Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

gen/ was es immer wolte/ so hat sich der Kayser sowohl in acht genommen/ daß ich ihm davor verbunden zu seyn / gäntzlich befreyet war.

Ich unterliß indessen nicht/ noch ferne in eigene Persohn nebst meinen Völckern in Ungarn/ bis an den Krieg vor den Ryßwickischen Frieden Dienste zu thun. Der Churfürst von Cölln Maximilian Philipp, Alberti von Bayern Sohn/ meines Großvatern Bruder gieng endlich mit todt ab. Das Interesse, welches der Kayser hatte/ sich meines Bruders Mitwerber an der Chur zu wider setzen/ machte/ daß er meines Hauses Partie nahm. Mein Haus sage ich/ welches ihn mehr/ als ein anders von seinem vornehmen ausschliessen konte/ denn es hatte schon von sich selbst die mächtigsten Freunde in dem Capitul zu Cölln/ welches nun seit hundert Jahren allezeit seine Churfürsten daraus genommen. Dieser Mit-Buhler war nun der Cardinal vom Fürstenberg/ dessen Rache und Anthung der Kayser befürchtete/ nachdem er ihn vier Jahr lang in einer harten und ungerechten Gefangenschaft sitzen lassen.

Mein Bruder ward demnach erwehlet/ allein er verlohr die Gewogenheit Sr. Kayserl. Majest. so bald man seiner nicht mehr benöthiget war. Als das Bischofthum Lüttig durch den Todt des Baron von Eldern erlediget ward/ hatte mein Bruder dem Kayser seine Wahl keinesweges zu dancken; denn er sie nach allen seinen Vermögen zu verhindern gesuchet. Desgleichen lage es auch an ihm gar nicht/ daß einander zum Coadjutor von Hildesheim wäre erwehlet worden/ als mein Bruder darzu gelangete. Indessen stand ich doch in dem Kriege/ welcher sich in dem Reiche entspan/ mit dem gröstem Eifer auf des Kaysers Seite. Er durfte bey mir/ wie bey vielen andern geschehen/ weder meine Declaration, noch meinen Beystand erkauffen/ und ich hatte die Ursachen/ welche ich haben konte / mich nicht eben so sehr in seine Sachen zu mischen/ damahls nicht erwogen.

Wein Bruder/ der Churfürst von Cölln und ich giengen in der Bergebenheit vor dem Wienerischen Hofe so weit/ daß wir uns auch der neundten Chur/ welche zum Vortheil des Hertzogs von Braunschweig aufgerichtet ward/ nicht wiedersatzten. Diese Sache an sich selbst ist eine offenbare Kränckung der güldenen Bulle/ des Westphälischen Frieden-Schlusses/ und der eigenen Wahl-Capitulation des Kaysers. Es war uns auch so gar der wunderliche Vergleich/ den sie in einem gemeinen Tractat getroffen/ nicht verborgen. Wir wusten einiger massen/ daß sich der Kayser vor diese Wohltaht bey diesem Printzen bedungen/ daß er sich so wohl vor sich/ als seine Nachkommen anheischich gemacht und verbunden/ bey einer Wahl ihre Stimmen niemand anders/ als einem Printz von dem Hause Oestereich zu geben; Ja daß er noch eine andere Condition/ welche der Würde und Schuldigkeit eines Churfürstens eben so unanständig/ als diese vom ihm erhalten. Ich meine/ daß der Hertzog von Hannover dazu behülflich seyn wolte / dem Kayser/ als Könige

gen/ was es immer wolte/ so hat sich der Kayser sowohl in acht genommen/ daß ich ihm davor verbunden zu seyn / gäntzlich befreyet war.

Ich unterliß indessen nicht/ noch ferne in eigene Persohn nebst meinen Völckern in Ungarn/ bis an den Krieg vor den Ryßwickischen Frieden Dienste zu thun. Der Churfürst von Cölln Maximilian Philipp, Alberti von Bayern Sohn/ meines Großvatern Bruder gieng endlich mit todt ab. Das Interesse, welches der Kayser hatte/ sich meines Bruders Mitwerber an der Chur zu wider setzen/ machte/ daß er meines Hauses Partie nahm. Mein Haus sage ich/ welches ihn mehr/ als ein anders von seinem vornehmen ausschliessen konte/ denn es hatte schon von sich selbst die mächtigsten Freunde in dem Capitul zu Cölln/ welches nun seit hundert Jahren allezeit seine Churfürsten daraus genommen. Dieser Mit-Buhler war nun der Cardinal vom Fürstenberg/ dessen Rache und Anthung der Kayser befürchtete/ nachdem er ihn vier Jahr lang in einer harten und ungerechten Gefangenschaft sitzen lassen.

Mein Bruder ward demnach erwehlet/ allein er verlohr die Gewogenheit Sr. Kayserl. Majest. so bald man seiner nicht mehr benöthiget war. Als das Bischofthum Lüttig durch den Todt des Baron von Eldern erlediget ward/ hatte mein Bruder dem Kayser seine Wahl keinesweges zu dancken; denn er sie nach allen seinen Vermögen zu verhindern gesuchet. Desgleichen lage es auch an ihm gar nicht/ daß einander zum Coadjutor von Hildesheim wäre erwehlet worden/ als mein Bruder darzu gelangete. Indessen stand ich doch in dem Kriege/ welcher sich in dem Reiche entspan/ mit dem gröstem Eifer auf des Kaysers Seite. Er durfte bey mir/ wie bey vielen andern geschehen/ weder meine Declaration, noch meinen Beystand erkauffen/ und ich hatte die Ursachen/ welche ich haben konte / mich nicht eben so sehr in seine Sachen zu mischen/ damahls nicht erwogen.

Wein Bruder/ der Churfürst von Cölln und ich giengen in der Bergebenheit vor dem Wienerischen Hofe so weit/ daß wir uns auch der neundten Chur/ welche zum Vortheil des Hertzogs von Braunschweig aufgerichtet ward/ nicht wiedersatzten. Diese Sache an sich selbst ist eine offenbare Kränckung der güldenen Bulle/ des Westphälischen Frieden-Schlusses/ und der eigenen Wahl-Capitulation des Kaysers. Es war uns auch so gar der wunderliche Vergleich/ den sie in einem gemeinen Tractat getroffen/ nicht verborgen. Wir wusten einiger massen/ daß sich der Kayser vor diese Wohltaht bey diesem Printzen bedungen/ daß er sich so wohl vor sich/ als seine Nachkommen anheischich gemacht und verbunden/ bey einer Wahl ihre Stimmen niemand anders/ als einem Printz von dem Hause Oestereich zu geben; Ja daß er noch eine andere Condition/ welche der Würde und Schuldigkeit eines Churfürstens eben so unanständig/ als diese vom ihm erhalten. Ich meine/ daß der Hertzog von Hannover dazu behülflich seyn wolte / dem Kayser/ als Könige

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0281" n="238"/>
gen/ was es immer wolte/ so hat                      sich der Kayser sowohl in acht genommen/ daß ich ihm davor verbunden zu seyn /                      gäntzlich befreyet war.</p>
        <p>Ich unterliß indessen nicht/ noch ferne in eigene Persohn nebst meinen Völckern                      in Ungarn/ bis an den Krieg vor den Ryßwickischen Frieden Dienste zu thun. Der                      Churfürst von Cölln Maximilian Philipp, Alberti von Bayern Sohn/ meines                      Großvatern Bruder gieng endlich mit todt ab. Das Interesse, welches der Kayser                      hatte/ sich meines Bruders Mitwerber an der Chur zu wider setzen/ machte/ daß                      er meines Hauses Partie nahm. Mein Haus sage ich/ welches ihn mehr/ als ein                      anders von seinem vornehmen ausschliessen konte/ denn es hatte schon von sich                      selbst die mächtigsten Freunde in dem Capitul zu Cölln/ welches nun seit                      hundert Jahren allezeit seine Churfürsten daraus genommen. Dieser Mit-Buhler war                      nun der Cardinal vom Fürstenberg/ dessen Rache und Anthung der Kayser                      befürchtete/ nachdem er ihn vier Jahr lang in einer harten und ungerechten                      Gefangenschaft sitzen lassen.</p>
        <p>Mein Bruder ward demnach erwehlet/ allein er verlohr die Gewogenheit Sr.                      Kayserl. Majest. so bald man seiner nicht mehr benöthiget war. Als das                      Bischofthum Lüttig durch den Todt des Baron von Eldern erlediget ward/ hatte                      mein Bruder dem Kayser seine Wahl keinesweges zu dancken; denn er sie nach allen                      seinen Vermögen zu verhindern gesuchet. Desgleichen lage es auch an ihm gar                      nicht/ daß einander zum Coadjutor von Hildesheim wäre erwehlet worden/ als                      mein Bruder darzu gelangete. Indessen stand ich doch in dem Kriege/ welcher                      sich in dem Reiche entspan/ mit dem gröstem Eifer auf des Kaysers Seite. Er                      durfte bey mir/ wie bey vielen andern geschehen/ weder meine Declaration, noch                      meinen Beystand erkauffen/ und ich hatte die Ursachen/ welche ich haben konte                     / mich nicht eben so sehr in seine Sachen zu mischen/ damahls nicht                      erwogen.</p>
        <p>Wein Bruder/ der Churfürst von Cölln und ich giengen in der Bergebenheit vor dem                      Wienerischen Hofe so weit/ daß wir uns auch der neundten Chur/ welche zum                      Vortheil des Hertzogs von Braunschweig aufgerichtet ward/ nicht wiedersatzten.                      Diese Sache an sich selbst ist eine offenbare Kränckung der güldenen Bulle/ des                      Westphälischen Frieden-Schlusses/ und der eigenen Wahl-Capitulation des                      Kaysers. Es war uns auch so gar der wunderliche Vergleich/ den sie in einem                      gemeinen Tractat getroffen/ nicht verborgen. Wir wusten einiger massen/ daß                      sich der Kayser vor diese Wohltaht bey diesem Printzen bedungen/ daß er sich so                      wohl vor sich/ als seine Nachkommen anheischich gemacht und verbunden/ bey                      einer Wahl ihre Stimmen niemand anders/ als einem Printz von dem Hause                      Oestereich zu geben; Ja daß er noch eine andere Condition/ welche der Würde und                      Schuldigkeit eines Churfürstens eben so unanständig/ als diese vom ihm                      erhalten. Ich meine/ daß der Hertzog von Hannover dazu behülflich seyn wolte /                      dem Kayser/ als Könige
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0281] gen/ was es immer wolte/ so hat sich der Kayser sowohl in acht genommen/ daß ich ihm davor verbunden zu seyn / gäntzlich befreyet war. Ich unterliß indessen nicht/ noch ferne in eigene Persohn nebst meinen Völckern in Ungarn/ bis an den Krieg vor den Ryßwickischen Frieden Dienste zu thun. Der Churfürst von Cölln Maximilian Philipp, Alberti von Bayern Sohn/ meines Großvatern Bruder gieng endlich mit todt ab. Das Interesse, welches der Kayser hatte/ sich meines Bruders Mitwerber an der Chur zu wider setzen/ machte/ daß er meines Hauses Partie nahm. Mein Haus sage ich/ welches ihn mehr/ als ein anders von seinem vornehmen ausschliessen konte/ denn es hatte schon von sich selbst die mächtigsten Freunde in dem Capitul zu Cölln/ welches nun seit hundert Jahren allezeit seine Churfürsten daraus genommen. Dieser Mit-Buhler war nun der Cardinal vom Fürstenberg/ dessen Rache und Anthung der Kayser befürchtete/ nachdem er ihn vier Jahr lang in einer harten und ungerechten Gefangenschaft sitzen lassen. Mein Bruder ward demnach erwehlet/ allein er verlohr die Gewogenheit Sr. Kayserl. Majest. so bald man seiner nicht mehr benöthiget war. Als das Bischofthum Lüttig durch den Todt des Baron von Eldern erlediget ward/ hatte mein Bruder dem Kayser seine Wahl keinesweges zu dancken; denn er sie nach allen seinen Vermögen zu verhindern gesuchet. Desgleichen lage es auch an ihm gar nicht/ daß einander zum Coadjutor von Hildesheim wäre erwehlet worden/ als mein Bruder darzu gelangete. Indessen stand ich doch in dem Kriege/ welcher sich in dem Reiche entspan/ mit dem gröstem Eifer auf des Kaysers Seite. Er durfte bey mir/ wie bey vielen andern geschehen/ weder meine Declaration, noch meinen Beystand erkauffen/ und ich hatte die Ursachen/ welche ich haben konte / mich nicht eben so sehr in seine Sachen zu mischen/ damahls nicht erwogen. Wein Bruder/ der Churfürst von Cölln und ich giengen in der Bergebenheit vor dem Wienerischen Hofe so weit/ daß wir uns auch der neundten Chur/ welche zum Vortheil des Hertzogs von Braunschweig aufgerichtet ward/ nicht wiedersatzten. Diese Sache an sich selbst ist eine offenbare Kränckung der güldenen Bulle/ des Westphälischen Frieden-Schlusses/ und der eigenen Wahl-Capitulation des Kaysers. Es war uns auch so gar der wunderliche Vergleich/ den sie in einem gemeinen Tractat getroffen/ nicht verborgen. Wir wusten einiger massen/ daß sich der Kayser vor diese Wohltaht bey diesem Printzen bedungen/ daß er sich so wohl vor sich/ als seine Nachkommen anheischich gemacht und verbunden/ bey einer Wahl ihre Stimmen niemand anders/ als einem Printz von dem Hause Oestereich zu geben; Ja daß er noch eine andere Condition/ welche der Würde und Schuldigkeit eines Churfürstens eben so unanständig/ als diese vom ihm erhalten. Ich meine/ daß der Hertzog von Hannover dazu behülflich seyn wolte / dem Kayser/ als Könige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/281
Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/281>, abgerufen am 23.11.2024.