Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Gaben / der auch in dem Dänischen Reiche sehr viel gutes gestifftet hat. Durch Verheyrathung seiner Printzeßin Tochter/ der Margaretha/ an Jacobum III. König in Schottland/ kamen die Orcadischen Insuln von der Cron Dännemarck an Schottland/ wie wohl die Herren Dänen solches nicht gestehen wollen/ sondern vorgeben/ ob wäre es nur auf eine wiederkäuffliche Arth geschehen/ welches man in seinen Werth und Unwerth beruhen läst. Indessen ist gewiß/ daß diese Insuln von undencklichen Zeiten her zu Schottland gehöret/ die Cron Dännemarck hingegen hat solche in beständigen Anspruch genommen. Christianus II. oder Christiernus, wie ihn die Dänen nennen/ ein Enckel Christiani I. ist derjenige unglückliche Pringtz/ der nicht nur bey seinem Leben den Nahmen eines Tyrannen führen/ und deswegen den Thron mit einem Gefängniß verwechseln muste/ sondern es nennen ihn auch die Dänischen Scribenten noch bis diese Stunde einen Wüterich und grausamen/ und wird man nicht leicht ein gemein Compendium historicum, einen postilantischen Tröster/ und dergleichen Saalbadereyen finden/ darinnen dieser grosse König nicht als ein Tyrann und Unmensch solte durchgehechelt werden. Allein gleichwei ein rechter Historicus in der That zu seyn/ und eine Historie mit behörigen Verstande verfertigen/ auch in die Geschichte ein recht erleuchtet Einsehen haben/ zwey verschiedener Dinge: also ists auch gewiß/ daß nach diesen letzten Eigenschafften wenig rechte Historici zu finden/ weil fast jeden entweder die Liebe zum Vaterland/ oder die Menschen-Furcht/ oder andere Neben-Absichten/ von dem behörigen wegen verableitet; oder es fehlet sonst an dem so nöthigen judicio historico pragmatico. Wenn man aber die Ursachen / sonder Vorurtheil betrachtet/ warum König Christiern ein Tyrann heissen/ und des Throns verlustig gehen müssen/ so seynd solche von so gar keiner Erheblichkeit/ daß sich vielmehr höchstens zu verwundern ist: wie kluge Leute die Augen ihres Verstandes nicht aufthun/ und das Unrecht/ das diesem rechtschaffenen Herrn wiederfahren/ erkennen wollen. Insonderheit ist sehr befremdlich/ daß einige Dänische Historici sichs recht vor eine Ehre schätzen / unter ihren sonst so frommen/ tapfern und grossen Printzen/ einen Tyrannen zu wissen/ daher sich auch keiner die Mühe gegeben/ den wackern Christiern zu vertheidigen/ und dessen Leben und Thaten genau zu untersuchen/ nicht erwägende/ wie viel Unrecht sie ihren andern Monarchen dadurch anthun. Man sehe aber König Christierni Leben/ Thaten und Verfahren an/ wie man wolle/ so zeiget sich nichts anderst/ als daß er ein Herr vom guten Verstande/ grosser Tapferkeit/ und sonderbahren Heldenmuthe gewesen/ der aber bloß durch Rachgier einiger Geistlichen/ die seinen Unterthanen die Vernunffts-Augen bezaubert hatten/ und durch den Hanseatischen Bund gestürtzet/ und bey der Nach-Welt so heßlich abge-

Vid. Becmann. Hist. orb. terrar. Geograph. l. 2.

Gaben / der auch in dem Dänischen Reiche sehr viel gutes gestifftet hat. Durch Verheyrathung seiner Printzeßin Tochter/ der Margaretha/ an Jacobum III. König in Schottland/ kamen die Orcadischen Insuln von der Cron Dännemarck an Schottland/ wie wohl die Herren Dänen solches nicht gestehen wollen/ sondern vorgeben/ ob wäre es nur auf eine wiederkäuffliche Arth geschehen/ welches man in seinen Werth und Unwerth beruhen läst. Indessen ist gewiß/ daß diese Insuln von undencklichen Zeiten her zu Schottland gehöret/ die Cron Dännemarck hingegen hat solche in beständigen Anspruch genommen. Christianus II. oder Christiernus, wie ihn die Dänen nennen/ ein Enckel Christiani I. ist derjenige unglückliche Pringtz/ der nicht nur bey seinem Leben den Nahmen eines Tyrannen führen/ und deswegen den Thron mit einem Gefängniß verwechseln muste/ sondern es nennen ihn auch die Dänischen Scribenten noch bis diese Stunde einen Wüterich und grausamen/ und wird man nicht leicht ein gemein Compendium historicum, einen postilantischen Tröster/ und dergleichen Saalbadereyen finden/ darinnen dieser grosse König nicht als ein Tyrann und Unmensch solte durchgehechelt werden. Allein gleichwei ein rechter Historicus in der That zu seyn/ und eine Historie mit behörigen Verstande verfertigen/ auch in die Geschichte ein recht erleuchtet Einsehen haben/ zwey verschiedener Dinge: also ists auch gewiß/ daß nach diesen letzten Eigenschafften wenig rechte Historici zu finden/ weil fast jeden entweder die Liebe zum Vaterland/ oder die Menschen-Furcht/ oder andere Neben-Absichten/ von dem behörigen wegen verableitet; oder es fehlet sonst an dem so nöthigen judicio historico pragmatico. Wenn man aber die Ursachen / sonder Vorurtheil betrachtet/ warum König Christiern ein Tyrann heissen/ und des Throns verlustig gehen müssen/ so seynd solche von so gar keiner Erheblichkeit/ daß sich vielmehr höchstens zu verwundern ist: wie kluge Leute die Augen ihres Verstandes nicht aufthun/ und das Unrecht/ das diesem rechtschaffenen Herrn wiederfahren/ erkennen wollen. Insonderheit ist sehr befremdlich/ daß einige Dänische Historici sichs recht vor eine Ehre schätzen / unter ihren sonst so frommen/ tapfern und grossen Printzen/ einen Tyrannen zu wissen/ daher sich auch keiner die Mühe gegeben/ den wackern Christiern zu vertheidigen/ und dessen Leben und Thaten genau zu untersuchen/ nicht erwägende/ wie viel Unrecht sie ihren andern Monarchen dadurch anthun. Man sehe aber König Christierni Leben/ Thaten und Verfahren an/ wie man wolle/ so zeiget sich nichts anderst/ als daß er ein Herr vom guten Verstande/ grosser Tapferkeit/ und sonderbahren Heldenmuthe gewesen/ der aber bloß durch Rachgier einiger Geistlichen/ die seinen Unterthanen die Vernunffts-Augen bezaubert hatten/ und durch den Hanseatischen Bund gestürtzet/ und bey der Nach-Welt so heßlich abge-

Vid. Becmann. Hist. orb. terrar. Geograph. l. 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0501" n="453"/>
Gaben                     / der auch in dem Dänischen Reiche sehr viel gutes gestifftet hat. Durch                      Verheyrathung seiner Printzeßin Tochter/ der Margaretha/ an Jacobum III. König                      in Schottland/ kamen die Orcadischen Insuln von der Cron Dännemarck an                      Schottland/ wie wohl die Herren Dänen solches nicht gestehen wollen/ <note place="foot">Vid. Becmann. Hist. orb. terrar. Geograph. l. 2.</note> sondern                      vorgeben/ ob wäre es nur auf eine wiederkäuffliche Arth geschehen/ welches man                      in seinen Werth und Unwerth beruhen läst. Indessen ist gewiß/ daß diese Insuln                      von undencklichen Zeiten her zu Schottland gehöret/ die Cron Dännemarck                      hingegen hat solche in beständigen Anspruch genommen. Christianus II. oder                      Christiernus, wie ihn die Dänen nennen/ ein Enckel Christiani I. ist derjenige                      unglückliche Pringtz/ der nicht nur bey seinem Leben den Nahmen eines Tyrannen                      führen/ und deswegen den Thron mit einem Gefängniß verwechseln muste/ sondern                      es nennen ihn auch die Dänischen Scribenten noch bis diese Stunde einen Wüterich                      und grausamen/ und wird man nicht leicht ein gemein Compendium historicum,                      einen postilantischen Tröster/ und dergleichen Saalbadereyen finden/ darinnen                      dieser grosse König nicht als ein Tyrann und Unmensch solte durchgehechelt                      werden. Allein gleichwei ein rechter Historicus in der That zu seyn/ und eine                      Historie mit behörigen Verstande verfertigen/ auch in die Geschichte ein recht                      erleuchtet Einsehen haben/ zwey verschiedener Dinge: also ists auch gewiß/ daß                      nach diesen letzten Eigenschafften wenig rechte Historici zu finden/ weil fast                      jeden entweder die Liebe zum Vaterland/ oder die Menschen-Furcht/ oder andere                      Neben-Absichten/ von dem behörigen wegen verableitet; oder es fehlet sonst an                      dem so nöthigen judicio historico pragmatico. Wenn man aber die Ursachen /                      sonder Vorurtheil betrachtet/ warum König Christiern ein Tyrann heissen/ und                      des Throns verlustig gehen müssen/ so seynd solche von so gar keiner                      Erheblichkeit/ daß sich vielmehr höchstens zu verwundern ist: wie kluge Leute                      die Augen ihres Verstandes nicht aufthun/ und das Unrecht/ das diesem                      rechtschaffenen Herrn wiederfahren/ erkennen wollen. Insonderheit ist sehr                      befremdlich/ daß einige Dänische Historici sichs recht vor eine Ehre schätzen /                      unter ihren sonst so frommen/ tapfern und grossen Printzen/ einen Tyrannen zu                      wissen/ daher sich auch keiner die Mühe gegeben/ den wackern Christiern zu                      vertheidigen/ und dessen Leben und Thaten genau zu untersuchen/ nicht                      erwägende/ wie viel Unrecht sie ihren andern Monarchen dadurch anthun. Man sehe                      aber König Christierni Leben/ Thaten und Verfahren an/ wie man wolle/ so                      zeiget sich nichts anderst/ als daß er ein Herr vom guten Verstande/ grosser                      Tapferkeit/ und sonderbahren Heldenmuthe gewesen/ der aber bloß durch Rachgier                      einiger Geistlichen/ die seinen Unterthanen die Vernunffts-Augen bezaubert                      hatten/ und durch den Hanseatischen Bund gestürtzet/ und bey der Nach-Welt so                      heßlich abge-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0501] Gaben / der auch in dem Dänischen Reiche sehr viel gutes gestifftet hat. Durch Verheyrathung seiner Printzeßin Tochter/ der Margaretha/ an Jacobum III. König in Schottland/ kamen die Orcadischen Insuln von der Cron Dännemarck an Schottland/ wie wohl die Herren Dänen solches nicht gestehen wollen/ sondern vorgeben/ ob wäre es nur auf eine wiederkäuffliche Arth geschehen/ welches man in seinen Werth und Unwerth beruhen läst. Indessen ist gewiß/ daß diese Insuln von undencklichen Zeiten her zu Schottland gehöret/ die Cron Dännemarck hingegen hat solche in beständigen Anspruch genommen. Christianus II. oder Christiernus, wie ihn die Dänen nennen/ ein Enckel Christiani I. ist derjenige unglückliche Pringtz/ der nicht nur bey seinem Leben den Nahmen eines Tyrannen führen/ und deswegen den Thron mit einem Gefängniß verwechseln muste/ sondern es nennen ihn auch die Dänischen Scribenten noch bis diese Stunde einen Wüterich und grausamen/ und wird man nicht leicht ein gemein Compendium historicum, einen postilantischen Tröster/ und dergleichen Saalbadereyen finden/ darinnen dieser grosse König nicht als ein Tyrann und Unmensch solte durchgehechelt werden. Allein gleichwei ein rechter Historicus in der That zu seyn/ und eine Historie mit behörigen Verstande verfertigen/ auch in die Geschichte ein recht erleuchtet Einsehen haben/ zwey verschiedener Dinge: also ists auch gewiß/ daß nach diesen letzten Eigenschafften wenig rechte Historici zu finden/ weil fast jeden entweder die Liebe zum Vaterland/ oder die Menschen-Furcht/ oder andere Neben-Absichten/ von dem behörigen wegen verableitet; oder es fehlet sonst an dem so nöthigen judicio historico pragmatico. Wenn man aber die Ursachen / sonder Vorurtheil betrachtet/ warum König Christiern ein Tyrann heissen/ und des Throns verlustig gehen müssen/ so seynd solche von so gar keiner Erheblichkeit/ daß sich vielmehr höchstens zu verwundern ist: wie kluge Leute die Augen ihres Verstandes nicht aufthun/ und das Unrecht/ das diesem rechtschaffenen Herrn wiederfahren/ erkennen wollen. Insonderheit ist sehr befremdlich/ daß einige Dänische Historici sichs recht vor eine Ehre schätzen / unter ihren sonst so frommen/ tapfern und grossen Printzen/ einen Tyrannen zu wissen/ daher sich auch keiner die Mühe gegeben/ den wackern Christiern zu vertheidigen/ und dessen Leben und Thaten genau zu untersuchen/ nicht erwägende/ wie viel Unrecht sie ihren andern Monarchen dadurch anthun. Man sehe aber König Christierni Leben/ Thaten und Verfahren an/ wie man wolle/ so zeiget sich nichts anderst/ als daß er ein Herr vom guten Verstande/ grosser Tapferkeit/ und sonderbahren Heldenmuthe gewesen/ der aber bloß durch Rachgier einiger Geistlichen/ die seinen Unterthanen die Vernunffts-Augen bezaubert hatten/ und durch den Hanseatischen Bund gestürtzet/ und bey der Nach-Welt so heßlich abge- Vid. Becmann. Hist. orb. terrar. Geograph. l. 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/501
Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/501>, abgerufen am 19.05.2024.