Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
Ein heiliger und reiner Geist, Und was man einen Heilgen heist, Sind vor dem HErrn der Creatur, Und vor dem Meister der Natur Von keinem andern Zeuge, als ein Blat Das auch sein Wesen von dem Schöpffer hat. Auch ist ein Rath der Ewigkeit Viel älter als die graue Zeit, Und wer den Rathschluß meistern will, Muß Satan seyn, sonst schweigt er still, Ein Töpffer macht aus einem allerley, Und das ists, was er machet, daß es sey. Das Leben ist von oben her, Der Tod ist auch nicht ohngefähr, Darzu verdammet das Gericht, Das Hertze GOttes aber nicht, Wer GOttes Wesen weiß, weiß seinen Tod, Wers Hertze kennt, der ist aus aller Noth. Wir sehen wohl die Geister nicht, Die erst die Sünde angericht; Doch sehe sich nur jederman, Der bey sich selbst ist, selber an. Wenn keine Sünde in der Menschheit wär, Wo hätten ich und er die Sünde her. Wie weislich ist der Rath bestellt, Der Rath der Wächter aller Welt, Das meiste ist nicht offenbahr, Und was man weiß ist Sonnen-klar, Die Thorheit fragt den HErrn: Was machest du? Die Weißheit glaubt und denckt; Du Liebe du! Gelobet sey das Lebens-Buch Vor dem verhüllt in Mosis Tuch, Mit sieben Siegeln zugemacht, Biß man das Lamm herzugebracht, Das U 2
Ein heiliger und reiner Geiſt, Und was man einen Heilgen heiſt, Sind vor dem HErrn der Creatur, Und vor dem Meiſter der Natur Von keinem andern Zeuge, als ein Blat Das auch ſein Weſen von dem Schoͤpffer hat. Auch iſt ein Rath der Ewigkeit Viel aͤlter als die graue Zeit, Und wer den Rathſchluß meiſtern will, Muß Satan ſeyn, ſonſt ſchweigt er ſtill, Ein Toͤpffer macht aus einem allerley, Und das iſts, was er machet, daß es ſey. Das Leben iſt von oben her, Der Tod iſt auch nicht ohngefaͤhr, Darzu verdammet das Gericht, Das Hertze GOttes aber nicht, Wer GOttes Weſen weiß, weiß ſeinen Tod, Wers Hertze kennt, der iſt aus aller Noth. Wir ſehen wohl die Geiſter nicht, Die erſt die Suͤnde angericht; Doch ſehe ſich nur jederman, Der bey ſich ſelbſt iſt, ſelber an. Wenn keine Suͤnde in der Menſchheit waͤr, Wo haͤtten ich und er die Suͤnde her. Wie weislich iſt der Rath beſtellt, Der Rath der Waͤchter aller Welt, Das meiſte iſt nicht offenbahr, Und was man weiß iſt Sonnen-klar, Die Thorheit fragt den HErrn: Was macheſt du? Die Weißheit glaubt und denckt; Du Liebe du! Gelobet ſey das Lebens-Buch Vor dem verhuͤllt in Moſis Tuch, Mit ſieben Siegeln zugemacht, Biß man das Lamm herzugebracht, Das U 2
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1734.
Und ſich in allem ſelber helffen kan,
Der iſt ein blinder und ein tauber Mann.
Ein heiliger und reiner Geiſt,
Und was man einen Heilgen heiſt,
Sind vor dem HErrn der Creatur,
Und vor dem Meiſter der Natur
Von keinem andern Zeuge, als ein Blat
Das auch ſein Weſen von dem Schoͤpffer hat.
Auch iſt ein Rath der Ewigkeit
Viel aͤlter als die graue Zeit,
Und wer den Rathſchluß meiſtern will,
Muß Satan ſeyn, ſonſt ſchweigt er ſtill,
Ein Toͤpffer macht aus einem allerley,
Und das iſts, was er machet, daß es ſey.
Das Leben iſt von oben her,
Der Tod iſt auch nicht ohngefaͤhr,
Darzu verdammet das Gericht,
Das Hertze GOttes aber nicht,
Wer GOttes Weſen weiß, weiß ſeinen Tod,
Wers Hertze kennt, der iſt aus aller Noth.
Wir ſehen wohl die Geiſter nicht,
Die erſt die Suͤnde angericht;
Doch ſehe ſich nur jederman,
Der bey ſich ſelbſt iſt, ſelber an.
Wenn keine Suͤnde in der Menſchheit waͤr,
Wo haͤtten ich und er die Suͤnde her.
Wie weislich iſt der Rath beſtellt,
Der Rath der Waͤchter aller Welt,
Das meiſte iſt nicht offenbahr,
Und was man weiß iſt Sonnen-klar,
Die Thorheit fragt den HErrn: Was macheſt du?
Die Weißheit glaubt und denckt; Du Liebe du!
Gelobet ſey das Lebens-Buch
Vor dem verhuͤllt in Moſis Tuch,
Mit ſieben Siegeln zugemacht,
Biß man das Lamm herzugebracht,
Das
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Zitationshilfe: | Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/317>, abgerufen am 25.07.2024. |