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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1720.


Viele junge Leute lauffen
Jn der Jugend-Hitze fort;
Und man lässet sie verschnauffen,
(Das ist ein gemeines Wort:)
Aber, seht! die meiste Jugend!
Sie versäumt die Zeit der Tugend,
Manchen, eh er ausgeschnaubt,
Hat ein jäher Tod geraubt.
So ist schwerlich zu errathen,
Ob der lieben Alten Schaar,
Die den HErrn um Kinder baten,
Jhr nicht selbst zuwider war?
Und ob der nicht glücklich heisset,
Den der HErr von hinnen reisset?
Eh er sich ins Weite irrt,
Und der Welt recht inne wird.
Aber meine Sinnen blicken
Jetzo in ein ander Feld
Da sich junge Pflantzen schicken,
Wies der Gärtner dienlich hält,
Welche ihm sein mühsam Frohnen
Mit der schönsten Blüthe lohnen;
Diese zeigen sattsam an,
Was ein treuer Gärtner kan.
Als ich auf dem Krancken-Bette
Jn der Ungewißheit lag,
Was ich zu erfahren hätte?
Kam ein aufgeklärter Tag:
Da mir eines Gärtners Name
Unverhofft zu Ohren kame,
Welcher seiner Pflantze Preiß
Jederman zu sagen weiß.
Jhr beglückten Gärtners-Hände,
Deren Tage-Werck und That,
Biß zu dem erwünschten Ende,
Sich geschickt erwiesen hat:
Wie möcht ihr den Thau von oben
Mit
1720.


Viele junge Leute lauffen
Jn der Jugend-Hitze fort;
Und man laͤſſet ſie verſchnauffen,
(Das iſt ein gemeines Wort:)
Aber, ſeht! die meiſte Jugend!
Sie verſaͤumt die Zeit der Tugend,
Manchen, eh er ausgeſchnaubt,
Hat ein jaͤher Tod geraubt.
So iſt ſchwerlich zu errathen,
Ob der lieben Alten Schaar,
Die den HErrn um Kinder baten,
Jhr nicht ſelbſt zuwider war?
Und ob der nicht gluͤcklich heiſſet,
Den der HErr von hinnen reiſſet?
Eh er ſich ins Weite irrt,
Und der Welt recht inne wird.
Aber meine Sinnen blicken
Jetzo in ein ander Feld
Da ſich junge Pflantzen ſchicken,
Wies der Gaͤrtner dienlich haͤlt,
Welche ihm ſein muͤhſam Frohnen
Mit der ſchoͤnſten Bluͤthe lohnen;
Dieſe zeigen ſattſam an,
Was ein treuer Gaͤrtner kan.
Als ich auf dem Krancken-Bette
Jn der Ungewißheit lag,
Was ich zu erfahren haͤtte?
Kam ein aufgeklaͤrter Tag:
Da mir eines Gaͤrtners Name
Unverhofft zu Ohren kame,
Welcher ſeiner Pflantze Preiß
Jederman zu ſagen weiß.
Jhr begluͤckten Gaͤrtners-Haͤnde,
Deren Tage-Werck und That,
Biß zu dem erwuͤnſchten Ende,
Sich geſchickt erwieſen hat:
Wie moͤcht ihr den Thau von oben
Mit
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[8/0018] 1720. Viele junge Leute lauffen Jn der Jugend-Hitze fort; Und man laͤſſet ſie verſchnauffen, (Das iſt ein gemeines Wort:) Aber, ſeht! die meiſte Jugend! Sie verſaͤumt die Zeit der Tugend, Manchen, eh er ausgeſchnaubt, Hat ein jaͤher Tod geraubt. So iſt ſchwerlich zu errathen, Ob der lieben Alten Schaar, Die den HErrn um Kinder baten, Jhr nicht ſelbſt zuwider war? Und ob der nicht gluͤcklich heiſſet, Den der HErr von hinnen reiſſet? Eh er ſich ins Weite irrt, Und der Welt recht inne wird. Aber meine Sinnen blicken Jetzo in ein ander Feld Da ſich junge Pflantzen ſchicken, Wies der Gaͤrtner dienlich haͤlt, Welche ihm ſein muͤhſam Frohnen Mit der ſchoͤnſten Bluͤthe lohnen; Dieſe zeigen ſattſam an, Was ein treuer Gaͤrtner kan. Als ich auf dem Krancken-Bette Jn der Ungewißheit lag, Was ich zu erfahren haͤtte? Kam ein aufgeklaͤrter Tag: Da mir eines Gaͤrtners Name Unverhofft zu Ohren kame, Welcher ſeiner Pflantze Preiß Jederman zu ſagen weiß. Jhr begluͤckten Gaͤrtners-Haͤnde, Deren Tage-Werck und That, Biß zu dem erwuͤnſchten Ende, Sich geſchickt erwieſen hat: Wie moͤcht ihr den Thau von oben Mit

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/18>, abgerufen am 29.03.2024.