Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
Mensch, du einger Mensch in Gnaden, Mache uns zu dir ein Hertz: Artzt, erstatte allen Schaden, Salbe! zeitige den Schmertz. Bild des unsichtbaren GOttes, Mach uns deinem Bilde gleich, Stirn voll frevelhafften Spottes, Mach uns hart, wir sind zu weich. Vater derer Ewigkeiten, Baue uns ein bleibend Hauß, Schöpffer aller guten Zeiten, Kauffe uns die Stunden aus. Kind, in deine Wiegen-Bande Wickle unsre Großheit ein, Und laß sie zur ew'gen Schande Vor dir aufgehencket seyn. Saame, fall ins Hertzens Höhlen, Wenn sie recht erwärmet seyn, Zur Empfängniß vieler Seelen, Fruchtbar und empfindlich ein. Laß dich inniglich umfangen, Theure Liebe, tausendmahl, Dein erbarmendes Verlangen Zieht die Seelen ohne Zahl. Schönster, deiner Augen Blitzen Schmeltzt die Unempfindlichkeit, Seelen-Schatz, laß dich besitzen, Unsre Armuth gehet weit. Guter Freund gönn' unserm Klagen Jmmerdar ein leises Ohr, Und bring alle unsre Plagen Deinem GOtt beweglich vor. Führst du gleich das Steuer-Ruder Der gestirnten Monarchie, Bist
Menſch, du einger Menſch in Gnaden, Mache uns zu dir ein Hertz: Artzt, erſtatte allen Schaden, Salbe! zeitige den Schmertz. Bild des unſichtbaren GOttes, Mach uns deinem Bilde gleich, Stirn voll frevelhafften Spottes, Mach uns hart, wir ſind zu weich. Vater derer Ewigkeiten, Baue uns ein bleibend Hauß, Schoͤpffer aller guten Zeiten, Kauffe uns die Stunden aus. Kind, in deine Wiegen-Bande Wickle unſre Großheit ein, Und laß ſie zur ew’gen Schande Vor dir aufgehencket ſeyn. Saame, fall ins Hertzens Hoͤhlen, Wenn ſie recht erwaͤrmet ſeyn, Zur Empfaͤngniß vieler Seelen, Fruchtbar und empfindlich ein. Laß dich inniglich umfangen, Theure Liebe, tauſendmahl, Dein erbarmendes Verlangen Zieht die Seelen ohne Zahl. Schoͤnſter, deiner Augen Blitzen Schmeltzt die Unempfindlichkeit, Seelen-Schatz, laß dich beſitzen, Unſre Armuth gehet weit. Guter Freund goͤnn’ unſerm Klagen Jmmerdar ein leiſes Ohr, Und bring alle unſre Plagen Deinem GOtt beweglich vor. Fuͤhrſt du gleich das Steuer-Ruder Der geſtirnten Monarchie, Biſt
<TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <lg n="94"> <l> <pb facs="#f0276" n="266"/> <fw place="top" type="header">1733.</fw> </l><lb/> <l>Schaff, o <hi rendition="#fr">Anfang der Naturen,</hi></l><lb/> <l>Uns zum Werck in GOtt gethan.</l> </lg><lb/> <lg n="95"> <l><hi rendition="#fr">Menſch,</hi> du einger Menſch in Gnaden,</l><lb/> <l>Mache uns zu dir ein Hertz:<lb/><hi rendition="#fr">Artzt,</hi> erſtatte allen Schaden,<lb/><hi rendition="#fr">Salbe!</hi> zeitige den Schmertz.</l> </lg><lb/> <lg n="96"> <l><hi rendition="#fr">Bild</hi> des unſichtbaren GOttes,</l><lb/> <l>Mach uns deinem Bilde gleich,<lb/><hi rendition="#fr">Stirn</hi> voll frevelhafften Spottes,</l><lb/> <l>Mach uns hart, wir ſind zu weich.</l> </lg><lb/> <lg n="97"> <l> <hi rendition="#fr">Vater derer Ewigkeiten,</hi> </l><lb/> <l>Baue uns ein bleibend Hauß,<lb/><hi rendition="#fr">Schoͤpffer aller guten Zeiten,</hi></l><lb/> <l>Kauffe uns die Stunden aus.</l> </lg><lb/> <lg n="98"> <l><hi rendition="#fr">Kind,</hi> in deine Wiegen-Bande</l><lb/> <l>Wickle unſre Großheit ein,</l><lb/> <l>Und laß ſie zur ew’gen Schande</l><lb/> <l>Vor dir aufgehencket ſeyn.</l> </lg><lb/> <lg n="99"> <l><hi rendition="#fr">Saame,</hi> fall ins Hertzens Hoͤhlen,</l><lb/> <l>Wenn ſie recht erwaͤrmet ſeyn,</l><lb/> <l>Zur Empfaͤngniß vieler Seelen,</l><lb/> <l>Fruchtbar und empfindlich ein.</l> </lg><lb/> <lg n="100"> <l>Laß dich inniglich umfangen,</l><lb/> <l>Theure <hi rendition="#fr">Liebe,</hi> tauſendmahl,</l><lb/> <l>Dein <hi rendition="#fr">erbarmendes</hi> Verlangen</l><lb/> <l>Zieht die Seelen ohne Zahl.</l> </lg><lb/> <lg n="101"> <l><hi rendition="#fr">Schoͤnſter,</hi> deiner Augen Blitzen</l><lb/> <l>Schmeltzt die Unempfindlichkeit,<lb/><hi rendition="#fr">Seelen-Schatz,</hi> laß dich beſitzen,</l><lb/> <l>Unſre Armuth gehet weit.</l> </lg><lb/> <lg n="102"> <l>Guter <hi rendition="#fr">Freund</hi> goͤnn’ unſerm Klagen</l><lb/> <l>Jmmerdar ein leiſes Ohr,</l><lb/> <l>Und bring alle unſre Plagen</l><lb/> <l>Deinem GOtt beweglich vor.</l> </lg><lb/> <lg n="103"> <l>Fuͤhrſt du gleich das Steuer-Ruder</l><lb/> <l>Der geſtirnten Monarchie,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Biſt</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [266/0276]
1733.
Schaff, o Anfang der Naturen,
Uns zum Werck in GOtt gethan.
Menſch, du einger Menſch in Gnaden,
Mache uns zu dir ein Hertz:
Artzt, erſtatte allen Schaden,
Salbe! zeitige den Schmertz.
Bild des unſichtbaren GOttes,
Mach uns deinem Bilde gleich,
Stirn voll frevelhafften Spottes,
Mach uns hart, wir ſind zu weich.
Vater derer Ewigkeiten,
Baue uns ein bleibend Hauß,
Schoͤpffer aller guten Zeiten,
Kauffe uns die Stunden aus.
Kind, in deine Wiegen-Bande
Wickle unſre Großheit ein,
Und laß ſie zur ew’gen Schande
Vor dir aufgehencket ſeyn.
Saame, fall ins Hertzens Hoͤhlen,
Wenn ſie recht erwaͤrmet ſeyn,
Zur Empfaͤngniß vieler Seelen,
Fruchtbar und empfindlich ein.
Laß dich inniglich umfangen,
Theure Liebe, tauſendmahl,
Dein erbarmendes Verlangen
Zieht die Seelen ohne Zahl.
Schoͤnſter, deiner Augen Blitzen
Schmeltzt die Unempfindlichkeit,
Seelen-Schatz, laß dich beſitzen,
Unſre Armuth gehet weit.
Guter Freund goͤnn’ unſerm Klagen
Jmmerdar ein leiſes Ohr,
Und bring alle unſre Plagen
Deinem GOtt beweglich vor.
Fuͤhrſt du gleich das Steuer-Ruder
Der geſtirnten Monarchie,
Biſt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |