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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.
pelt; -- träumend nur verrichtete er die
Geschäfte, welche sein Amt von ihm heischte;
er kannte keinen seiner Freunde und Bekann-
ten mehr; lag Tag und Nacht unter seinen
mystischen Schriften vergraben -- und kei-
ner, als etwa R**, welchen er gewöhnlich
den Vertrauten der Geister zu nennen pfleg-
te, hatte Zutritt zu ihm.

Länger vermochte aber seine Natur, die
ohnedem nur von sehr wandelbarer Konsi-
stenz war, nicht die unendlichen Strapazen,
Fasten, Nachtwachen, Geistesanstrengungen
zu ertragen; sie erlag und er verfiel in eine
schwere Krankheit, welche zulezt in ein hiz-
ziges Fieber überging. Jedermann verzwei-
felte an seinem Leben, nur er blieb ruhig und
behauptete von seinem Genius zu wissen, daß
er noch nicht sterben würde; man nam zween
Aerzte zur Wiederherstellung seiner Gesund-
heit an -- es verflossen zwei Vierteliahre,
ehe es sich mit ihm zur Bessrung anlies und
er wollte in dieser Zeit oft Erscheinungen
von Dämonen gehabt haben.

Ge-

Wilhelm Walter.
pelt; — traͤumend nur verrichtete er die
Geſchaͤfte, welche ſein Amt von ihm heiſchte;
er kannte keinen ſeiner Freunde und Bekann-
ten mehr; lag Tag und Nacht unter ſeinen
myſtiſchen Schriften vergraben — und kei-
ner, als etwa R**, welchen er gewoͤhnlich
den Vertrauten der Geiſter zu nennen pfleg-
te, hatte Zutritt zu ihm.

Laͤnger vermochte aber ſeine Natur, die
ohnedem nur von ſehr wandelbarer Konſi-
ſtenz war, nicht die unendlichen Strapazen,
Faſten, Nachtwachen, Geiſtesanſtrengungen
zu ertragen; ſie erlag und er verfiel in eine
ſchwere Krankheit, welche zulezt in ein hiz-
ziges Fieber uͤberging. Jedermann verzwei-
felte an ſeinem Leben, nur er blieb ruhig und
behauptete von ſeinem Genius zu wiſſen, daß
er noch nicht ſterben wuͤrde; man nam zween
Aerzte zur Wiederherſtellung ſeiner Geſund-
heit an — es verfloſſen zwei Vierteliahre,
ehe es ſich mit ihm zur Beſſrung anlies und
er wollte in dieſer Zeit oft Erſcheinungen
von Daͤmonen gehabt haben.

Ge-
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[47/0050] Wilhelm Walter. pelt; — traͤumend nur verrichtete er die Geſchaͤfte, welche ſein Amt von ihm heiſchte; er kannte keinen ſeiner Freunde und Bekann- ten mehr; lag Tag und Nacht unter ſeinen myſtiſchen Schriften vergraben — und kei- ner, als etwa R**, welchen er gewoͤhnlich den Vertrauten der Geiſter zu nennen pfleg- te, hatte Zutritt zu ihm. Laͤnger vermochte aber ſeine Natur, die ohnedem nur von ſehr wandelbarer Konſi- ſtenz war, nicht die unendlichen Strapazen, Faſten, Nachtwachen, Geiſtesanſtrengungen zu ertragen; ſie erlag und er verfiel in eine ſchwere Krankheit, welche zulezt in ein hiz- ziges Fieber uͤberging. Jedermann verzwei- felte an ſeinem Leben, nur er blieb ruhig und behauptete von ſeinem Genius zu wiſſen, daß er noch nicht ſterben wuͤrde; man nam zween Aerzte zur Wiederherſtellung ſeiner Geſund- heit an — es verfloſſen zwei Vierteliahre, ehe es ſich mit ihm zur Beſſrung anlies und er wollte in dieſer Zeit oft Erſcheinungen von Daͤmonen gehabt haben. Ge-

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/50>, abgerufen am 25.04.2024.