Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

Wilhelm Walter.
hatte sie den Effekt, welchen der Nekromantist
durch sie hervorbringen wollte. -- Er um-

armte
sichert, daß ich ihm keine Lügen sage und daß
fürwahr in der Natur Dinge verborgen sind, bei
denen unser Verstand stille steht. Jch legte mich
in meinen Studenteniahren nebst noch einigen
guten Freunden auf Nekromantische Wissen-
schaften, um zu erforschen was dahinter sei. Da
wir dies Studium lange genug getrieben zu
haben glaubten, wollten wir mit dem Zitiren
der Geister einen Versuch machen und bestimm-
ten uns hiezu die heil. Krist Nacht. -- Wir
kamen vor dem Thore in einem nahen Walde
zusammen und fingen die Beschwörungen getrost
an, weil wir wusten, daß nichts darauf erfolgen
konnte. Unvermuthet aber stand ein starker
Mann unter uns, grade so gekleidet, wie auf
dem Bilde hier. Wir erschraken, glaubten un-
sern Augen nicht, was sie sahen, und einer war
so kühn nach den langen Pantoffelhakken zu
fassen, worauf die Erscheinung plötzlich ver-
schwand und wir erschrokken nach Hause eilten.
Zum Beweis, fuhr der Lehrer fort, daß nicht
alles so ganz unwahr ist, was Männer leugnen
die sich nicht darauf legten, näher die Sache
zu erforschen: so will ich ihm Seine Schiksale
profezeien etc. "Hierauf fing er an unserm Ge-
währsmanne Dinge vorherzusagen, die, ob sie
gleich damals sehr unwahrscheinlich waren, in
dieser Stunde mehrentheils schon in Erfüllung
ge-

Wilhelm Walter.
hatte ſie den Effekt, welchen der Nekromantiſt
durch ſie hervorbringen wollte. — Er um-

armte
ſichert, daß ich ihm keine Luͤgen ſage und daß
fuͤrwahr in der Natur Dinge verborgen ſind, bei
denen unſer Verſtand ſtille ſteht. Jch legte mich
in meinen Studenteniahren nebſt noch einigen
guten Freunden auf Nekromantiſche Wiſſen-
ſchaften, um zu erforſchen was dahinter ſei. Da
wir dies Studium lange genug getrieben zu
haben glaubten, wollten wir mit dem Zitiren
der Geiſter einen Verſuch machen und beſtimm-
ten uns hiezu die heil. Kriſt Nacht. — Wir
kamen vor dem Thore in einem nahen Walde
zuſammen und fingen die Beſchwoͤrungen getroſt
an, weil wir wuſten, daß nichts darauf erfolgen
konnte. Unvermuthet aber ſtand ein ſtarker
Mann unter uns, grade ſo gekleidet, wie auf
dem Bilde hier. Wir erſchraken, glaubten un-
ſern Augen nicht, was ſie ſahen, und einer war
ſo kuͤhn nach den langen Pantoffelhakken zu
faſſen, worauf die Erſcheinung ploͤtzlich ver-
ſchwand und wir erſchrokken nach Hauſe eilten.
Zum Beweis, fuhr der Lehrer fort, daß nicht
alles ſo ganz unwahr iſt, was Maͤnner leugnen
die ſich nicht darauf legten, naͤher die Sache
zu erforſchen: ſo will ich ihm Seine Schikſale
profezeien ꝛc. „Hierauf fing er an unſerm Ge-
waͤhrsmanne Dinge vorherzuſagen, die, ob ſie
gleich damals ſehr unwahrſcheinlich waren, in
dieſer Stunde mehrentheils ſchon in Erfuͤllung
ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0057" n="54"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Wilhelm Walter</hi>.</fw><lb/>
hatte &#x017F;ie den Effekt, welchen der Nekromanti&#x017F;t<lb/>
durch &#x017F;ie hervorbringen wollte. &#x2014; Er um-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">armte</fw><lb/><note next="#seg2pn_2_3" xml:id="seg2pn_2_2" prev="#seg2pn_2_1" place="foot" n="*)"><p>&#x017F;ichert, daß ich ihm keine Lu&#x0364;gen &#x017F;age und daß<lb/>
fu&#x0364;rwahr in der Natur Dinge verborgen &#x017F;ind, bei<lb/>
denen un&#x017F;er Ver&#x017F;tand &#x017F;tille &#x017F;teht. Jch legte mich<lb/>
in meinen Studenteniahren neb&#x017F;t noch einigen<lb/>
guten Freunden auf Nekromanti&#x017F;che Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaften, um zu erfor&#x017F;chen was dahinter &#x017F;ei. Da<lb/>
wir dies Studium lange genug getrieben zu<lb/>
haben glaubten, wollten wir mit dem Zitiren<lb/>
der Gei&#x017F;ter einen Ver&#x017F;uch machen und be&#x017F;timm-<lb/>
ten uns hiezu die heil. Kri&#x017F;t Nacht. &#x2014; Wir<lb/>
kamen vor dem Thore in einem nahen Walde<lb/>
zu&#x017F;ammen und fingen die Be&#x017F;chwo&#x0364;rungen getro&#x017F;t<lb/>
an, weil wir wu&#x017F;ten, daß nichts darauf erfolgen<lb/>
konnte. Unvermuthet aber &#x017F;tand ein &#x017F;tarker<lb/>
Mann unter uns, grade &#x017F;o gekleidet, wie auf<lb/>
dem Bilde hier. Wir er&#x017F;chraken, glaubten un-<lb/>
&#x017F;ern Augen nicht, was &#x017F;ie &#x017F;ahen, und einer war<lb/>
&#x017F;o ku&#x0364;hn nach den langen Pantoffelhakken zu<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en, worauf die Er&#x017F;cheinung plo&#x0364;tzlich ver-<lb/>
&#x017F;chwand und wir er&#x017F;chrokken nach Hau&#x017F;e eilten.<lb/>
Zum Beweis, fuhr der Lehrer fort, daß nicht<lb/>
alles &#x017F;o ganz unwahr i&#x017F;t, was Ma&#x0364;nner leugnen<lb/>
die &#x017F;ich nicht darauf legten, na&#x0364;her die Sache<lb/>
zu erfor&#x017F;chen: &#x017F;o will ich ihm Seine Schik&#x017F;ale<lb/>
profezeien &#xA75B;c. &#x201E;Hierauf fing er an un&#x017F;erm Ge-<lb/>
wa&#x0364;hrsmanne Dinge vorherzu&#x017F;agen, die, ob &#x017F;ie<lb/>
gleich damals &#x017F;ehr unwahr&#x017F;cheinlich waren, in<lb/>
die&#x017F;er Stunde mehrentheils &#x017F;chon in Erfu&#x0364;llung</p><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge-</fw></note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0057] Wilhelm Walter. hatte ſie den Effekt, welchen der Nekromantiſt durch ſie hervorbringen wollte. — Er um- armte *) *) ſichert, daß ich ihm keine Luͤgen ſage und daß fuͤrwahr in der Natur Dinge verborgen ſind, bei denen unſer Verſtand ſtille ſteht. Jch legte mich in meinen Studenteniahren nebſt noch einigen guten Freunden auf Nekromantiſche Wiſſen- ſchaften, um zu erforſchen was dahinter ſei. Da wir dies Studium lange genug getrieben zu haben glaubten, wollten wir mit dem Zitiren der Geiſter einen Verſuch machen und beſtimm- ten uns hiezu die heil. Kriſt Nacht. — Wir kamen vor dem Thore in einem nahen Walde zuſammen und fingen die Beſchwoͤrungen getroſt an, weil wir wuſten, daß nichts darauf erfolgen konnte. Unvermuthet aber ſtand ein ſtarker Mann unter uns, grade ſo gekleidet, wie auf dem Bilde hier. Wir erſchraken, glaubten un- ſern Augen nicht, was ſie ſahen, und einer war ſo kuͤhn nach den langen Pantoffelhakken zu faſſen, worauf die Erſcheinung ploͤtzlich ver- ſchwand und wir erſchrokken nach Hauſe eilten. Zum Beweis, fuhr der Lehrer fort, daß nicht alles ſo ganz unwahr iſt, was Maͤnner leugnen die ſich nicht darauf legten, naͤher die Sache zu erforſchen: ſo will ich ihm Seine Schikſale profezeien ꝛc. „Hierauf fing er an unſerm Ge- waͤhrsmanne Dinge vorherzuſagen, die, ob ſie gleich damals ſehr unwahrſcheinlich waren, in dieſer Stunde mehrentheils ſchon in Erfuͤllung ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/57
Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/57>, abgerufen am 07.05.2024.