Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1725. Da wisse man nur nichts, nur rede man fein viel;Man habe gleich kein Hertz, man thue nur sehr böse. Verzeih! dem Lauf der Welt, Erlauchtes Herren Hauß, Du Kleinod Arelats, du Burg von Watteville! Gehn gleich von deinem Stamm die höchsten Sprossen (*) aus, Doch schweigt der Fürwitz selbst von deiner Würde stille. Warum, der edle Zweig, den Teutschland jüngst gesehn, Und der nun unter uns in Wunder-Segen blühet, Hat, GOtt sey Danck! gelernt, dem Lamme nachzugehn, Und um den Preiß der Welt sich lange satt bemühet. Das prächtige Paris bezaubert ihn nicht mehr, Das schlechte Bertholdsdorf vergnüget seine Sinnen, Die Schätze von Papier gereuen ihn nicht sehr; Nachdem es ihm geglückt die Perle zu gewinnen. Es hält der Staat von Bern die grosse Standes-Pracht Mit seiner Bürgerschaft kaum würdig zu vergleichen, Daher er auch nicht viel von hohen Häusern macht; Hier wird ein eitler Mensch nicht leicht den Zweck erreichen. So bückt den äusern Stoltz die tugendhafte Schweitz; Doch aber kan sie ihn nicht aus dem Hertzen bannen: Die Kunst kan JEsus nur mit seinem rauhen Creutz, Kommt der ins Hertz hinein, so muß der Stoltz von dannen. Diß war die Wunder, Kraft, mein theurer Watteweil! Die dich von Welt und Fleisch, und von dir selbertrennte; Dein Welt-Sinn bebete vor des Gesetzes Keil, Jndem sich deinem Geist der Freund mit Nahmen nennte. Wie selig bist du nun! Wie wenig liegt dir dran, Ob dich die eitle Welt vor Hochgebohren achtet: Denn werden nur dereinst die Bücher aufgethan; So wird dein wahrer Rang nur desto mehr betrachtet. Was fragest du darnach, man denckt, du habest nichts, Jndessen, daß du selbst den Mammon von dir schiebest; Dein zeitlich Gut erquickt schon manches Kind des Lichts, Seit dem du äusserlich die Armuth JEsu liebest. Jch (*) Das Hauß derer des H. R. R. Erb-Schatzmeistere Grafen von
Sinzendorf und Burggrafen zu Reineck ist eines von diesen Sprossen. 1725. Da wiſſe man nur nichts, nur rede man fein viel;Man habe gleich kein Hertz, man thue nur ſehr boͤſe. Verzeih! dem Lauf der Welt, Erlauchtes Herren Hauß, Du Kleinod Arelats, du Burg von Watteville! Gehn gleich von deinem Stamm die hoͤchſten Sproſſen (*) aus, Doch ſchweigt der Fuͤrwitz ſelbſt von deiner Wuͤrde ſtille. Warum, der edle Zweig, den Teutſchland juͤngſt geſehn, Und der nun unter uns in Wunder-Segen bluͤhet, Hat, GOtt ſey Danck! gelernt, dem Lamme nachzugehn, Und um den Preiß der Welt ſich lange ſatt bemuͤhet. Das praͤchtige Paris bezaubert ihn nicht mehr, Das ſchlechte Bertholdsdorf vergnuͤget ſeine Sinnen, Die Schaͤtze von Papier gereuen ihn nicht ſehr; Nachdem es ihm gegluͤckt die Perle zu gewinnen. Es haͤlt der Staat von Bern die groſſe Standes-Pracht Mit ſeiner Buͤrgerſchaft kaum wuͤrdig zu vergleichen, Daher er auch nicht viel von hohen Haͤuſern macht; Hier wird ein eitler Menſch nicht leicht den Zweck erreichen. So buͤckt den aͤuſern Stoltz die tugendhafte Schweitz; Doch aber kan ſie ihn nicht aus dem Hertzen bannen: Die Kunſt kan JEſus nur mit ſeinem rauhen Creutz, Kommt der ins Hertz hinein, ſo muß der Stoltz von dannen. Diß war die Wunder, Kraft, mein theurer Watteweil! Die dich von Welt und Fleiſch, und von dir ſelbertrennte; Dein Welt-Sinn bebete vor des Geſetzes Keil, Jndem ſich deinem Geiſt der Freund mit Nahmen nennte. Wie ſelig biſt du nun! Wie wenig liegt dir dran, Ob dich die eitle Welt vor Hochgebohren achtet: Denn werden nur dereinſt die Buͤcher aufgethan; So wird dein wahrer Rang nur deſto mehr betrachtet. Was frageſt du darnach, man denckt, du habeſt nichts, Jndeſſen, daß du ſelbſt den Mammon von dir ſchiebeſt; Dein zeitlich Gut erquickt ſchon manches Kind des Lichts, Seit dem du aͤuſſerlich die Armuth JEſu liebeſt. Jch (*) Das Hauß derer des H. R. R. Erb-Schatzmeiſtere Grafen von
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1725.
Da wiſſe man nur nichts, nur rede man fein viel;
Man habe gleich kein Hertz, man thue nur ſehr boͤſe.
Verzeih! dem Lauf der Welt, Erlauchtes Herren Hauß,
Du Kleinod Arelats, du Burg von Watteville!
Gehn gleich von deinem Stamm die hoͤchſten Sproſſen (*) aus,
Doch ſchweigt der Fuͤrwitz ſelbſt von deiner Wuͤrde ſtille.
Warum, der edle Zweig, den Teutſchland juͤngſt geſehn,
Und der nun unter uns in Wunder-Segen bluͤhet,
Hat, GOtt ſey Danck! gelernt, dem Lamme nachzugehn,
Und um den Preiß der Welt ſich lange ſatt bemuͤhet.
Das praͤchtige Paris bezaubert ihn nicht mehr,
Das ſchlechte Bertholdsdorf vergnuͤget ſeine Sinnen,
Die Schaͤtze von Papier gereuen ihn nicht ſehr;
Nachdem es ihm gegluͤckt die Perle zu gewinnen.
Es haͤlt der Staat von Bern die groſſe Standes-Pracht
Mit ſeiner Buͤrgerſchaft kaum wuͤrdig zu vergleichen,
Daher er auch nicht viel von hohen Haͤuſern macht;
Hier wird ein eitler Menſch nicht leicht den Zweck erreichen.
So buͤckt den aͤuſern Stoltz die tugendhafte Schweitz;
Doch aber kan ſie ihn nicht aus dem Hertzen bannen:
Die Kunſt kan JEſus nur mit ſeinem rauhen Creutz,
Kommt der ins Hertz hinein, ſo muß der Stoltz von dannen.
Diß war die Wunder, Kraft, mein theurer Watteweil!
Die dich von Welt und Fleiſch, und von dir ſelbertrennte;
Dein Welt-Sinn bebete vor des Geſetzes Keil,
Jndem ſich deinem Geiſt der Freund mit Nahmen nennte.
Wie ſelig biſt du nun! Wie wenig liegt dir dran,
Ob dich die eitle Welt vor Hochgebohren achtet:
Denn werden nur dereinſt die Buͤcher aufgethan;
So wird dein wahrer Rang nur deſto mehr betrachtet.
Was frageſt du darnach, man denckt, du habeſt nichts,
Jndeſſen, daß du ſelbſt den Mammon von dir ſchiebeſt;
Dein zeitlich Gut erquickt ſchon manches Kind des Lichts,
Seit dem du aͤuſſerlich die Armuth JEſu liebeſt.
Jch
(*) Das Hauß derer des H. R. R. Erb-Schatzmeiſtere Grafen von
Sinzendorf und Burggrafen zu Reineck iſt eines von dieſen
Sproſſen.
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