Dieß sind die vornehmsten Beschäfftigun- gen des Geistes, die zum Nachdenken gehören. So überleget der nachdenkende Mensch bey sich selbst: was ist das, was ich mir vorstelle? Was gehöret dazu? Wie ist es beschaffen? Was fol- get daraus? Worauf gründet sich dieser Be- griff? Jst er wahr oder falsch? Was habe ich für Beweise davon? Jn welchem Verhältnisse steht diese Sache, diese Wahrheit gegen mich und meine Glückseligkeit? Wie muß ich mich dagegen verhalten? So suchet er seine Vorstel- lungen und Begriffe von den wichtigsten Din- gen immer deutlicher, vollständiger, gewisser, in- teressanter und brauchbarer zu machen. Und dieß ist das Geschäffte, das tägliche, das Lieb- lingsgeschäffte jedes Menschen, der seine Wür- de und seine Bestimmung kennet und fühlet, der seinen Rang unter den Geschöpfen Gottes behauptet, und mit dem Ernste eines zur Un- sterblichkeit geschaffenen Wesens nach Weis- heit, nach Tugend, nach Glückseligkeit stre- bet!
Die
Wie muß man nachdenken?
Dieß ſind die vornehmſten Beſchäfftigun- gen des Geiſtes, die zum Nachdenken gehören. So überleget der nachdenkende Menſch bey ſich ſelbſt: was iſt das, was ich mir vorſtelle? Was gehöret dazu? Wie iſt es beſchaffen? Was fol- get daraus? Worauf gründet ſich dieſer Be- griff? Jſt er wahr oder falſch? Was habe ich für Beweiſe davon? Jn welchem Verhältniſſe ſteht dieſe Sache, dieſe Wahrheit gegen mich und meine Glückſeligkeit? Wie muß ich mich dagegen verhalten? So ſuchet er ſeine Vorſtel- lungen und Begriffe von den wichtigſten Din- gen immer deutlicher, vollſtändiger, gewiſſer, in- tereſſanter und brauchbarer zu machen. Und dieß iſt das Geſchäffte, das tägliche, das Lieb- lingsgeſchäffte jedes Menſchen, der ſeine Wür- de und ſeine Beſtimmung kennet und fühlet, der ſeinen Rang unter den Geſchöpfen Gottes behauptet, und mit dem Ernſte eines zur Un- ſterblichkeit geſchaffenen Weſens nach Weis- heit, nach Tugend, nach Glückſeligkeit ſtre- bet!
Die
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Wie muß man nachdenken?
Dieß ſind die vornehmſten Beſchäfftigun-
gen des Geiſtes, die zum Nachdenken gehören.
So überleget der nachdenkende Menſch bey ſich
ſelbſt: was iſt das, was ich mir vorſtelle? Was
gehöret dazu? Wie iſt es beſchaffen? Was fol-
get daraus? Worauf gründet ſich dieſer Be-
griff? Jſt er wahr oder falſch? Was habe ich
für Beweiſe davon? Jn welchem Verhältniſſe
ſteht dieſe Sache, dieſe Wahrheit gegen mich
und meine Glückſeligkeit? Wie muß ich mich
dagegen verhalten? So ſuchet er ſeine Vorſtel-
lungen und Begriffe von den wichtigſten Din-
gen immer deutlicher, vollſtändiger, gewiſſer, in-
tereſſanter und brauchbarer zu machen. Und
dieß iſt das Geſchäffte, das tägliche, das Lieb-
lingsgeſchäffte jedes Menſchen, der ſeine Wür-
de und ſeine Beſtimmung kennet und fühlet,
der ſeinen Rang unter den Geſchöpfen Gottes
behauptet, und mit dem Ernſte eines zur Un-
ſterblichkeit geſchaffenen Weſens nach Weis-
heit, nach Tugend, nach Glückſeligkeit ſtre-
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Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/46>, abgerufen am 22.07.2024.
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