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Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.

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moralische Beschaffenheit etc.
diese Mängel zu ersetzen, diese Fehler zu ver-
meiden, diese Schwachheiten zu besiegen, und
so von einer Stufe der Vollkommenheit zu
der andern fortzugehen. Und wenn auch
itzt dieses Nachdenken mehr unangenehme
als angenehme Vorstellungen und Empfin-
dungen in uns erwecken sollte, weil wir noch
mehr Böses als Gutes in uns entdecken:
welche Ruhe und Zufriedenheit wird nicht
früher oder später die Folge desselben seyn,
wenn wir dadurch zur Selbsterkenntniß und
vermittelst derselben zu einer merklichen Bes-
serung unsers Herzens und Verhaltens ge-
langen!

Endlich ist unsre Sterblichkeit und
unsre Unsterblichkeit und die Verbindung
des Gegenwärtigen und des Zukünfti-
gen
ein eben so wichtiger als reichhaltiger Ge-
genstand unsers Nachdenkens.

Jch weiß wohl, daß der Mensch natür-
licher Weise die Todesgedanken scheuet. Aber
Todesgedanken, die mit Aussichten auf Un-
sterblichkeit und ewiges Leben verbunden sind,

die
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moraliſche Beſchaffenheit ꝛc.
dieſe Mängel zu erſetzen, dieſe Fehler zu ver-
meiden, dieſe Schwachheiten zu beſiegen, und
ſo von einer Stufe der Vollkommenheit zu
der andern fortzugehen. Und wenn auch
itzt dieſes Nachdenken mehr unangenehme
als angenehme Vorſtellungen und Empfin-
dungen in uns erwecken ſollte, weil wir noch
mehr Böſes als Gutes in uns entdecken:
welche Ruhe und Zufriedenheit wird nicht
früher oder ſpäter die Folge deſſelben ſeyn,
wenn wir dadurch zur Selbſterkenntniß und
vermittelſt derſelben zu einer merklichen Beſ-
ſerung unſers Herzens und Verhaltens ge-
langen!

Endlich iſt unſre Sterblichkeit und
unſre Unſterblichkeit und die Verbindung
des Gegenwärtigen und des Zukünfti-
gen
ein eben ſo wichtiger als reichhaltiger Ge-
genſtand unſers Nachdenkens.

Jch weiß wohl, daß der Menſch natür-
licher Weiſe die Todesgedanken ſcheuet. Aber
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ſterblichkeit und ewiges Leben verbunden ſind,

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[67/0089] moraliſche Beſchaffenheit ꝛc. dieſe Mängel zu erſetzen, dieſe Fehler zu ver- meiden, dieſe Schwachheiten zu beſiegen, und ſo von einer Stufe der Vollkommenheit zu der andern fortzugehen. Und wenn auch itzt dieſes Nachdenken mehr unangenehme als angenehme Vorſtellungen und Empfin- dungen in uns erwecken ſollte, weil wir noch mehr Böſes als Gutes in uns entdecken: welche Ruhe und Zufriedenheit wird nicht früher oder ſpäter die Folge deſſelben ſeyn, wenn wir dadurch zur Selbſterkenntniß und vermittelſt derſelben zu einer merklichen Beſ- ſerung unſers Herzens und Verhaltens ge- langen! Endlich iſt unſre Sterblichkeit und unſre Unſterblichkeit und die Verbindung des Gegenwärtigen und des Zukünfti- gen ein eben ſo wichtiger als reichhaltiger Ge- genſtand unſers Nachdenkens. Jch weiß wohl, daß der Menſch natür- licher Weiſe die Todesgedanken ſcheuet. Aber Todesgedanken, die mit Ausſichten auf Un- ſterblichkeit und ewiges Leben verbunden ſind, die E 2

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Zitationshilfe: Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/89>, abgerufen am 26.08.2024.