Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Vulcan's Geschäftigkeit im Olymp so treu nachgelacht, als wir Beide in unserm Gelächter über die Geschäftigkeit der Herbesheimer mit dem todten Gaste. Bei einer Flasche Champagner schloßen wir zwei versöhnte Nebenbuhler unsern Freundschaftsbund und schieden später von einander, als wir anfangs dachten, da wir noch bei der Suppe gesessen waren.

Vater Bantes schien, trotzdem er zu Waldrich's ferneren Erzählungen lächelte, mit sich selbst im Kriege zu sein. Verdruß und Frohsinn waren in seinen Mienen wunderlich vermischt zu sehen. Friederike schmeichelte ihm zärtlicher, denn sie sah wohl, was in ihm vorging, und küßte ihm die Falten von der Stirn weg, so oft die sich zeigen wollten.

Kinder, sagte Herr Bantes, da seht ihr nun, welche Schleppe von Narrheiten und Albernheiten der Aberglaube hinter sich zieht. Und sogar ich alter Philosoph habe noch die Schellenkappe aussetzen und mittraben müssen. Möchte mich gern schämen, aber find' es doch auch lächerlich, sich seiner armen menschlichen Natur geradewegs zu schämen. Also bleibt's dabei, dünke sich Keiner hoch, fest, stark auf den Füßen, sondern sehe sich lieber vor, daß er nicht falle. Mama, laß eine Bowle Punsch machen, damit wir froh werden mit unserm Commandanten. Ich sage Wir, das soll heißen, nur meine Wenigkeit; denn du, Mama, hast einen vollständigen Sieg der Aufklärung davon getragen und bist froh; und dir,

Vulcan's Geschäftigkeit im Olymp so treu nachgelacht, als wir Beide in unserm Gelächter über die Geschäftigkeit der Herbesheimer mit dem todten Gaste. Bei einer Flasche Champagner schloßen wir zwei versöhnte Nebenbuhler unsern Freundschaftsbund und schieden später von einander, als wir anfangs dachten, da wir noch bei der Suppe gesessen waren.

Vater Bantes schien, trotzdem er zu Waldrich's ferneren Erzählungen lächelte, mit sich selbst im Kriege zu sein. Verdruß und Frohsinn waren in seinen Mienen wunderlich vermischt zu sehen. Friederike schmeichelte ihm zärtlicher, denn sie sah wohl, was in ihm vorging, und küßte ihm die Falten von der Stirn weg, so oft die sich zeigen wollten.

Kinder, sagte Herr Bantes, da seht ihr nun, welche Schleppe von Narrheiten und Albernheiten der Aberglaube hinter sich zieht. Und sogar ich alter Philosoph habe noch die Schellenkappe aussetzen und mittraben müssen. Möchte mich gern schämen, aber find' es doch auch lächerlich, sich seiner armen menschlichen Natur geradewegs zu schämen. Also bleibt's dabei, dünke sich Keiner hoch, fest, stark auf den Füßen, sondern sehe sich lieber vor, daß er nicht falle. Mama, laß eine Bowle Punsch machen, damit wir froh werden mit unserm Commandanten. Ich sage Wir, das soll heißen, nur meine Wenigkeit; denn du, Mama, hast einen vollständigen Sieg der Aufklärung davon getragen und bist froh; und dir,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="18">
        <p><pb facs="#f0161"/>
Vulcan's      Geschäftigkeit im Olymp so treu nachgelacht, als wir Beide in unserm Gelächter über die      Geschäftigkeit der Herbesheimer mit dem todten Gaste. Bei einer Flasche Champagner schloßen wir      zwei versöhnte Nebenbuhler unsern Freundschaftsbund und schieden später von einander, als wir      anfangs dachten, da wir noch bei der Suppe gesessen waren.</p><lb/>
        <p>Vater Bantes schien, trotzdem er zu Waldrich's ferneren Erzählungen lächelte, mit sich selbst      im Kriege zu sein. Verdruß und Frohsinn waren in seinen Mienen wunderlich vermischt zu sehen.      Friederike schmeichelte ihm zärtlicher, denn sie sah wohl, was in ihm vorging, und küßte ihm      die Falten von der Stirn weg, so oft die sich zeigen wollten.</p><lb/>
        <p>Kinder, sagte Herr Bantes, da seht ihr nun, welche Schleppe von Narrheiten und Albernheiten      der Aberglaube hinter sich zieht. Und sogar ich alter Philosoph habe noch die Schellenkappe      aussetzen und mittraben müssen. Möchte mich gern schämen, aber find' es doch auch lächerlich,      sich seiner armen menschlichen Natur geradewegs zu schämen. Also bleibt's dabei, dünke sich      Keiner hoch, fest, stark auf den Füßen, sondern sehe sich lieber vor, daß er nicht falle. Mama,      laß eine Bowle Punsch machen, damit wir froh werden mit unserm Commandanten. Ich sage Wir, das      soll heißen, nur meine Wenigkeit; denn du, Mama, hast einen vollständigen Sieg der Aufklärung      davon getragen und bist froh; und dir,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0161] Vulcan's Geschäftigkeit im Olymp so treu nachgelacht, als wir Beide in unserm Gelächter über die Geschäftigkeit der Herbesheimer mit dem todten Gaste. Bei einer Flasche Champagner schloßen wir zwei versöhnte Nebenbuhler unsern Freundschaftsbund und schieden später von einander, als wir anfangs dachten, da wir noch bei der Suppe gesessen waren. Vater Bantes schien, trotzdem er zu Waldrich's ferneren Erzählungen lächelte, mit sich selbst im Kriege zu sein. Verdruß und Frohsinn waren in seinen Mienen wunderlich vermischt zu sehen. Friederike schmeichelte ihm zärtlicher, denn sie sah wohl, was in ihm vorging, und küßte ihm die Falten von der Stirn weg, so oft die sich zeigen wollten. Kinder, sagte Herr Bantes, da seht ihr nun, welche Schleppe von Narrheiten und Albernheiten der Aberglaube hinter sich zieht. Und sogar ich alter Philosoph habe noch die Schellenkappe aussetzen und mittraben müssen. Möchte mich gern schämen, aber find' es doch auch lächerlich, sich seiner armen menschlichen Natur geradewegs zu schämen. Also bleibt's dabei, dünke sich Keiner hoch, fest, stark auf den Füßen, sondern sehe sich lieber vor, daß er nicht falle. Mama, laß eine Bowle Punsch machen, damit wir froh werden mit unserm Commandanten. Ich sage Wir, das soll heißen, nur meine Wenigkeit; denn du, Mama, hast einen vollständigen Sieg der Aufklärung davon getragen und bist froh; und dir,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/161
Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/161>, abgerufen am 24.11.2024.