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Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Herr Bantes las lange und las wieder, nur um Zeit zu gewinnen und zu überlegen. In ihm war ganz natürlich Alles Widerspruch und Kampf. Er wollte, als ein aufgeklärter Mann, trotz dem unwillkürlichen Grauen nicht glauben, daß er den berüchtigten todten Gast vor sich habe; aber eben so wenig wollte er und konnte er sich überzeugen, daß der Sohn seines Freundes eben genau in Wesen und Gestalt der aus Sagen vielbekannten Gestalt des entsetzlichen Gastes gliche. Hier war weder Gaukelei der Einbildungskraft noch des Zufalls gedenkbar. Er sprang geschwind auf, bat um Verzeihung, er müsse seine Brille suchen, die Augen wären ihm etwas dunkel, und entfernte sich, um nur in dieser Verlegenheit zur Besonnenheit zu kommen. Wie Herr Bantes ins Nebenzimmer ging, griff auch Paul nach dem Schlosse der Stubenthür. Der todte Gast wandte langsam sein blasses Antlitz gegen diesen, und mit einem Sprunge, an allen Gliedern bebend, war Paul zur Stube hinaus und kam nicht wieder, bis er Herrn Bantes vom Nebenzimmer zurückkehren hörte.

Herr Bantes hatte wirklich in der Eile überlegt und in der Eile einen verzweifelten Entschluß gefaßt. Noch ungewiß, welchen Gast er vor sich habe, wollte er wenigstens die arme Friederike nicht geradezu in die Hände des Zweideutigen ausliefern. -- Er trat demselben nicht ganz ohne Herzklopfen näher und sagte mit Achselzucken und Bedauern: Hören Sie, mein

Herr Bantes las lange und las wieder, nur um Zeit zu gewinnen und zu überlegen. In ihm war ganz natürlich Alles Widerspruch und Kampf. Er wollte, als ein aufgeklärter Mann, trotz dem unwillkürlichen Grauen nicht glauben, daß er den berüchtigten todten Gast vor sich habe; aber eben so wenig wollte er und konnte er sich überzeugen, daß der Sohn seines Freundes eben genau in Wesen und Gestalt der aus Sagen vielbekannten Gestalt des entsetzlichen Gastes gliche. Hier war weder Gaukelei der Einbildungskraft noch des Zufalls gedenkbar. Er sprang geschwind auf, bat um Verzeihung, er müsse seine Brille suchen, die Augen wären ihm etwas dunkel, und entfernte sich, um nur in dieser Verlegenheit zur Besonnenheit zu kommen. Wie Herr Bantes ins Nebenzimmer ging, griff auch Paul nach dem Schlosse der Stubenthür. Der todte Gast wandte langsam sein blasses Antlitz gegen diesen, und mit einem Sprunge, an allen Gliedern bebend, war Paul zur Stube hinaus und kam nicht wieder, bis er Herrn Bantes vom Nebenzimmer zurückkehren hörte.

Herr Bantes hatte wirklich in der Eile überlegt und in der Eile einen verzweifelten Entschluß gefaßt. Noch ungewiß, welchen Gast er vor sich habe, wollte er wenigstens die arme Friederike nicht geradezu in die Hände des Zweideutigen ausliefern. — Er trat demselben nicht ganz ohne Herzklopfen näher und sagte mit Achselzucken und Bedauern: Hören Sie, mein

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[0118] Herr Bantes las lange und las wieder, nur um Zeit zu gewinnen und zu überlegen. In ihm war ganz natürlich Alles Widerspruch und Kampf. Er wollte, als ein aufgeklärter Mann, trotz dem unwillkürlichen Grauen nicht glauben, daß er den berüchtigten todten Gast vor sich habe; aber eben so wenig wollte er und konnte er sich überzeugen, daß der Sohn seines Freundes eben genau in Wesen und Gestalt der aus Sagen vielbekannten Gestalt des entsetzlichen Gastes gliche. Hier war weder Gaukelei der Einbildungskraft noch des Zufalls gedenkbar. Er sprang geschwind auf, bat um Verzeihung, er müsse seine Brille suchen, die Augen wären ihm etwas dunkel, und entfernte sich, um nur in dieser Verlegenheit zur Besonnenheit zu kommen. Wie Herr Bantes ins Nebenzimmer ging, griff auch Paul nach dem Schlosse der Stubenthür. Der todte Gast wandte langsam sein blasses Antlitz gegen diesen, und mit einem Sprunge, an allen Gliedern bebend, war Paul zur Stube hinaus und kam nicht wieder, bis er Herrn Bantes vom Nebenzimmer zurückkehren hörte. Herr Bantes hatte wirklich in der Eile überlegt und in der Eile einen verzweifelten Entschluß gefaßt. Noch ungewiß, welchen Gast er vor sich habe, wollte er wenigstens die arme Friederike nicht geradezu in die Hände des Zweideutigen ausliefern. — Er trat demselben nicht ganz ohne Herzklopfen näher und sagte mit Achselzucken und Bedauern: Hören Sie, mein

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

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Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/118>, abgerufen am 22.11.2024.