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Zetkin, Clara: Zur Frage des Frauenwahlrechts. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz sozialistischer Frauen zu Mannheim. Dazu drei Anhänge: [...]. Berlin, 1907.

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ist eine Waffe, die ihre Jnteressen gegen das ausbeutende Kapital
schützt. Und zu diesen Millionen gesellen sich viele Hunderttausende
von Proletarierinnen der Kopfarbeit, von bürgerlich berufstätigen
Frauen, die entweder direkt durch die kapitalistische Ausbeutung leiden
oder indirekt infolge der Zusammenhänge und Begleiterscheinungen,
welche die kapitalistische Ordnung schafft. Große Scharen von ihnen
müssen "hungernd mit dem Hirn pflügen", wie die Arbeiterinnen mit
der Hand. Durch die charakterisierte Umwälzung ihres wirtschaftlichen
Seins sind die Frauen auch in ihrem Bewußtsein, in ihrem Empfinden
und Denken revolutioniert worden. Sie sind zur politischen Groß-
jährigkeit herangewachsen. Und nun fordern sie das allgemeine Wahl-
recht als eine soziale Lebensnotwendigkeit. Sie müssen den politischen
Machtanteil, den ihnen der Stimmzettel verleiht, zur Verteidigung und
Wahrung ihrer ökonomischen und kulturellen Jnteressen in die Wag-
schale werfen können.

Aber wenn wir das Frauenstimmrecht auch in erster Linie als eine
soziale Lebensnotwendigkeit würdigen, so begehren wir seine Zuerken-
nung doch nicht minder als einen Akt selbstverständlicher Gerechtigkeit.
Die Frau ist nicht nur wirtschaftlich von der Familie und dem Haus-
halt unabhängig geworden; sie wertet nicht nur ihre produktive Tätigkeit
auf den verschiedensten Gebieten der Hand- und Kopfarbeit in ihrer
Bedeutung für die materielle und kulturelle Entwickelung der Gesell-
schaft. Nein, sie ist auch des großen sozialen Wertes ihres hausmütter-
lichen und erzieherischen Waltens bewußt geworden. Der helle Schein,
den die Feuer der großen Fabrikbetriebe auf das mütterliche Wirken
im Heim geworfen haben, hat ihre Augen für die Bedeutung dessen
geöffnet, was sie als Gattin und Mutter für die Allgemeinheit leistet.
Jn dem Maße, wie die Zahl der erwerbstätigen Proletarierinnen steigt,
wie auch die Trägerin, Gebärerin und Erzieherin des proletarischen
Nachwuchses dem Kapital zinsen und fronden muß, unbekümmert um
die Verpflichtungen gegen das keimende Leben in ihrem Schoß, ohne
Rücksicht auf die Pflege, deren das neugeborene Kind, auf die Sorgfalt
und Führung, welches die heranwachsende Jugend bedarf: trat es
scharf in Erscheinung, daß das Schalten und Walten der Frau als
Hausmutter mehr ist als ein Privatdienst, den sie dem Manne leistet,
nämlich eine Tätigkeit von höchster sozialer Bedeutung. Nicht durch
Leichtsinn, nicht durch das Verstummen der Schläge des Mutterherzens,
nein durch den eisernen Druck der kapitalistischen Ausbeutung sind
Millionen Frauen gezwungen worden, werden sie weiter gezwungen, sich
wider das körperliche, geistige und sittliche Wohl ihres eigenen Fleisches
und Blutes zu vergehen. Die steigenden Zahlen über die Säuglings-
sterblichkeit, über die sittlich verwahrlosenden Kleinen, über die jugend-
lichen Fürsorgebedürftigen und Verbrecher: illustrieren den hohen Wert
dessen, was die Frau innerhalb ihrer vier Pfähle für die Pflege
und Erziehung des Nachwuchses wirkt. Die Forderung des Frauenstimm-
rechts ist die Forderung nach sozialer Anerkennung ihrer hochbedeut-
samen sozialen Tätigkeit als Mutter.

Die Frauen fordern das Wahlrecht jedoch auch auf Grund des
demokratischen Prinzips in seiner weitesten Bedeutung. Nicht nur in
dem Sinne, daß gleichen Pflichten gleiche Rechte entsprechen sollen,
daß der Frau zum Zahlrecht auch das Wahlrecht gebührt: wir
glauben es vielmehr der Gesellschaft schuldig zu sein, alle geistigen
und sittlichen Kräfte unserer Eigenart entsprechend in dem Dienst
der Allgemeinheit zu betätigen. Wir teilen nicht die Ansicht

ist eine Waffe, die ihre Jnteressen gegen das ausbeutende Kapital
schützt. Und zu diesen Millionen gesellen sich viele Hunderttausende
von Proletarierinnen der Kopfarbeit, von bürgerlich berufstätigen
Frauen, die entweder direkt durch die kapitalistische Ausbeutung leiden
oder indirekt infolge der Zusammenhänge und Begleiterscheinungen,
welche die kapitalistische Ordnung schafft. Große Scharen von ihnen
müssen „hungernd mit dem Hirn pflügen‟, wie die Arbeiterinnen mit
der Hand. Durch die charakterisierte Umwälzung ihres wirtschaftlichen
Seins sind die Frauen auch in ihrem Bewußtsein, in ihrem Empfinden
und Denken revolutioniert worden. Sie sind zur politischen Groß-
jährigkeit herangewachsen. Und nun fordern sie das allgemeine Wahl-
recht als eine soziale Lebensnotwendigkeit. Sie müssen den politischen
Machtanteil, den ihnen der Stimmzettel verleiht, zur Verteidigung und
Wahrung ihrer ökonomischen und kulturellen Jnteressen in die Wag-
schale werfen können.

Aber wenn wir das Frauenstimmrecht auch in erster Linie als eine
soziale Lebensnotwendigkeit würdigen, so begehren wir seine Zuerken-
nung doch nicht minder als einen Akt selbstverständlicher Gerechtigkeit.
Die Frau ist nicht nur wirtschaftlich von der Familie und dem Haus-
halt unabhängig geworden; sie wertet nicht nur ihre produktive Tätigkeit
auf den verschiedensten Gebieten der Hand- und Kopfarbeit in ihrer
Bedeutung für die materielle und kulturelle Entwickelung der Gesell-
schaft. Nein, sie ist auch des großen sozialen Wertes ihres hausmütter-
lichen und erzieherischen Waltens bewußt geworden. Der helle Schein,
den die Feuer der großen Fabrikbetriebe auf das mütterliche Wirken
im Heim geworfen haben, hat ihre Augen für die Bedeutung dessen
geöffnet, was sie als Gattin und Mutter für die Allgemeinheit leistet.
Jn dem Maße, wie die Zahl der erwerbstätigen Proletarierinnen steigt,
wie auch die Trägerin, Gebärerin und Erzieherin des proletarischen
Nachwuchses dem Kapital zinsen und fronden muß, unbekümmert um
die Verpflichtungen gegen das keimende Leben in ihrem Schoß, ohne
Rücksicht auf die Pflege, deren das neugeborene Kind, auf die Sorgfalt
und Führung, welches die heranwachsende Jugend bedarf: trat es
scharf in Erscheinung, daß das Schalten und Walten der Frau als
Hausmutter mehr ist als ein Privatdienst, den sie dem Manne leistet,
nämlich eine Tätigkeit von höchster sozialer Bedeutung. Nicht durch
Leichtsinn, nicht durch das Verstummen der Schläge des Mutterherzens,
nein durch den eisernen Druck der kapitalistischen Ausbeutung sind
Millionen Frauen gezwungen worden, werden sie weiter gezwungen, sich
wider das körperliche, geistige und sittliche Wohl ihres eigenen Fleisches
und Blutes zu vergehen. Die steigenden Zahlen über die Säuglings-
sterblichkeit, über die sittlich verwahrlosenden Kleinen, über die jugend-
lichen Fürsorgebedürftigen und Verbrecher: illustrieren den hohen Wert
dessen, was die Frau innerhalb ihrer vier Pfähle für die Pflege
und Erziehung des Nachwuchses wirkt. Die Forderung des Frauenstimm-
rechts ist die Forderung nach sozialer Anerkennung ihrer hochbedeut-
samen sozialen Tätigkeit als Mutter.

Die Frauen fordern das Wahlrecht jedoch auch auf Grund des
demokratischen Prinzips in seiner weitesten Bedeutung. Nicht nur in
dem Sinne, daß gleichen Pflichten gleiche Rechte entsprechen sollen,
daß der Frau zum Zahlrecht auch das Wahlrecht gebührt: wir
glauben es vielmehr der Gesellschaft schuldig zu sein, alle geistigen
und sittlichen Kräfte unserer Eigenart entsprechend in dem Dienst
der Allgemeinheit zu betätigen. Wir teilen nicht die Ansicht

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-08-28T12:13:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-28T12:13:05Z)

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Zitationshilfe: Zetkin, Clara: Zur Frage des Frauenwahlrechts. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz sozialistischer Frauen zu Mannheim. Dazu drei Anhänge: [...]. Berlin, 1907, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zetkin_frauenwahlrecht2_1907/20>, abgerufen am 22.11.2024.