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Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Gensdarm, arretirt ihn! konnte dieser noch stöhnen, und der Gensdarm faßte den Schmied an der Schulter; aber im Nu hatte dieser Beide zur Thür hinausgeworfen.

Zum Schulzen! rief der Gerichtsdiener, zum Schulzen! Die Gemeinde muß aufgeboten werden!

Ist nicht nöthig, sagte der Müller, ich helfe Euch, und so faßte er den Schmied und sagte: Nachbar, Ihr seid Arrestant, thut mir den Gefallen und folgt! Der Schmied hatte Thränen der Wuth im Auge. Ich werde nach Haus und Hof sehen, soviel ich kann, folgt ruhig, es wird sich Alles aufklären.

Der Junge muß auch folgen, rief der Gerichtsdiener, er hat auch angegriffen, er muß bestraft werden!

Nehmt ihn mit, rief der Müller, und nun Adieu. Nachbar, den Abschied an Weib und Kind, die im Felde sind, werde ich bestellen, Adieu! Seid hübsch gelassen und verlaßt Euch nicht zu sehr auf das "Thue recht und scheue Niemand."

Man hörte einige Zeit nichts vom Schmied. Nach etwa vierzehn Tagen wurde der Vormund des Jungen zur Stadt bestellt; er hatte dort gehört, daß dem Knaben die schwere Untersuchung geschenkt sein solle, daß er aber, da sich derselbe sehr schlecht betragen, auch sonst schon schlechte Streiche verübt habe, auf vormundschaftliche Züchtigung antragen solle. Der Vormund hatte diesen Wink befolgt, und der Knabe wurde von Vormundschafts wegen -- denn der Justizrath war auch

Gensdarm, arretirt ihn! konnte dieser noch stöhnen, und der Gensdarm faßte den Schmied an der Schulter; aber im Nu hatte dieser Beide zur Thür hinausgeworfen.

Zum Schulzen! rief der Gerichtsdiener, zum Schulzen! Die Gemeinde muß aufgeboten werden!

Ist nicht nöthig, sagte der Müller, ich helfe Euch, und so faßte er den Schmied und sagte: Nachbar, Ihr seid Arrestant, thut mir den Gefallen und folgt! Der Schmied hatte Thränen der Wuth im Auge. Ich werde nach Haus und Hof sehen, soviel ich kann, folgt ruhig, es wird sich Alles aufklären.

Der Junge muß auch folgen, rief der Gerichtsdiener, er hat auch angegriffen, er muß bestraft werden!

Nehmt ihn mit, rief der Müller, und nun Adieu. Nachbar, den Abschied an Weib und Kind, die im Felde sind, werde ich bestellen, Adieu! Seid hübsch gelassen und verlaßt Euch nicht zu sehr auf das „Thue recht und scheue Niemand.“

Man hörte einige Zeit nichts vom Schmied. Nach etwa vierzehn Tagen wurde der Vormund des Jungen zur Stadt bestellt; er hatte dort gehört, daß dem Knaben die schwere Untersuchung geschenkt sein solle, daß er aber, da sich derselbe sehr schlecht betragen, auch sonst schon schlechte Streiche verübt habe, auf vormundschaftliche Züchtigung antragen solle. Der Vormund hatte diesen Wink befolgt, und der Knabe wurde von Vormundschafts wegen — denn der Justizrath war auch

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[0028] Gensdarm, arretirt ihn! konnte dieser noch stöhnen, und der Gensdarm faßte den Schmied an der Schulter; aber im Nu hatte dieser Beide zur Thür hinausgeworfen. Zum Schulzen! rief der Gerichtsdiener, zum Schulzen! Die Gemeinde muß aufgeboten werden! Ist nicht nöthig, sagte der Müller, ich helfe Euch, und so faßte er den Schmied und sagte: Nachbar, Ihr seid Arrestant, thut mir den Gefallen und folgt! Der Schmied hatte Thränen der Wuth im Auge. Ich werde nach Haus und Hof sehen, soviel ich kann, folgt ruhig, es wird sich Alles aufklären. Der Junge muß auch folgen, rief der Gerichtsdiener, er hat auch angegriffen, er muß bestraft werden! Nehmt ihn mit, rief der Müller, und nun Adieu. Nachbar, den Abschied an Weib und Kind, die im Felde sind, werde ich bestellen, Adieu! Seid hübsch gelassen und verlaßt Euch nicht zu sehr auf das „Thue recht und scheue Niemand.“ Man hörte einige Zeit nichts vom Schmied. Nach etwa vierzehn Tagen wurde der Vormund des Jungen zur Stadt bestellt; er hatte dort gehört, daß dem Knaben die schwere Untersuchung geschenkt sein solle, daß er aber, da sich derselbe sehr schlecht betragen, auch sonst schon schlechte Streiche verübt habe, auf vormundschaftliche Züchtigung antragen solle. Der Vormund hatte diesen Wink befolgt, und der Knabe wurde von Vormundschafts wegen — denn der Justizrath war auch

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:10:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:10:09Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910/28>, abgerufen am 20.04.2024.