Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645.

Bild:
<< vorherige Seite

anderes Buhch.
daß er führ grohssem verlangen kaum so lange
warten konte/ bis der tahg angebrochchen wahr;
da er schohn auf das lihd seiner Schönen eine
gleich-mähssige antwort verfärtigen wolte.

Der tausend-künstlerische Lihb-reiz blihs ihm
solche wort ein/ und machte solche sühsse verzukke-
rungen/ daß er nahch verfassung dehrselben kaum
selbst gläuben konte/ daß er ein solches härz-bräch-
chendes lihdlein so geschwünd und in solcher ver-
würrung seiner sünnen verfasset hätte. Er überlas'
es hinten und forne/ und fand im geringsten nichts/
das änderns nöhtig wäre; dehr-gestalt/ daß ihm
dises Lihdlein vihl glüklicher zu-geflossen wahr/ als
der gestrige brihf.

Als er nuhn sein schreiben zusamt däm lide kaum
fortgeschikt hatte/ so kahm einer von seinen Lands-
leuten/ ihn zu besuchen/ mit welchem er allerhand
lustige gespräche von seiner Rosemund hatte/ doch
gleich-wohl lihs er ihm nichts märken/ daß er solche
belihbte schreiben von ihr erhalten hätte.

Weil nuhn diser sein Landes-fräund ein guhter
stim-säzzer wahr/ so baht er ihn/ er möchte doch
seinem Reise-lide/ welches er seiner Rosemund
zu gefallen verfasset hätte/ eine feine bewähg- und
klähgliche weise gäben; welches dan auch geschahe/
und etliche mahl unter ihnen beiden versuchet
ward.

Huldreich (also hihs diser sein Landes-fräund)
hatte versprochchen auf den abänd bei einer gesel-
schaft/ di einen Stim- und Lauten-streit unter sich
halten wolte/ zu erscheinen: drüm baht er den
Markhold/ daß er ihm doch möchte di ehr' erzeu-
gen/ und ihre lust durch seine gegenwart vermehren
hälfen. Markhold entschuldigte sich anfangs; dan
er gedachte/ seinen gedanken/ di nuhn auf nichts
anders/ als seine Rosemund/ zihleten/ däs zu bäs-
ser nahch zu hängen; indähm er aber so inständig

an-
F 5

anderes Buhch.
daß er fuͤhr grohſſem verlangen kaum ſo lange
warten konte/ bis der tahg angebrochchen wahr;
da er ſchohn auf das lihd ſeiner Schoͤnen eine
gleich-maͤhſſige antwort verfaͤrtigen wolte.

Der tauſend-kuͤnſtleriſche Lihb-reiz blihs ihm
ſolche wort ein/ und machte ſolche ſuͤhſſe verzukke-
rungen/ daß er nahch verfaſſung dehrſelben kaum
ſelbſt glaͤuben konte/ daß er ein ſolches haͤrz-braͤch-
chendes lihdlein ſo geſchwuͤnd und in ſolcher ver-
wuͤrrung ſeiner ſuͤnnen verfaſſet haͤtte. Er uͤberlaſ’
es hinten und forne/ und fand im geringſten nichts/
das aͤnderns noͤhtig waͤre; dehr-geſtalt/ daß ihm
diſes Lihdlein vihl gluͤklicher zu-gefloſſen wahr/ als
der geſtrige brihf.

Als er nuhn ſein ſchreiben zuſamt daͤm lide kaum
fortgeſchikt hatte/ ſo kahm einer von ſeinen Lands-
leuten/ ihn zu beſuchen/ mit welchem er allerhand
luſtige geſpraͤche von ſeiner Roſemund hatte/ doch
gleich-wohl lihs er ihm nichts maͤrken/ daß er ſolche
belihbte ſchreiben von ihr erhalten haͤtte.

Weil nuhn diſer ſein Landes-fraͤund ein guhter
ſtim-ſaͤzzer wahr/ ſo baht er ihn/ er moͤchte doch
ſeinem Reiſe-lide/ welches er ſeiner Roſemund
zu gefallen verfaſſet haͤtte/ eine feine bewaͤhg- und
klaͤhgliche weiſe gaͤben; welches dan auch geſchahe/
und etliche mahl unter ihnen beiden verſuchet
ward.

Huldreich (alſo hihs diſer ſein Landes-fraͤund)
hatte verſprochchen auf den abaͤnd bei einer geſel-
ſchaft/ di einen Stim- und Lauten-ſtreit unter ſich
halten wolte/ zu erſcheinen: druͤm baht er den
Markhold/ daß er ihm doch moͤchte di ehr’ erzeu-
gen/ und ihre luſt durch ſeine gegenwart vermehren
haͤlfen. Markhold entſchuldigte ſich anfangs; dan
er gedachte/ ſeinen gedanken/ di nuhn auf nichts
anders/ als ſeine Roſemund/ zihleten/ daͤs zu baͤſ-
ſer nahch zu haͤngen; indaͤhm er aber ſo inſtaͤndig

an-
F 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0145" n="129"/><fw place="top" type="header">anderes Buhch.</fw><lb/>
daß er fu&#x0364;hr groh&#x017F;&#x017F;em verlangen kaum &#x017F;o lange<lb/>
warten konte/ bis der tahg angebrochchen wahr;<lb/>
da er &#x017F;chohn auf das lihd &#x017F;einer Scho&#x0364;nen eine<lb/>
gleich-ma&#x0364;h&#x017F;&#x017F;ige antwort verfa&#x0364;rtigen wolte.</p><lb/>
        <p>Der tau&#x017F;end-ku&#x0364;n&#x017F;tleri&#x017F;che Lihb-reiz blihs ihm<lb/>
&#x017F;olche wort ein/ und machte &#x017F;olche &#x017F;u&#x0364;h&#x017F;&#x017F;e verzukke-<lb/>
rungen/ daß er nahch verfa&#x017F;&#x017F;ung dehr&#x017F;elben kaum<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t gla&#x0364;uben konte/ daß er ein &#x017F;olches ha&#x0364;rz-bra&#x0364;ch-<lb/>
chendes lihdlein &#x017F;o ge&#x017F;chwu&#x0364;nd und in &#x017F;olcher ver-<lb/>
wu&#x0364;rrung &#x017F;einer &#x017F;u&#x0364;nnen verfa&#x017F;&#x017F;et ha&#x0364;tte. Er u&#x0364;berla&#x017F;&#x2019;<lb/>
es hinten und forne/ und fand im gering&#x017F;ten nichts/<lb/>
das a&#x0364;nderns no&#x0364;htig wa&#x0364;re; dehr-ge&#x017F;talt/ daß ihm<lb/>
di&#x017F;es Lihdlein vihl glu&#x0364;klicher zu-geflo&#x017F;&#x017F;en wahr/ als<lb/>
der ge&#x017F;trige brihf.</p><lb/>
        <p>Als er nuhn &#x017F;ein &#x017F;chreiben zu&#x017F;amt da&#x0364;m lide kaum<lb/>
fortge&#x017F;chikt hatte/ &#x017F;o kahm einer von &#x017F;einen Lands-<lb/>
leuten/ ihn zu be&#x017F;uchen/ mit welchem er allerhand<lb/>
lu&#x017F;tige ge&#x017F;pra&#x0364;che von &#x017F;einer Ro&#x017F;emund hatte/ doch<lb/>
gleich-wohl lihs er ihm nichts ma&#x0364;rken/ daß er &#x017F;olche<lb/>
belihbte &#x017F;chreiben von ihr erhalten ha&#x0364;tte.</p><lb/>
        <p>Weil nuhn di&#x017F;er &#x017F;ein Landes-fra&#x0364;und ein guhter<lb/>
&#x017F;tim-&#x017F;a&#x0364;zzer wahr/ &#x017F;o baht er ihn/ er mo&#x0364;chte doch<lb/>
&#x017F;einem Rei&#x017F;e-lide/ welches er &#x017F;einer Ro&#x017F;emund<lb/>
zu gefallen verfa&#x017F;&#x017F;et ha&#x0364;tte/ eine feine bewa&#x0364;hg- und<lb/>
kla&#x0364;hgliche wei&#x017F;e ga&#x0364;ben; welches dan auch ge&#x017F;chahe/<lb/>
und etliche mahl unter ihnen beiden ver&#x017F;uchet<lb/>
ward.</p><lb/>
        <p>Huldreich (al&#x017F;o hihs di&#x017F;er &#x017F;ein Landes-fra&#x0364;und)<lb/>
hatte ver&#x017F;prochchen auf den aba&#x0364;nd bei einer ge&#x017F;el-<lb/>
&#x017F;chaft/ di einen Stim- und Lauten-&#x017F;treit unter &#x017F;ich<lb/>
halten wolte/ zu er&#x017F;cheinen: dru&#x0364;m baht er den<lb/>
Markhold/ daß er ihm doch mo&#x0364;chte di ehr&#x2019; erzeu-<lb/>
gen/ und ihre lu&#x017F;t durch &#x017F;eine gegenwart vermehren<lb/>
ha&#x0364;lfen. Markhold ent&#x017F;chuldigte &#x017F;ich anfangs; dan<lb/>
er gedachte/ &#x017F;einen gedanken/ di nuhn auf nichts<lb/>
anders/ als &#x017F;eine Ro&#x017F;emund/ zihleten/ da&#x0364;s zu ba&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er nahch zu ha&#x0364;ngen; inda&#x0364;hm er aber &#x017F;o in&#x017F;ta&#x0364;ndig<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 5</fw><fw place="bottom" type="catch">an-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0145] anderes Buhch. daß er fuͤhr grohſſem verlangen kaum ſo lange warten konte/ bis der tahg angebrochchen wahr; da er ſchohn auf das lihd ſeiner Schoͤnen eine gleich-maͤhſſige antwort verfaͤrtigen wolte. Der tauſend-kuͤnſtleriſche Lihb-reiz blihs ihm ſolche wort ein/ und machte ſolche ſuͤhſſe verzukke- rungen/ daß er nahch verfaſſung dehrſelben kaum ſelbſt glaͤuben konte/ daß er ein ſolches haͤrz-braͤch- chendes lihdlein ſo geſchwuͤnd und in ſolcher ver- wuͤrrung ſeiner ſuͤnnen verfaſſet haͤtte. Er uͤberlaſ’ es hinten und forne/ und fand im geringſten nichts/ das aͤnderns noͤhtig waͤre; dehr-geſtalt/ daß ihm diſes Lihdlein vihl gluͤklicher zu-gefloſſen wahr/ als der geſtrige brihf. Als er nuhn ſein ſchreiben zuſamt daͤm lide kaum fortgeſchikt hatte/ ſo kahm einer von ſeinen Lands- leuten/ ihn zu beſuchen/ mit welchem er allerhand luſtige geſpraͤche von ſeiner Roſemund hatte/ doch gleich-wohl lihs er ihm nichts maͤrken/ daß er ſolche belihbte ſchreiben von ihr erhalten haͤtte. Weil nuhn diſer ſein Landes-fraͤund ein guhter ſtim-ſaͤzzer wahr/ ſo baht er ihn/ er moͤchte doch ſeinem Reiſe-lide/ welches er ſeiner Roſemund zu gefallen verfaſſet haͤtte/ eine feine bewaͤhg- und klaͤhgliche weiſe gaͤben; welches dan auch geſchahe/ und etliche mahl unter ihnen beiden verſuchet ward. Huldreich (alſo hihs diſer ſein Landes-fraͤund) hatte verſprochchen auf den abaͤnd bei einer geſel- ſchaft/ di einen Stim- und Lauten-ſtreit unter ſich halten wolte/ zu erſcheinen: druͤm baht er den Markhold/ daß er ihm doch moͤchte di ehr’ erzeu- gen/ und ihre luſt durch ſeine gegenwart vermehren haͤlfen. Markhold entſchuldigte ſich anfangs; dan er gedachte/ ſeinen gedanken/ di nuhn auf nichts anders/ als ſeine Roſemund/ zihleten/ daͤs zu baͤſ- ſer nahch zu haͤngen; indaͤhm er aber ſo inſtaͤndig an- F 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_rosemund_1645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_rosemund_1645/145
Zitationshilfe: Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_rosemund_1645/145>, abgerufen am 01.05.2024.