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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1730.

Das nach dem Leben ausgespannt,
Es augenblicklich hingenommen.
Zwar faßt sich Fleisch und Blut
Zuweilen einen Muth
Und greift; allein es greift nach Schatten,
Und wenn es nicht gleich hat,
So wird es balde matt,
Denn es hat keine Kraft zum Gatten.

Die eigentlich genannte Kraft,
Entstehet neben dem Ergreiffen,
Und kan die gantze Heldenschaft,
Sich auf dieselbe sicher steiffen:
Denn Blitz und Schlag ist hier vereint,
Und was sich vom verborgnen Banne
Auch noch so starck zu machen meynt,
Das haut sie rüstig in die Pfanne,
Die gantze eigne Kraft,
Wird von ihr weggeschaft,
Denn kaum daß sich der Streit erhitzet,
So liegt sie ohne Macht,
Und wird nur ausgelacht,
Die Kraft ist um und um geschützet.
Den Dünckel thut die Kraft in Bann,
Und will von keinem Schwachseyn wissen.
Der Durchbruch ist ihr Flügel-Mann,
Mit dem sie immer durchgerissen,
Die Klüfte werden eingestürtzt,
Die Felsen werden unterfahren,
Der Höhen Gipfel abgekürtzt,
Der Feind getrennt mit seinen Schaaren,
Die eigene Natur
Verliert hier Bahn und Spur,
Das Ubertäuben hemmt die Feinde,
Doch sie erhohlen sich,
Und handeln listiglich,
Vernunft und Fleisch sind leichtlich Freunde.
Nun

1730.

Das nach dem Leben ausgeſpannt,
Es augenblicklich hingenommen.
Zwar faßt ſich Fleiſch und Blut
Zuweilen einen Muth
Und greift; allein es greift nach Schatten,
Und wenn es nicht gleich hat,
So wird es balde matt,
Denn es hat keine Kraft zum Gatten.

Die eigentlich genannte Kraft,
Entſtehet neben dem Ergreiffen,
Und kan die gantze Heldenſchaft,
Sich auf dieſelbe ſicher ſteiffen:
Denn Blitz und Schlag iſt hier vereint,
Und was ſich vom verborgnen Banne
Auch noch ſo ſtarck zu machen meynt,
Das haut ſie ruͤſtig in die Pfanne,
Die gantze eigne Kraft,
Wird von ihr weggeſchaft,
Denn kaum daß ſich der Streit erhitzet,
So liegt ſie ohne Macht,
Und wird nur ausgelacht,
Die Kraft iſt um und um geſchuͤtzet.
Den Duͤnckel thut die Kraft in Bann,
Und will von keinem Schwachſeyn wiſſen.
Der Durchbruch iſt ihr Fluͤgel-Mann,
Mit dem ſie immer durchgeriſſen,
Die Kluͤfte werden eingeſtuͤrtzt,
Die Felſen werden unterfahren,
Der Hoͤhen Gipfel abgekuͤrtzt,
Der Feind getrennt mit ſeinen Schaaren,
Die eigene Natur
Verliert hier Bahn und Spur,
Das Ubertaͤuben hemmt die Feinde,
Doch ſie erhohlen ſich,
Und handeln liſtiglich,
Vernunft und Fleiſch ſind leichtlich Freunde.
Nun
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[226/0236] 1730. Das nach dem Leben ausgeſpannt, Es augenblicklich hingenommen. Zwar faßt ſich Fleiſch und Blut Zuweilen einen Muth Und greift; allein es greift nach Schatten, Und wenn es nicht gleich hat, So wird es balde matt, Denn es hat keine Kraft zum Gatten. Die eigentlich genannte Kraft, Entſtehet neben dem Ergreiffen, Und kan die gantze Heldenſchaft, Sich auf dieſelbe ſicher ſteiffen: Denn Blitz und Schlag iſt hier vereint, Und was ſich vom verborgnen Banne Auch noch ſo ſtarck zu machen meynt, Das haut ſie ruͤſtig in die Pfanne, Die gantze eigne Kraft, Wird von ihr weggeſchaft, Denn kaum daß ſich der Streit erhitzet, So liegt ſie ohne Macht, Und wird nur ausgelacht, Die Kraft iſt um und um geſchuͤtzet. Den Duͤnckel thut die Kraft in Bann, Und will von keinem Schwachſeyn wiſſen. Der Durchbruch iſt ihr Fluͤgel-Mann, Mit dem ſie immer durchgeriſſen, Die Kluͤfte werden eingeſtuͤrtzt, Die Felſen werden unterfahren, Der Hoͤhen Gipfel abgekuͤrtzt, Der Feind getrennt mit ſeinen Schaaren, Die eigene Natur Verliert hier Bahn und Spur, Das Ubertaͤuben hemmt die Feinde, Doch ſie erhohlen ſich, Und handeln liſtiglich, Vernunft und Fleiſch ſind leichtlich Freunde. Nun

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/236>, abgerufen am 25.11.2024.