Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.I. Der Urstand nach kirchlicher Ueberlieferung. nisten, auch von Dante, laut C. 26 seines "Paradieses", (V. 139ff.), wo er den Adam berichten läßt: "Auf jenem Berge, der am höchsten steigt Hab ich, rein und befleckt, mich sieben Stunden Von früh bis wieder sich die Sonne neigt, Wenn sie im zweiten Viertel steht, befunden". Daß Luther dieser Meinung zwar nicht unbedingt beipflichtete, 1) Luther, in Genes. 2, 2. (Ed. Erlang. I, p. 102). Der Gewährs-
mann, dem Luther hier folgt, ist Alfr. Tostatutus (Quaestt. in Genes. cap. XIII, qu. 606. 607); vgl. Bened. Pererius Comment. in Genes., Colon. 1606, p. 226. I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung. niſten, auch von Dante, laut C. 26 ſeines „Paradieſes‟, (V. 139ff.), wo er den Adam berichten läßt: „Auf jenem Berge, der am höchſten ſteigt Hab ich, rein und befleckt, mich ſieben Stunden Von früh bis wieder ſich die Sonne neigt, Wenn ſie im zweiten Viertel ſteht, befunden‟. Daß Luther dieſer Meinung zwar nicht unbedingt beipflichtete, 1) Luther, in Genes. 2, 2. (Ed. Erlang. I, p. 102). Der Gewährs-
mann, dem Luther hier folgt, iſt Alfr. Toſtatutus (Quaestt. in Genes. cap. XIII, qu. 606. 607); vgl. Bened. Pererius Comment. in Genes., Colon. 1606, p. 226. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="37"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung.</fw><lb/> niſten, auch von Dante, laut C. 26 ſeines „Paradieſes‟, (V. 139<lb/> ff.), wo er den Adam berichten läßt:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Auf jenem Berge, der am höchſten ſteigt</l><lb/> <l>Hab ich, rein und befleckt, mich ſieben Stunden</l><lb/> <l>Von früh bis wieder ſich die Sonne neigt,</l><lb/> <l>Wenn ſie im zweiten Viertel ſteht, befunden‟.</l> </lg><lb/> <p>Daß Luther dieſer Meinung zwar nicht unbedingt beipflichtete,<lb/> aber ihr doch ganz nahe ſtand, zeigt eine Stelle ſeines großen lat.<lb/> Commentars zur Geneſis, wo er es für das Wahrſcheinlichſte er-<lb/> klärt, daß Adam am ſechsten Tage geſchaffen worden ſei, gegen den<lb/> Abend dieſes Tages die Eva zur Lebensgefährtin erhalten habe und<lb/> mit derſelben bis zum Nachmittage des ſiebenten Tags oder Sab-<lb/> baths, wo das göttliche Verbot von ihnen übertreten ward, im<lb/> Paradieſe verweilt ſei.<note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Luther,</hi><hi rendition="#aq">in Genes. 2, 2. (Ed. Erlang. I, p. 102).</hi> Der Gewährs-<lb/> mann, dem Luther hier folgt, iſt Alfr. Toſtatutus (<hi rendition="#aq">Quaestt. in Genes. cap.<lb/> XIII, qu.</hi> 606. 607); vgl. Bened. Pererius <hi rendition="#aq">Comment. in Genes., Colon.<lb/> 1606, p.</hi> 226.</note> — Daß ferner auch jene Joſephusſche An-<lb/> nahme von einem zwar nicht genau beſtimmten, aber jedeufalls<lb/> mehrtägigen Paradieſes-Aufenthalte der Stammeltern Liebhaber in<lb/> der Kirche fand, ergibt ſich aus den ihr beipflichtenden Aeußerungen<lb/> griechiſcher Väter wie Pſeudo-Baſilius (<hi rendition="#aq">De Paradiso</hi>) und Johannes<lb/> von Damaskus. Auch Auguſtin hat dieſer Meinung ſich vorzugs-<lb/> weiſe geneigt ausgeſprochen; deßgleichen Gregor der Große; von<lb/> Späteren z. B. der Jeſuit Pererius, welcher Letztere mit ebenſo<lb/> gelehrtem als ſubtilem Räſonnement und unter Zuſtimmung auch<lb/> einiger Evangeliſcher wie Urſinus, Philipp Nicolai ꝛc. zu zeigen<lb/> ſuchte, der Aufenthalt im Paradieſe müſſe wohl genau acht Tage,<lb/> nämlich vom Schöpfungsfreitag bis zum Sündenfallsfreitag gewährt<lb/> haben. Anders der berühmte Chronologe Erzbiſchof Uſher, der<lb/> Adam und Eva erſt drei Tage nach ihrer Erſchaffung, am 10.<lb/> Tage nach Beginn der Weltſchöpfung, in’s Paradies verſetzt werden,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [37/0047]
I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung.
niſten, auch von Dante, laut C. 26 ſeines „Paradieſes‟, (V. 139
ff.), wo er den Adam berichten läßt:
„Auf jenem Berge, der am höchſten ſteigt
Hab ich, rein und befleckt, mich ſieben Stunden
Von früh bis wieder ſich die Sonne neigt,
Wenn ſie im zweiten Viertel ſteht, befunden‟.
Daß Luther dieſer Meinung zwar nicht unbedingt beipflichtete,
aber ihr doch ganz nahe ſtand, zeigt eine Stelle ſeines großen lat.
Commentars zur Geneſis, wo er es für das Wahrſcheinlichſte er-
klärt, daß Adam am ſechsten Tage geſchaffen worden ſei, gegen den
Abend dieſes Tages die Eva zur Lebensgefährtin erhalten habe und
mit derſelben bis zum Nachmittage des ſiebenten Tags oder Sab-
baths, wo das göttliche Verbot von ihnen übertreten ward, im
Paradieſe verweilt ſei. 1) — Daß ferner auch jene Joſephusſche An-
nahme von einem zwar nicht genau beſtimmten, aber jedeufalls
mehrtägigen Paradieſes-Aufenthalte der Stammeltern Liebhaber in
der Kirche fand, ergibt ſich aus den ihr beipflichtenden Aeußerungen
griechiſcher Väter wie Pſeudo-Baſilius (De Paradiso) und Johannes
von Damaskus. Auch Auguſtin hat dieſer Meinung ſich vorzugs-
weiſe geneigt ausgeſprochen; deßgleichen Gregor der Große; von
Späteren z. B. der Jeſuit Pererius, welcher Letztere mit ebenſo
gelehrtem als ſubtilem Räſonnement und unter Zuſtimmung auch
einiger Evangeliſcher wie Urſinus, Philipp Nicolai ꝛc. zu zeigen
ſuchte, der Aufenthalt im Paradieſe müſſe wohl genau acht Tage,
nämlich vom Schöpfungsfreitag bis zum Sündenfallsfreitag gewährt
haben. Anders der berühmte Chronologe Erzbiſchof Uſher, der
Adam und Eva erſt drei Tage nach ihrer Erſchaffung, am 10.
Tage nach Beginn der Weltſchöpfung, in’s Paradies verſetzt werden,
1) Luther, in Genes. 2, 2. (Ed. Erlang. I, p. 102). Der Gewährs-
mann, dem Luther hier folgt, iſt Alfr. Toſtatutus (Quaestt. in Genes. cap.
XIII, qu. 606. 607); vgl. Bened. Pererius Comment. in Genes., Colon.
1606, p. 226.
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Zitationshilfe: | Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/47>, abgerufen am 27.07.2024. |