Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
Wenn aber ein verlohrnes Kind, Vom Tod erwacht, sich krümmt und windt, Und sieht das Böse böse an, Und glaubet, daß es sonst nichts kan, Verzagt an sich, es geht ihm aber nah, Kaum sieht sichs um, so steht der Heyland da. Wie geht dirs? O es geht nicht gut! Jch liege hie in meinem Blut; Da spricht der Seelen-Freund: Mein Sohn! Nimm hin die Absolution, Und sieh mich an, und glaub und stehe auf, Und frene dich, und zieh dich an und lauf. Die Seele kriegt den neuen Geist, Sie glaubt und thut, was JEsus heist, Sie sieht das Lamm mit Augen an, Die kein erfahrnes leugnen kan. Steht auf, bekommt ein unsichtbar Gewand, Und ist auf einmahl mit dem Lamm bekannt. Die Schaam, die Beugung und die Krafft, Die machen gleichsam Schwesterschafft, Und schließen sich ins Hertze ein, Und wollen nicht getrennet seyn; Da geht kein guter Wille mehr zurück, Denn ihre Arbeit ist ein ewigs Glück. Erst heist der Freund die Seele ruhn, Denn essen, und darnach was thun, Da steiffet sie die Glaubens-Krafft Zu einer treuen Ritterschafft, Sie thut, und wenn sie denn ihr Werck gethan, Denckt sie gemeiniglich nicht weiter dran. Und würde sie ja irgend wo Der eignen Gnaden-Arbeit froh, So (*) Er bessert sich würcklich. U 3
Wenn aber ein verlohrnes Kind, Vom Tod erwacht, ſich kruͤmmt und windt, Und ſieht das Boͤſe boͤſe an, Und glaubet, daß es ſonſt nichts kan, Verzagt an ſich, es geht ihm aber nah, Kaum ſieht ſichs um, ſo ſteht der Heyland da. Wie geht dirs? O es geht nicht gut! Jch liege hie in meinem Blut; Da ſpricht der Seelen-Freund: Mein Sohn! Nimm hin die Abſolution, Und ſieh mich an, und glaub und ſtehe auf, Und frene dich, und zieh dich an und lauf. Die Seele kriegt den neuen Geiſt, Sie glaubt und thut, was JEſus heiſt, Sie ſieht das Lamm mit Augen an, Die kein erfahrnes leugnen kan. Steht auf, bekommt ein unſichtbar Gewand, Und iſt auf einmahl mit dem Lamm bekannt. Die Schaam, die Beugung und die Krafft, Die machen gleichſam Schweſterſchafft, Und ſchließen ſich ins Hertze ein, Und wollen nicht getrennet ſeyn; Da geht kein guter Wille mehr zuruͤck, Denn ihre Arbeit iſt ein ewigs Gluͤck. Erſt heiſt der Freund die Seele ruhn, Denn eſſen, und darnach was thun, Da ſteiffet ſie die Glaubens-Krafft Zu einer treuen Ritterſchafft, Sie thut, und wenn ſie denn ihr Werck gethan, Denckt ſie gemeiniglich nicht weiter dran. Und wuͤrde ſie ja irgend wo Der eignen Gnaden-Arbeit froh, So (*) Er beſſert ſich wuͤrcklich. U 3
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1734.
Und thut nicht, was er ſonſt gethan, (*)
Und muͤht ſich ſelber viel und mancherley,
Der lernet nie was ein Erloͤſer ſey.
Wenn aber ein verlohrnes Kind,
Vom Tod erwacht, ſich kruͤmmt und windt,
Und ſieht das Boͤſe boͤſe an,
Und glaubet, daß es ſonſt nichts kan,
Verzagt an ſich, es geht ihm aber nah,
Kaum ſieht ſichs um, ſo ſteht der Heyland da.
Wie geht dirs? O es geht nicht gut!
Jch liege hie in meinem Blut;
Da ſpricht der Seelen-Freund: Mein Sohn!
Nimm hin die Abſolution,
Und ſieh mich an, und glaub und ſtehe auf,
Und frene dich, und zieh dich an und lauf.
Die Seele kriegt den neuen Geiſt,
Sie glaubt und thut, was JEſus heiſt,
Sie ſieht das Lamm mit Augen an,
Die kein erfahrnes leugnen kan.
Steht auf, bekommt ein unſichtbar Gewand,
Und iſt auf einmahl mit dem Lamm bekannt.
Die Schaam, die Beugung und die Krafft,
Die machen gleichſam Schweſterſchafft,
Und ſchließen ſich ins Hertze ein,
Und wollen nicht getrennet ſeyn;
Da geht kein guter Wille mehr zuruͤck,
Denn ihre Arbeit iſt ein ewigs Gluͤck.
Erſt heiſt der Freund die Seele ruhn,
Denn eſſen, und darnach was thun,
Da ſteiffet ſie die Glaubens-Krafft
Zu einer treuen Ritterſchafft,
Sie thut, und wenn ſie denn ihr Werck gethan,
Denckt ſie gemeiniglich nicht weiter dran.
Und wuͤrde ſie ja irgend wo
Der eignen Gnaden-Arbeit froh,
So
(*) Er beſſert ſich wuͤrcklich.
U 3
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