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Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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suchen, ob die Scheidung dem anliegenden Auszug aus dem Reglement von etc. entspricht, wenn dies nicht der Fall ist, sofort die Schmiede zu schließen; falls sich aber Schmied widersetzen sollte, denselben zu arretiren und hierher ins Polizeigefängniß abzuführen.

Der Justizrath N."

Die Schmiede war ein altes Gebäude, und die Scheidung der Kohlenkammer entsprach allerdings nicht mehr den neueren Gesetzesbestimmungen. Sie stand vom Dorfe, welches eng gebaut auf seiner Landspitze zusammengerückt war, so weit entfernt, daß, selbst wenn sie in Flammen aufgegangen wäre, ein Unglück nicht zu befürchten stand, und man hatte, da durch die entfernte Lage der Schmiede die Hauptsache, nämlich das Dorf, gesichert war, bis jetzt nie daran gedacht, diesen Zustand zu moniren.

Der Schmied konnte sich nicht denken, daß die Verfügung Ernst sein. Es ist wohl nicht so böse gemeint, sagte er ruhig. Der Herr Justizrath hätte mir doch wohl eine Frist angeben können, um die Sache zu ändern. Aber wenn die Schmiede geschlossen wird, kann ich ja nicht einmal zukommen. Ich bin in harter dringender Arbeit; macht nur dem Herrn Justizrath meine Empfehlung und sagt ihm, morgen früh mit dem Tage werde ich bei ihm sein und mit ihm über die Sache sprechen. Wenn ich heute diese Arbeit nicht abliefere, so bleibt auf Rodig die Häckselmaschine stehen, die Leute

suchen, ob die Scheidung dem anliegenden Auszug aus dem Reglement von ꝛc. entspricht, wenn dies nicht der Fall ist, sofort die Schmiede zu schließen; falls sich aber Schmied widersetzen sollte, denselben zu arretiren und hierher ins Polizeigefängniß abzuführen.

Der Justizrath N.“

Die Schmiede war ein altes Gebäude, und die Scheidung der Kohlenkammer entsprach allerdings nicht mehr den neueren Gesetzesbestimmungen. Sie stand vom Dorfe, welches eng gebaut auf seiner Landspitze zusammengerückt war, so weit entfernt, daß, selbst wenn sie in Flammen aufgegangen wäre, ein Unglück nicht zu befürchten stand, und man hatte, da durch die entfernte Lage der Schmiede die Hauptsache, nämlich das Dorf, gesichert war, bis jetzt nie daran gedacht, diesen Zustand zu moniren.

Der Schmied konnte sich nicht denken, daß die Verfügung Ernst sein. Es ist wohl nicht so böse gemeint, sagte er ruhig. Der Herr Justizrath hätte mir doch wohl eine Frist angeben können, um die Sache zu ändern. Aber wenn die Schmiede geschlossen wird, kann ich ja nicht einmal zukommen. Ich bin in harter dringender Arbeit; macht nur dem Herrn Justizrath meine Empfehlung und sagt ihm, morgen früh mit dem Tage werde ich bei ihm sein und mit ihm über die Sache sprechen. Wenn ich heute diese Arbeit nicht abliefere, so bleibt auf Rodig die Häckselmaschine stehen, die Leute

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:10:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:10:09Z)

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Zitationshilfe: Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910/26>, abgerufen am 20.04.2024.