ihr Verstand und ihr Herz keinen An- theil nehmen könnten.
Doch, ich muß die Classe von Le- sern, die ich mir gedacht und bey meiner Arbeit oft vorgestellt habe, etwas ge- nauer bestimmen.
Durch nachdenkende Christen ver- stehe ich solche, die sich mit dem, bessern oder schlechtern, Unterrichte, den sie in ihrer Kindheit und ersten Jugend erhal- ten haben, nicht befriedigen, die Leh- ren der Kirchengesellschaft, zu welcher sie gehören, nicht blindlings und ohne Prüfung annehmen, sondern über das, was sie gehört, gelesen, gelernt haben, selbst denken, und in der Erkenntniß der Wahrheit immer weiter zu kommen suchen; solche, die vielleicht oft und lange gezweifelt haben, und sich nun mit Weglassung aller streitigen Fragen, aller verschiedenen Meynungen, welche Christen von Christen trennen, blos an das Wesentliche der Religion und des Christenthums, oder an dasjenige hal- ten, was alle Christen gemeinschastlich bekennen und glauben, und sich darinnen
immer
Vorrede.
ihr Verſtand und ihr Herz keinen An- theil nehmen könnten.
Doch, ich muß die Claſſe von Le- ſern, die ich mir gedacht und bey meiner Arbeit oft vorgeſtellt habe, etwas ge- nauer beſtimmen.
Durch nachdenkende Chriſten ver- ſtehe ich ſolche, die ſich mit dem, beſſern oder ſchlechtern, Unterrichte, den ſie in ihrer Kindheit und erſten Jugend erhal- ten haben, nicht befriedigen, die Leh- ren der Kirchengeſellſchaft, zu welcher ſie gehören, nicht blindlings und ohne Prüfung annehmen, ſondern über das, was ſie gehört, geleſen, gelernt haben, ſelbſt denken, und in der Erkenntniß der Wahrheit immer weiter zu kommen ſuchen; ſolche, die vielleicht oft und lange gezweifelt haben, und ſich nun mit Weglaſſung aller ſtreitigen Fragen, aller verſchiedenen Meynungen, welche Chriſten von Chriſten trennen, blos an das Weſentliche der Religion und des Chriſtenthums, oder an dasjenige hal- ten, was alle Chriſten gemeinſchaſtlich bekennen und glauben, und ſich darinnen
immer
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0010"n="IV"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Vorrede</hi>.</fw><lb/>
ihr Verſtand und ihr Herz keinen An-<lb/>
theil nehmen könnten.</p><lb/><p>Doch, ich muß die Claſſe von Le-<lb/>ſern, die ich mir gedacht und bey meiner<lb/>
Arbeit oft vorgeſtellt habe, etwas ge-<lb/>
nauer beſtimmen.</p><lb/><p>Durch <hirendition="#fr">nachdenkende</hi> Chriſten ver-<lb/>ſtehe ich ſolche, die ſich mit dem, beſſern<lb/>
oder ſchlechtern, Unterrichte, den ſie in<lb/>
ihrer Kindheit und erſten Jugend erhal-<lb/>
ten haben, nicht befriedigen, die Leh-<lb/>
ren der Kirchengeſellſchaft, zu welcher<lb/>ſie gehören, nicht blindlings und ohne<lb/>
Prüfung annehmen, ſondern über das,<lb/>
was ſie gehört, geleſen, gelernt haben,<lb/>ſelbſt denken, und in der Erkenntniß der<lb/>
Wahrheit immer weiter zu kommen<lb/>ſuchen; ſolche, die vielleicht oft und<lb/>
lange gezweifelt haben, und ſich nun<lb/>
mit Weglaſſung aller ſtreitigen Fragen,<lb/>
aller verſchiedenen Meynungen, welche<lb/>
Chriſten von Chriſten trennen, blos an<lb/>
das Weſentliche der Religion und des<lb/>
Chriſtenthums, oder an dasjenige hal-<lb/>
ten, was alle Chriſten gemeinſchaſtlich<lb/>
bekennen und glauben, und ſich darinnen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">immer</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[IV/0010]
Vorrede.
ihr Verſtand und ihr Herz keinen An-
theil nehmen könnten.
Doch, ich muß die Claſſe von Le-
ſern, die ich mir gedacht und bey meiner
Arbeit oft vorgeſtellt habe, etwas ge-
nauer beſtimmen.
Durch nachdenkende Chriſten ver-
ſtehe ich ſolche, die ſich mit dem, beſſern
oder ſchlechtern, Unterrichte, den ſie in
ihrer Kindheit und erſten Jugend erhal-
ten haben, nicht befriedigen, die Leh-
ren der Kirchengeſellſchaft, zu welcher
ſie gehören, nicht blindlings und ohne
Prüfung annehmen, ſondern über das,
was ſie gehört, geleſen, gelernt haben,
ſelbſt denken, und in der Erkenntniß der
Wahrheit immer weiter zu kommen
ſuchen; ſolche, die vielleicht oft und
lange gezweifelt haben, und ſich nun
mit Weglaſſung aller ſtreitigen Fragen,
aller verſchiedenen Meynungen, welche
Chriſten von Chriſten trennen, blos an
das Weſentliche der Religion und des
Chriſtenthums, oder an dasjenige hal-
ten, was alle Chriſten gemeinſchaſtlich
bekennen und glauben, und ſich darinnen
immer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/10>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.