum, Park. Balſamum orientale. Dieſes iſt ein klei- nes Baͤumlein/ mit wenig blaͤttern/ ſo de- nen an der Rauten oder Maſtixbaum gleich/ und immerdar gruͤnen. Sein holtz iſt gum- moß/ oder hartzicht/ außwendig roͤthlicht/ mit langen/ geraden/ duͤnnen/ gum̃oſiſchen/ wolriechenden aͤſtlein/ welche den fingeren/ mit denen man ſie anruͤhret/ ſtarck anklehen. Traͤgt weiſſe/ kleine/ wolriechende bluͤm- lein/ denen auch ein gelber/ in ſchwartz-ro- then huͤlſen eingeſchloſſener/ wolriechender Samen nachfolgt/ darinnen ein Honig-di- cker/ gelber/ bitter- und ſcharfflichter/ nach dem Opobalſamo riechender ſafft enthalten; in dem uͤbrigen der figur und groͤſſe nach der Frucht deß Terbenthin-baums gleich. Waͤchſt von ſich ſelbſten in Reich Arabien/ von dannen es in Aegypten gebracht/ und heut zu tag alda gepflantzet wird. Die verſchiedenen theil dieſes Gewaͤchſes geben auch verſchiedene Balſam/ wie denn auß dem ſafft der Safftbalſam/ Opobalſa- mum; Auß den aͤſten/ der Xylobalſamum, und auß der Frucht Carpobalſamum in den Orientaliſchen Laͤndern bereitet wird. Aegyptiſcher oder Syriſcher Balſam/ Balſamum Syriacum, Ægyptiacum, Opo- balſamum, Balſamelæum, Balſamum de Mecha. Jſt der auß den eingeſchnittenẽ zwei- gen deß Balſam-baums in dem Brach- Hew-und Augſtmonat außtrieffende ſafft/ man muß aber in dem Schnitt die Rinde nicht gantz durchſchneiden/ damit nicht der ſafft inwendig zwiſchen das Holtz und Rin- den trieffe. Er fließt auch auß den zerſchnit- tenen ſchoͤßlein/ oder von ſich ſelbſten auß den auffgeſprungenen riſſen der Rinde. Di- ſer Balſamiſche truͤbe Safft iſt erſtens an farb weiß/ hernach wird er gruͤn/ drittens goldgelb/ und endlich nach langer zeit tru- cknet er mehr ein/ und wird dem Honig an der farb und dicke gleich/ hat auch einen ſehr ſtarcken Geruch/ wie Terbenthin/ beneben einen bitteren/ ſcharffen zuſammenziehenden Geſchmack. Wenn man jhn in das warme waſſer wirfft/ ſo bleibt er wegen ſeiner leich- tigkeit empor/ und zerlaſſet ſich in dem obe- ren theil deſſelben geſchwind/ daß man jhne von dem waſſer nicht ohne groſſe muͤhe ſcheiden kan. Jn dem erkalteten waſſer aber laufft-und ziehet er ſich nach und nach wi- der zuſammen/ daß man jhne mit einem pinſel oder ruͤthlein wol herauß ziehen mag/ da er denn gantz Milchweiß iſt. Gießt man von dieſem Safft in die Milch/ ſo ſcheidet ſie ſich. Auf wollen Tuch geſchuͤttet/ macht er keinen flecken/ wordurch er denn von dem Oleo Zacconis Pruni Hierichuntici, und Oleo ex Mauritania underſcheiden wird. Je aͤlter dieſer Safft iſt/ je mehr verliert er von ſei- ner Tugend/ und von ſeinem Geruch; und wird ſo dick und klebicht wie Terbenthin. Ob ein ſolcher Balſam warhafft in Europâ heut anzutreffen/ zweiflen jhro viel/ wenig- ſtens kom̃t er nicht unverfaͤlſcht in die Eu- ropæiſchen Laͤnder/ zumahlen er nicht all- zuhaͤuffig in Orient zu bekommen/ und deſ- ſentwegen bey ſelbigen Voͤlckeren in ſol- chem werth gehalten wird/ daß der Hertzog in Reich Arabien under anderen Geſchen- cken Jaͤhrlich drey biß 4. pfund dieſes Bal- ſams dem Tuͤrckiſchen Kaͤyſer uͤberſendet. Xylobalſamum, oder Balſamholtz/ nen- net man die abgeſchnittenen fingers-dicken/ mit doppelter rinde bekleidetẽ ſchoß und zweig deß Balſam-baums/ darinnen annoch ein Balſamiſcher ſafft und krafft ſich findet. Solche krafft aber verlieret ſich nach und nach/ in dem aller darinn enthaltene ſafft aufftrucknet. Dahero auch dieſer Holtz-bal- ſam/ wenn er in frembde Laͤnder gefuͤhret wird/ allen geruch/ ſafft und krafft bey na- hem verlieret/ und wenig nutz iſt. Carpobalſamum, oder Balſamfrucht/ iſt die getrucknete Frucht und Samen deß Balſam-baums/ welche weilen ſie eben- maͤſſig ſafft und krafft/ geſchmack und ge- ruch verlieret/ in unſeren Laͤnderen nicht viel gefunden/ viel weniger gebraucht wird. Eigenſchafft. Jn dem Safftbalſam findet ſich ein recht gelindes Balſamiſches oͤl/ neben vielem fluͤchtigen temperierten ſaltz: dannenher die Eigenſchafft erwachſt zu erduͤnneren/ zu vertheilen/ zu reinigen/ zu heilen/ zu eroͤff- nen/ ſchmertzen zu ſtillen/ zu erwaͤrmen/ und den Magen zu ſtaͤrcken. Gebrauch. Es wird dieſer Balſam fuͤr ein Wunder- Artzney gehalten/ in allen Wunden zu hei- len/ auch in den Wunden der Sehn-adern und Gebeinen. Man kan jhne entweder al- lein/ oder mit dem gelben von Eyern ver- miſcht/ auff ſchleiſſen gemacht in die Wun- den legen; da er denn nicht nur die geringen geſchwind heilet/ ſondern auch die harteren Wunden zur heilung befuͤrderet/ allen zu- fluß verhuͤtet/ auch die in die Wunden flieſ- ſende ſaͤffte vor der ſchaͤdlichen etzenden ſcharffen ſaͤwre behuͤtet/ und in dem uͤbrigen alle in den Wunden ſich ereigende ſaͤwre ver- ſuͤſſet. Daher er auch die faulen umb ſich freſſenden/ fiſtuloſiſchen Geſchwaͤr ſaͤube- ret/ reiniget/ und jhre heilung beſchleuniget. Wunden. Faule/ umb ſich freſſende/ Fiſtuloſi- ſche Ge- ſchwaͤr. Welche von gifftigen und zornigen Thie- ren gebiſſen worden/ koͤnnen von diſem Bal- ſam inwendig etliche tag nach einander ein halb quintlein in bruͤhen einnehmen/ auß- wendig aber denſelben uͤber die Wunden allezeit binden. Gifftige Thierbiß. Jn den langwuͤrigen von kaltem ſchleim herꝛuͤhrenden Fieberen/ wie auch in Huſten/ in verſtopffung der Monatlichen reinigung der Weibern/ in Hauptfluͤſſen/ iſt dieſer Balſam auch koͤſtlich/ ſo man taͤglich 20. biß 40. gran davon einnimmet. Kalte Fie- ber/ Huſtẽ/ hauptfluͤß/ Dieſer Balſam mit ein wenig Baum- wollen in die Ohren gethan/ ſtillt den ſchmer- tzen deroſelben/ und vertheilet die Fluͤß/ da- von das Ohrenklingen/ ſauſen und brauſen/ ja das ſchwache Gehoͤr ſelbſten herꝛuͤhret. Ohren- wehe. Sauſen und Klin- gen der Ohren. Wenn man jhn uͤber die Lenden ſchmie- ret/ ſo ſtillet er das Nieren-und Mutter- wehe; ſalbet man den Nabel/ Bauch und Ma- Nieren- ſchmertz/ Mutter- wehe. N n 3

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/301>, abgerufen am 29.11.2024.