Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen.
Erwähnung, ohne daß man den Grund erführe, weßhalb er diese
Personen mit Stillschweigen übergieng.1)

Stellen wir uns auf den Standpunkt nicht britisch-insularer,
sondern europäisch-continentaler und überhaupt universaler Beob-
achtung, so werden wir unmöglich leugnen können, daß der hin-
reichend gut bezeugten Beispiele von ungefähr 120--130jährigem
Lebensalter mehrere aus den letzten Jahrhunderten vorliegen, ja
daß einige wenige Berichte über ein noch höher gediehenes Alter
Glauben zu verdienen scheinen. Wir geben gerne die Fälle eines
mehr als 200jährigen Alters preis, welche wenig zuverlässige Be-
richte aus dem Mittelalter oder theilweise noch aus dem 16. Jahr-
hundert bezeugen. So den 361jährigen Johann von Zeiten (Joh.
de Temporibus
), der dem Auctarium Cremifanense zufolge im J.
1138 unter Konrad III. gestorben sein soll, nachdem er in seiner
Jugend Karls des Großen Waffenträger (armiger) gewesen wäre!
So ferner den Bengalesen, der nach dem Zeugnisse des Maffei sich
eines 335jährigen Alters rühmte; die 300jährigen Leute, welche
Laudonnier auf seiner Reise nach Florida in diesem Lande gefunden
haben wollte; den mehr als 300jährigen Eingeborenen der Jnsel
Diu, von welchem der portugiesische Schriftsteller Foria erzählt;
den 210 Jahre alt gewordnen Bischof Auden Evendson von Sta-
vanger in Pontoppidan's "Natürlicher Historie von Norwegen".2)
Jn manchem dieser Fälle mag, was sich überhaupt wohl öfter zu-
trug und noch zuträgt, vorgekommen sein: daß nämlich Vater und
Sohn, oder wohl gar Vater, Sohn und Enkel wegen Gleichheit
des Namens, Wohnorts und Berufs zusammen geworfen und so
identificirt wurden. Es spricht Manches dafür, daß bei mehreren

1) Vgl. bezüglich des letzten dieser Fälle und mehrerer andrer den Aufs. im
"Ausland" 1868, Nr. 9: "Beispiele hohen Lebensalters in Großbritanien" (auf
Grund eines Essay im Quarterly Review).
2) Auctarium Cremifan. ad an. 1138. -- John Ray, L'existence et
la sagesse de Dieu, etc., Utrecht 1714, p.
232. -- Pontoppidan,
Natürl. Historie von Norwegen, Kopenhagen 1753, II, 473.

VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen.
Erwähnung, ohne daß man den Grund erführe, weßhalb er dieſe
Perſonen mit Stillſchweigen übergieng.1)

Stellen wir uns auf den Standpunkt nicht britiſch-inſularer,
ſondern europäiſch-continentaler und überhaupt univerſaler Beob-
achtung, ſo werden wir unmöglich leugnen können, daß der hin-
reichend gut bezeugten Beiſpiele von ungefähr 120—130jährigem
Lebensalter mehrere aus den letzten Jahrhunderten vorliegen, ja
daß einige wenige Berichte über ein noch höher gediehenes Alter
Glauben zu verdienen ſcheinen. Wir geben gerne die Fälle eines
mehr als 200jährigen Alters preis, welche wenig zuverläſſige Be-
richte aus dem Mittelalter oder theilweiſe noch aus dem 16. Jahr-
hundert bezeugen. So den 361jährigen Johann von Zîten (Joh.
de Temporibus
), der dem Auctarium Cremifanenſe zufolge im J.
1138 unter Konrad III. geſtorben ſein ſoll, nachdem er in ſeiner
Jugend Karls des Großen Waffenträger (armiger) geweſen wäre!
So ferner den Bengaleſen, der nach dem Zeugniſſe des Maffei ſich
eines 335jährigen Alters rühmte; die 300jährigen Leute, welche
Laudonnier auf ſeiner Reiſe nach Florida in dieſem Lande gefunden
haben wollte; den mehr als 300jährigen Eingeborenen der Jnſel
Diu, von welchem der portugieſiſche Schriftſteller Foria erzählt;
den 210 Jahre alt gewordnen Biſchof Auden Evendſon von Sta-
vanger in Pontoppidan’s „Natürlicher Hiſtorie von Norwegen‟.2)
Jn manchem dieſer Fälle mag, was ſich überhaupt wohl öfter zu-
trug und noch zuträgt, vorgekommen ſein: daß nämlich Vater und
Sohn, oder wohl gar Vater, Sohn und Enkel wegen Gleichheit
des Namens, Wohnorts und Berufs zuſammen geworfen und ſo
identificirt wurden. Es ſpricht Manches dafür, daß bei mehreren

1) Vgl. bezüglich des letzten dieſer Fälle und mehrerer andrer den Aufſ. im
„Ausland‟ 1868, Nr. 9: „Beiſpiele hohen Lebensalters in Großbritanien‟ (auf
Grund eines Eſſay im Quarterly Review).
2) Auctarium Cremifan. ad an. 1138. — John Ray, L’existence et
la sagesse de Dieu, etc., Utrecht 1714, p.
232. — Pontoppidan,
Natürl. Hiſtorie von Norwegen, Kopenhagen 1753, II, 473.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0263" n="253"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Die Langlebigkeit der Patriarchen.</fw><lb/>
Erwähnung, ohne daß man den Grund erführe, weßhalb er die&#x017F;e<lb/>
Per&#x017F;onen mit Still&#x017F;chweigen übergieng.<note place="foot" n="1)">Vgl. bezüglich des letzten die&#x017F;er Fälle und mehrerer andrer den Auf&#x017F;. im<lb/>
&#x201E;Ausland&#x201F; 1868, Nr. 9: &#x201E;Bei&#x017F;piele hohen Lebensalters in Großbritanien&#x201F; (auf<lb/>
Grund eines E&#x017F;&#x017F;ay im Quarterly Review).</note></p><lb/>
        <p>Stellen wir uns auf den Standpunkt nicht briti&#x017F;ch-in&#x017F;ularer,<lb/>
&#x017F;ondern europäi&#x017F;ch-continentaler und überhaupt univer&#x017F;aler Beob-<lb/>
achtung, &#x017F;o werden wir unmöglich leugnen können, daß der hin-<lb/>
reichend gut bezeugten Bei&#x017F;piele von ungefähr 120&#x2014;130jährigem<lb/>
Lebensalter mehrere aus den letzten Jahrhunderten vorliegen, ja<lb/>
daß einige wenige Berichte über ein noch höher gediehenes Alter<lb/>
Glauben zu verdienen &#x017F;cheinen. Wir geben gerne die Fälle eines<lb/>
mehr als 200jährigen Alters preis, welche wenig zuverlä&#x017F;&#x017F;ige Be-<lb/>
richte aus dem Mittelalter oder theilwei&#x017F;e noch aus dem 16. Jahr-<lb/>
hundert bezeugen. So den 361jährigen Johann von Z<hi rendition="#aq">î</hi>ten (<hi rendition="#aq">Joh.<lb/>
de Temporibus</hi>), der dem Auctarium Cremifanen&#x017F;e zufolge im J.<lb/>
1138 unter Konrad <hi rendition="#aq">III.</hi> ge&#x017F;torben &#x017F;ein &#x017F;oll, nachdem er in &#x017F;einer<lb/>
Jugend Karls des Großen Waffenträger (<hi rendition="#aq">armiger</hi>) gewe&#x017F;en wäre!<lb/>
So ferner den Bengale&#x017F;en, der nach dem Zeugni&#x017F;&#x017F;e des Maffei &#x017F;ich<lb/>
eines 335jährigen Alters rühmte; die 300jährigen Leute, welche<lb/>
Laudonnier auf &#x017F;einer Rei&#x017F;e nach Florida in die&#x017F;em Lande gefunden<lb/>
haben wollte; den mehr als 300jährigen Eingeborenen der Jn&#x017F;el<lb/>
Diu, von welchem der portugie&#x017F;i&#x017F;che Schrift&#x017F;teller Foria erzählt;<lb/>
den 210 Jahre alt gewordnen Bi&#x017F;chof Auden Evend&#x017F;on von Sta-<lb/>
vanger in Pontoppidan&#x2019;s &#x201E;Natürlicher Hi&#x017F;torie von Norwegen&#x201F;.<note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Auctarium Cremifan. ad an.</hi> 1138. &#x2014; John <hi rendition="#g">Ray,</hi> <hi rendition="#aq">L&#x2019;existence et<lb/>
la sagesse de Dieu, etc., Utrecht 1714, p.</hi> 232. &#x2014; <hi rendition="#g">Pontoppidan,</hi><lb/>
Natürl. Hi&#x017F;torie von Norwegen, Kopenhagen 1753, <hi rendition="#aq">II,</hi> 473.</note><lb/>
Jn manchem die&#x017F;er Fälle mag, was &#x017F;ich überhaupt wohl öfter zu-<lb/>
trug und noch zuträgt, vorgekommen &#x017F;ein: daß nämlich Vater und<lb/>
Sohn, oder wohl gar Vater, Sohn und Enkel wegen Gleichheit<lb/>
des Namens, Wohnorts und Berufs zu&#x017F;ammen geworfen und &#x017F;o<lb/>
identificirt wurden. Es &#x017F;pricht Manches dafür, daß bei mehreren<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0263] VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen. Erwähnung, ohne daß man den Grund erführe, weßhalb er dieſe Perſonen mit Stillſchweigen übergieng. 1) Stellen wir uns auf den Standpunkt nicht britiſch-inſularer, ſondern europäiſch-continentaler und überhaupt univerſaler Beob- achtung, ſo werden wir unmöglich leugnen können, daß der hin- reichend gut bezeugten Beiſpiele von ungefähr 120—130jährigem Lebensalter mehrere aus den letzten Jahrhunderten vorliegen, ja daß einige wenige Berichte über ein noch höher gediehenes Alter Glauben zu verdienen ſcheinen. Wir geben gerne die Fälle eines mehr als 200jährigen Alters preis, welche wenig zuverläſſige Be- richte aus dem Mittelalter oder theilweiſe noch aus dem 16. Jahr- hundert bezeugen. So den 361jährigen Johann von Zîten (Joh. de Temporibus), der dem Auctarium Cremifanenſe zufolge im J. 1138 unter Konrad III. geſtorben ſein ſoll, nachdem er in ſeiner Jugend Karls des Großen Waffenträger (armiger) geweſen wäre! So ferner den Bengaleſen, der nach dem Zeugniſſe des Maffei ſich eines 335jährigen Alters rühmte; die 300jährigen Leute, welche Laudonnier auf ſeiner Reiſe nach Florida in dieſem Lande gefunden haben wollte; den mehr als 300jährigen Eingeborenen der Jnſel Diu, von welchem der portugieſiſche Schriftſteller Foria erzählt; den 210 Jahre alt gewordnen Biſchof Auden Evendſon von Sta- vanger in Pontoppidan’s „Natürlicher Hiſtorie von Norwegen‟. 2) Jn manchem dieſer Fälle mag, was ſich überhaupt wohl öfter zu- trug und noch zuträgt, vorgekommen ſein: daß nämlich Vater und Sohn, oder wohl gar Vater, Sohn und Enkel wegen Gleichheit des Namens, Wohnorts und Berufs zuſammen geworfen und ſo identificirt wurden. Es ſpricht Manches dafür, daß bei mehreren 1) Vgl. bezüglich des letzten dieſer Fälle und mehrerer andrer den Aufſ. im „Ausland‟ 1868, Nr. 9: „Beiſpiele hohen Lebensalters in Großbritanien‟ (auf Grund eines Eſſay im Quarterly Review). 2) Auctarium Cremifan. ad an. 1138. — John Ray, L’existence et la sagesse de Dieu, etc., Utrecht 1714, p. 232. — Pontoppidan, Natürl. Hiſtorie von Norwegen, Kopenhagen 1753, II, 473.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/263
Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/263>, abgerufen am 22.11.2024.