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Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Frühstück, das er nach der Ankunft seines Herrn aus der Tasche gelangt hatte.

Meister, rief er, hat denn nicht Einer einen Strick oder eine Pflugleine, die man ihm um den Hals schlingen und womit man ihn dann herausziehen könnte?

Die Bauern schlugen ein lautes Gelächter auf. Der Junge ist richtig; erst ersoffen und dann gehängt! Der Bruchschlamm hält fest wie Leim, und eher würde der Kopf abreißen. --

Da plötzlich kam der Actuarius noch einmal mit einer gewaltigen Anstrengung bis an die Schulter heraus, er befreite gleichzeitig den rechten Arm und griff ein Stück Rasen. Ein Zug der hämischen Freude lief über sein Gesicht, dann verzerrte es sich wieder in gräßlichen Zügen, und als die letzte Faser riß, schrie er laut auf "Teufel!" und sank unter. Der Arm ragte noch heraus, er sank tiefer, die Hand schnappte noch einigemale in die leere Luft, dann zuckte es im Schlamm, als rüttele es den Körper, der dann mit einer raschen Bewegung in die Tiefe sank, so daß der Moder in Kreisen über ihn zusammenschlug.

Helft mir das Mädchen tragen, sagte der Schmied, und du, rief er dem Knaben zu, komm hier herum, lauf in die Schmiede und hole meine Frau, sonst haben wir zwei Leichen. --

Einige Landleute gingen ihm zu Hülfe, andere waren schon vorausgelaufen, und es dauerte nicht lange, als vom Hause her Gelächter und sogar ein Hurrah

Frühstück, das er nach der Ankunft seines Herrn aus der Tasche gelangt hatte.

Meister, rief er, hat denn nicht Einer einen Strick oder eine Pflugleine, die man ihm um den Hals schlingen und womit man ihn dann herausziehen könnte?

Die Bauern schlugen ein lautes Gelächter auf. Der Junge ist richtig; erst ersoffen und dann gehängt! Der Bruchschlamm hält fest wie Leim, und eher würde der Kopf abreißen. —

Da plötzlich kam der Actuarius noch einmal mit einer gewaltigen Anstrengung bis an die Schulter heraus, er befreite gleichzeitig den rechten Arm und griff ein Stück Rasen. Ein Zug der hämischen Freude lief über sein Gesicht, dann verzerrte es sich wieder in gräßlichen Zügen, und als die letzte Faser riß, schrie er laut auf „Teufel!“ und sank unter. Der Arm ragte noch heraus, er sank tiefer, die Hand schnappte noch einigemale in die leere Luft, dann zuckte es im Schlamm, als rüttele es den Körper, der dann mit einer raschen Bewegung in die Tiefe sank, so daß der Moder in Kreisen über ihn zusammenschlug.

Helft mir das Mädchen tragen, sagte der Schmied, und du, rief er dem Knaben zu, komm hier herum, lauf in die Schmiede und hole meine Frau, sonst haben wir zwei Leichen. —

Einige Landleute gingen ihm zu Hülfe, andere waren schon vorausgelaufen, und es dauerte nicht lange, als vom Hause her Gelächter und sogar ein Hurrah

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[0059] Frühstück, das er nach der Ankunft seines Herrn aus der Tasche gelangt hatte. Meister, rief er, hat denn nicht Einer einen Strick oder eine Pflugleine, die man ihm um den Hals schlingen und womit man ihn dann herausziehen könnte? Die Bauern schlugen ein lautes Gelächter auf. Der Junge ist richtig; erst ersoffen und dann gehängt! Der Bruchschlamm hält fest wie Leim, und eher würde der Kopf abreißen. — Da plötzlich kam der Actuarius noch einmal mit einer gewaltigen Anstrengung bis an die Schulter heraus, er befreite gleichzeitig den rechten Arm und griff ein Stück Rasen. Ein Zug der hämischen Freude lief über sein Gesicht, dann verzerrte es sich wieder in gräßlichen Zügen, und als die letzte Faser riß, schrie er laut auf „Teufel!“ und sank unter. Der Arm ragte noch heraus, er sank tiefer, die Hand schnappte noch einigemale in die leere Luft, dann zuckte es im Schlamm, als rüttele es den Körper, der dann mit einer raschen Bewegung in die Tiefe sank, so daß der Moder in Kreisen über ihn zusammenschlug. Helft mir das Mädchen tragen, sagte der Schmied, und du, rief er dem Knaben zu, komm hier herum, lauf in die Schmiede und hole meine Frau, sonst haben wir zwei Leichen. — Einige Landleute gingen ihm zu Hülfe, andere waren schon vorausgelaufen, und es dauerte nicht lange, als vom Hause her Gelächter und sogar ein Hurrah

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:10:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:10:09Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910/59>, abgerufen am 04.05.2024.