Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

auf den vergangenen Tag.
meiner Brüder mögen wohl itzt in diesem trau-
rigen Zustande den Schrecknissen der Nacht
entgegen sehen! Ach Gott, erquicke sie, tröste
sie, hilf ihnen, geuß Balsam in ihre Wunden
und Hoffnung und Zuversicht in ihr Herz.
Laß sie mitleidige, gefühlvolle Seelen unter
ihren nähern Brüdern finden, die sich ihrer
annehmen und ihnen ihre Beschwerden und Lei-
den erleichtern!

Gott, welche Aussichten, wenn ich auf den
vergangnen Tag zurückblicke! Wie viel Gu-
tes und wie viel Böses ist heute von deinen Ge-
schöpfen, den Menschen, gedacht, geredet, be-
fördert, verhindert, gethan, entworfen worden!
Wie viele Thränen der Liebe und der Freude,
und wie viele Thränen des Kummers und des
Elends haben nicht heute ihre Augen und ihre
Wangen benetzt! Wie viel Dank und Lob,
und wie viele Seufzer und Klagen sind nicht
heute von der Erde zu dir gen Himmel gestie-
gen! Gott, du siehst, du hörest, du leitest und
regierest alles, und leitest und regierest alles
zum Besten. Dich bete ich als den allein Wei-
sen, als den Allgütigen, demüthig an; auch dann,
wenn mich alles verwirret, und Zweifel und
Dunkelheit mich von allen Seiten umgeben.

Und

auf den vergangenen Tag.
meiner Brüder mögen wohl itzt in dieſem trau-
rigen Zuſtande den Schreckniſſen der Nacht
entgegen ſehen! Ach Gott, erquicke ſie, tröſte
ſie, hilf ihnen, geuß Balſam in ihre Wunden
und Hoffnung und Zuverſicht in ihr Herz.
Laß ſie mitleidige, gefühlvolle Seelen unter
ihren nähern Brüdern finden, die ſich ihrer
annehmen und ihnen ihre Beſchwerden und Lei-
den erleichtern!

Gott, welche Ausſichten, wenn ich auf den
vergangnen Tag zurückblicke! Wie viel Gu-
tes und wie viel Böſes iſt heute von deinen Ge-
ſchöpfen, den Menſchen, gedacht, geredet, be-
fördert, verhindert, gethan, entworfen worden!
Wie viele Thränen der Liebe und der Freude,
und wie viele Thränen des Kummers und des
Elends haben nicht heute ihre Augen und ihre
Wangen benetzt! Wie viel Dank und Lob,
und wie viele Seufzer und Klagen ſind nicht
heute von der Erde zu dir gen Himmel geſtie-
gen! Gott, du ſiehſt, du höreſt, du leiteſt und
regiereſt alles, und leiteſt und regiereſt alles
zum Beſten. Dich bete ich als den allein Wei-
ſen, als den Allgütigen, demüthig an; auch dann,
wenn mich alles verwirret, und Zweifel und
Dunkelheit mich von allen Seiten umgeben.

Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0145" n="123"/><fw place="top" type="header">auf den vergangenen Tag.</fw><lb/>
meiner Brüder mögen wohl itzt in die&#x017F;em trau-<lb/>
rigen Zu&#x017F;tande den Schreckni&#x017F;&#x017F;en der Nacht<lb/>
entgegen &#x017F;ehen! Ach Gott, erquicke &#x017F;ie, trö&#x017F;te<lb/>
&#x017F;ie, hilf ihnen, geuß Bal&#x017F;am in ihre Wunden<lb/>
und Hoffnung und Zuver&#x017F;icht in ihr Herz.<lb/>
Laß &#x017F;ie mitleidige, gefühlvolle Seelen unter<lb/>
ihren nähern Brüdern finden, die &#x017F;ich ihrer<lb/>
annehmen und ihnen ihre Be&#x017F;chwerden und Lei-<lb/>
den erleichtern!</p><lb/>
              <p>Gott, welche Aus&#x017F;ichten, wenn ich auf den<lb/>
vergangnen Tag zurückblicke! Wie viel Gu-<lb/>
tes und wie viel Bö&#x017F;es i&#x017F;t heute von deinen Ge-<lb/>
&#x017F;chöpfen, den Men&#x017F;chen, gedacht, geredet, be-<lb/>
fördert, verhindert, gethan, entworfen worden!<lb/>
Wie viele Thränen der Liebe und der Freude,<lb/>
und wie viele Thränen des Kummers und des<lb/>
Elends haben nicht heute ihre Augen und ihre<lb/>
Wangen benetzt! Wie viel Dank und Lob,<lb/>
und wie viele Seufzer und Klagen &#x017F;ind nicht<lb/>
heute von der Erde zu dir gen Himmel ge&#x017F;tie-<lb/>
gen! Gott, du &#x017F;ieh&#x017F;t, du höre&#x017F;t, du leite&#x017F;t und<lb/>
regiere&#x017F;t alles, und leite&#x017F;t und regiere&#x017F;t alles<lb/>
zum Be&#x017F;ten. Dich bete ich als den allein Wei-<lb/>
&#x017F;en, als den Allgütigen, demüthig an; auch dann,<lb/>
wenn mich alles verwirret, und Zweifel und<lb/>
Dunkelheit mich von allen Seiten umgeben.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0145] auf den vergangenen Tag. meiner Brüder mögen wohl itzt in dieſem trau- rigen Zuſtande den Schreckniſſen der Nacht entgegen ſehen! Ach Gott, erquicke ſie, tröſte ſie, hilf ihnen, geuß Balſam in ihre Wunden und Hoffnung und Zuverſicht in ihr Herz. Laß ſie mitleidige, gefühlvolle Seelen unter ihren nähern Brüdern finden, die ſich ihrer annehmen und ihnen ihre Beſchwerden und Lei- den erleichtern! Gott, welche Ausſichten, wenn ich auf den vergangnen Tag zurückblicke! Wie viel Gu- tes und wie viel Böſes iſt heute von deinen Ge- ſchöpfen, den Menſchen, gedacht, geredet, be- fördert, verhindert, gethan, entworfen worden! Wie viele Thränen der Liebe und der Freude, und wie viele Thränen des Kummers und des Elends haben nicht heute ihre Augen und ihre Wangen benetzt! Wie viel Dank und Lob, und wie viele Seufzer und Klagen ſind nicht heute von der Erde zu dir gen Himmel geſtie- gen! Gott, du ſiehſt, du höreſt, du leiteſt und regiereſt alles, und leiteſt und regiereſt alles zum Beſten. Dich bete ich als den allein Wei- ſen, als den Allgütigen, demüthig an; auch dann, wenn mich alles verwirret, und Zweifel und Dunkelheit mich von allen Seiten umgeben. Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/145
Zitationshilfe: Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/145>, abgerufen am 21.11.2024.