Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

1721.


Der ist mein weisser Freund:
Eins sind wir beyde.

Da solte ich vor mich
Nichts Gutes hoffen?
Wer so besteht, wie ich,
Der hats getroffen.
Jch war ein Sünden-Kind,
Wie andre Sünder:
Allein, ich überwind
Jm Uberwinder.
Jch bin an seinem Stamm
Hinan gedehnet:
Er ist das reine Lamm,
Das GOtt versöhnet.
O Lamm, vergönne mir
Dich zu begleiten!
Mein Mann, ich weiche dir
Nicht von der Seiten.
Jch sehe schon hinein
Jn deine Wonne:
Hie blitzt der klare Schein
Von Salems Sonne.
Wie mancher stehet da
Jn reiner Seide:
Wie ist dir der so nah
Jm weißen Kleide!
Den hielt man in der Welt
Vor einen Narren,
Der dort im Ruhe-Zelt
Zog lang im Karren.
Wie seuffzte deine Magd
Jm Krancken-Bette!
Wie offt hat sie gesagt:
Wer Flügel hätte!
Und ietzo seh ich sie
Mit Palmen-Zweigen,
Be-
B 2

1721.


Der iſt mein weiſſer Freund:
Eins ſind wir beyde.

Da ſolte ich vor mich
Nichts Gutes hoffen?
Wer ſo beſteht, wie ich,
Der hats getroffen.
Jch war ein Suͤnden-Kind,
Wie andre Suͤnder:
Allein, ich uͤberwind
Jm Uberwinder.
Jch bin an ſeinem Stamm
Hinan gedehnet:
Er iſt das reine Lamm,
Das GOtt verſoͤhnet.
O Lamm, vergoͤnne mir
Dich zu begleiten!
Mein Mann, ich weiche dir
Nicht von der Seiten.
Jch ſehe ſchon hinein
Jn deine Wonne:
Hie blitzt der klare Schein
Von Salems Sonne.
Wie mancher ſtehet da
Jn reiner Seide:
Wie iſt dir der ſo nah
Jm weißen Kleide!
Den hielt man in der Welt
Vor einen Narren,
Der dort im Ruhe-Zelt
Zog lang im Karren.
Wie ſeuffzte deine Magd
Jm Krancken-Bette!
Wie offt hat ſie geſagt:
Wer Fluͤgel haͤtte!
Und ietzo ſeh ich ſie
Mit Palmen-Zweigen,
Be-
B 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <lg n="37">
            <l><pb facs="#f0029" n="19"/><fw place="top" type="header">1721.</fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Der i&#x017F;t mein wei&#x017F;&#x017F;er Freund:</l><lb/>
            <l>Eins &#x017F;ind wir beyde.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="38">
            <l>Da &#x017F;olte ich vor mich</l><lb/>
            <l>Nichts Gutes hoffen?</l><lb/>
            <l>Wer &#x017F;o be&#x017F;teht, wie ich,</l><lb/>
            <l>Der hats getroffen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="39">
            <l>Jch war ein Su&#x0364;nden-Kind,</l><lb/>
            <l>Wie andre Su&#x0364;nder:</l><lb/>
            <l>Allein, ich u&#x0364;berwind</l><lb/>
            <l>Jm Uberwinder.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="40">
            <l>Jch bin an &#x017F;einem Stamm</l><lb/>
            <l>Hinan gedehnet:</l><lb/>
            <l>Er i&#x017F;t das reine Lamm,</l><lb/>
            <l>Das GOtt ver&#x017F;o&#x0364;hnet.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="41">
            <l>O Lamm, vergo&#x0364;nne mir</l><lb/>
            <l>Dich zu begleiten!</l><lb/>
            <l>Mein Mann, ich weiche dir</l><lb/>
            <l>Nicht von der Seiten.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="42">
            <l>Jch &#x017F;ehe &#x017F;chon hinein</l><lb/>
            <l>Jn deine Wonne:</l><lb/>
            <l>Hie blitzt der klare Schein</l><lb/>
            <l>Von Salems Sonne.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="43">
            <l>Wie mancher &#x017F;tehet da</l><lb/>
            <l>Jn reiner Seide:</l><lb/>
            <l>Wie i&#x017F;t dir der &#x017F;o nah</l><lb/>
            <l>Jm weißen Kleide!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="44">
            <l>Den hielt man in der Welt</l><lb/>
            <l>Vor einen Narren,</l><lb/>
            <l>Der dort im Ruhe-Zelt</l><lb/>
            <l>Zog lang im Karren.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="45">
            <l>Wie &#x017F;euffzte deine Magd</l><lb/>
            <l>Jm Krancken-Bette!</l><lb/>
            <l>Wie offt hat &#x017F;ie ge&#x017F;agt:</l><lb/>
            <l>Wer Flu&#x0364;gel ha&#x0364;tte!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="46">
            <l>Und ietzo &#x017F;eh ich &#x017F;ie</l><lb/>
            <l>Mit Palmen-Zweigen,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Be-</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0029] 1721. Der iſt mein weiſſer Freund: Eins ſind wir beyde. Da ſolte ich vor mich Nichts Gutes hoffen? Wer ſo beſteht, wie ich, Der hats getroffen. Jch war ein Suͤnden-Kind, Wie andre Suͤnder: Allein, ich uͤberwind Jm Uberwinder. Jch bin an ſeinem Stamm Hinan gedehnet: Er iſt das reine Lamm, Das GOtt verſoͤhnet. O Lamm, vergoͤnne mir Dich zu begleiten! Mein Mann, ich weiche dir Nicht von der Seiten. Jch ſehe ſchon hinein Jn deine Wonne: Hie blitzt der klare Schein Von Salems Sonne. Wie mancher ſtehet da Jn reiner Seide: Wie iſt dir der ſo nah Jm weißen Kleide! Den hielt man in der Welt Vor einen Narren, Der dort im Ruhe-Zelt Zog lang im Karren. Wie ſeuffzte deine Magd Jm Krancken-Bette! Wie offt hat ſie geſagt: Wer Fluͤgel haͤtte! Und ietzo ſeh ich ſie Mit Palmen-Zweigen, Be- B 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/29
Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/29>, abgerufen am 25.11.2024.