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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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Schluß.
eine zunehmende Ausdehnung der Herrschaft des Todes bedingenden
Sündeprincips.

9. Was die Altersfrage oder die Frage nach der Ge-
sammtdauer der Menschheitsgeschichte
betrifft, so ergibt
das weite und tiefe Jneinandergreisen der wenigen langlebigen Erz-
väter-Generationen dem biblischen Berichte zufolge allerdings eine
kaum zwei Jahrtausende umfassende Gesammtlänge des den gegen-
wärtigen kurzlebigen Geschlechtern vorausgegangenen Makrobierthums,
und somit eine nur etwa sechstausendjährige Länge des seit dem
Ursprunge der Menschheit verstrichenen Zeitraums. Aber biblisch-
exegetische und historische Analogien erleichtern die Voraussetzung
eines theilweise fragmentarischen Charakters der beiden Geschlechts-
tafeln der Genesis mit ihren zweimal zehn Patriarchenleben von
Adam bis Abraham, so daß eine Ausgleichung der Chronologie der
Bibel mit derjenigen einer nüchtern zu Werke gehenden Natur-,
Geschichts- und Alterthumsforschung als keineswegs unmöglich, ja
nicht einmal als sehr schwierig erscheint. Uebrigens tritt uns in
dem bei jedem menschlichen Jndividualleben wiederkehrenden Ver-
hältnisse zwischen dem raschen Verlaufe des Kindesalters und dem
weit langsameren Gange der späteren Lebensstufen eine höchst be-
deutsame Analogie zur menschheitlichen Gesammtentwicklung entgegen,
durch welche die exorbitanten Altersschätzungen einer dem Schrift-
glauben entfremdeten Natur- und Geschichtsphilosophie als nicht bloß
mit der geoffenbarten Wahrheit, sondern auch mit den Forderungen
ächter Wissenschaft streitend erwiesen werden.

Es ist dem Allem zufolge der richtig gefaßte Begriff eines
einstigen Kindesalters der Menschheit, in welchem wir den
Schlüssel zum wahren harmonischen Verständnisse dessen, was die
religiöse Ueberlieferung in scheinbarem Widerspruche mit der moder-
nen Forschung über die frühesten religiös-sittlichen wie physischen
Zustände unsres Geschlechts sagt, gefunden zu haben glauben. Als
ein noch völlig schuldfreies, sittlich und physisch intactes, zu absolut
krankheitsfreier und normaler Entwicklung befähigtes Kindlein nach

Schluß.
eine zunehmende Ausdehnung der Herrſchaft des Todes bedingenden
Sündeprincips.

9. Was die Altersfrage oder die Frage nach der Ge-
ſammtdauer der Menſchheitsgeſchichte
betrifft, ſo ergibt
das weite und tiefe Jneinandergreiſen der wenigen langlebigen Erz-
väter-Generationen dem bibliſchen Berichte zufolge allerdings eine
kaum zwei Jahrtauſende umfaſſende Geſammtlänge des den gegen-
wärtigen kurzlebigen Geſchlechtern vorausgegangenen Makrobierthums,
und ſomit eine nur etwa ſechstauſendjährige Länge des ſeit dem
Urſprunge der Menſchheit verſtrichenen Zeitraums. Aber bibliſch-
exegetiſche und hiſtoriſche Analogien erleichtern die Vorausſetzung
eines theilweiſe fragmentariſchen Charakters der beiden Geſchlechts-
tafeln der Geneſis mit ihren zweimal zehn Patriarchenleben von
Adam bis Abraham, ſo daß eine Ausgleichung der Chronologie der
Bibel mit derjenigen einer nüchtern zu Werke gehenden Natur-,
Geſchichts- und Alterthumsforſchung als keineswegs unmöglich, ja
nicht einmal als ſehr ſchwierig erſcheint. Uebrigens tritt uns in
dem bei jedem menſchlichen Jndividualleben wiederkehrenden Ver-
hältniſſe zwiſchen dem raſchen Verlaufe des Kindesalters und dem
weit langſameren Gange der ſpäteren Lebensſtufen eine höchſt be-
deutſame Analogie zur menſchheitlichen Geſammtentwicklung entgegen,
durch welche die exorbitanten Altersſchätzungen einer dem Schrift-
glauben entfremdeten Natur- und Geſchichtsphiloſophie als nicht bloß
mit der geoffenbarten Wahrheit, ſondern auch mit den Forderungen
ächter Wiſſenſchaft ſtreitend erwieſen werden.

Es iſt dem Allem zufolge der richtig gefaßte Begriff eines
einſtigen Kindesalters der Menſchheit, in welchem wir den
Schlüſſel zum wahren harmoniſchen Verſtändniſſe deſſen, was die
religiöſe Ueberlieferung in ſcheinbarem Widerſpruche mit der moder-
nen Forſchung über die früheſten religiös-ſittlichen wie phyſiſchen
Zuſtände unſres Geſchlechts ſagt, gefunden zu haben glauben. Als
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[329/0339] Schluß. eine zunehmende Ausdehnung der Herrſchaft des Todes bedingenden Sündeprincips. 9. Was die Altersfrage oder die Frage nach der Ge- ſammtdauer der Menſchheitsgeſchichte betrifft, ſo ergibt das weite und tiefe Jneinandergreiſen der wenigen langlebigen Erz- väter-Generationen dem bibliſchen Berichte zufolge allerdings eine kaum zwei Jahrtauſende umfaſſende Geſammtlänge des den gegen- wärtigen kurzlebigen Geſchlechtern vorausgegangenen Makrobierthums, und ſomit eine nur etwa ſechstauſendjährige Länge des ſeit dem Urſprunge der Menſchheit verſtrichenen Zeitraums. Aber bibliſch- exegetiſche und hiſtoriſche Analogien erleichtern die Vorausſetzung eines theilweiſe fragmentariſchen Charakters der beiden Geſchlechts- tafeln der Geneſis mit ihren zweimal zehn Patriarchenleben von Adam bis Abraham, ſo daß eine Ausgleichung der Chronologie der Bibel mit derjenigen einer nüchtern zu Werke gehenden Natur-, Geſchichts- und Alterthumsforſchung als keineswegs unmöglich, ja nicht einmal als ſehr ſchwierig erſcheint. Uebrigens tritt uns in dem bei jedem menſchlichen Jndividualleben wiederkehrenden Ver- hältniſſe zwiſchen dem raſchen Verlaufe des Kindesalters und dem weit langſameren Gange der ſpäteren Lebensſtufen eine höchſt be- deutſame Analogie zur menſchheitlichen Geſammtentwicklung entgegen, durch welche die exorbitanten Altersſchätzungen einer dem Schrift- glauben entfremdeten Natur- und Geſchichtsphiloſophie als nicht bloß mit der geoffenbarten Wahrheit, ſondern auch mit den Forderungen ächter Wiſſenſchaft ſtreitend erwieſen werden. Es iſt dem Allem zufolge der richtig gefaßte Begriff eines einſtigen Kindesalters der Menſchheit, in welchem wir den Schlüſſel zum wahren harmoniſchen Verſtändniſſe deſſen, was die religiöſe Ueberlieferung in ſcheinbarem Widerſpruche mit der moder- nen Forſchung über die früheſten religiös-ſittlichen wie phyſiſchen Zuſtände unſres Geſchlechts ſagt, gefunden zu haben glauben. Als ein noch völlig ſchuldfreies, ſittlich und phyſiſch intactes, zu abſolut krankheitsfreier und normaler Entwicklung befähigtes Kindlein nach

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/339>, abgerufen am 23.11.2024.