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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Kurtzbündige
wächs oder pflantze; wie Plutarch im buche von der
Isis und dem Osiris bezeuget. Und von diesem
Egiptischen Nahmen scheinet das wort [fremdsprachliches Material] channa,
oder [fremdsprachliches Material] vechanna, im 80 Harfenliede/ entsprossen
zu sein: darüber sonsten die Tahlmetscher ihre köpfe
dermaßen zerbrochen/ daß man wohl siebnerlei verdeut-
schungen findet/ welche meist alle vom rechten verstan-
de sehr weit abirren. Aber der Heilige Geist hat al-
hier ein Egiptisches wort gebrauchen willen/ anzudeu-
ten/ daß er von einem solchen Gewächse oder einer sol-
chen Pflantze handelte/ die aus Egipten in das heilige
Land versetzet und fortgepflantzet worden. Und also
können wir das work [fremdsprachliches Material] an gemeltem orte anders
nicht geben/ als phuton, plantam, ein gewächse/ oder
eine pflantze; weil es kein Ebreisches/ sondern
Egiptisches wort ist.

Aber die Egipter hatten nicht allein dieses gewächse
dem Osiris/ sondern auch die Griechen ihrem Wein-
und Bächergötzen/
den Bachus oder Dionisen/
darunter Osiris/ wie wir droben bei der 18 zeile des
1 blats angemärket/ verstanden ward/ gewiedmet.
Warüm sie solches getahn/ wird im ersten teile unse-
res Schatzes der Ungesundheit/ am 46 blatte/ an-
gezeiget. Daß aber Plutarch/ in seinen Röhmischen
Fragen/ meinet/ daß das Efeu trunken und rasend
mache/ weil es die rasenden und halbtolsinnigen Gö-
tzendienerinnen des Bachus zu essen pflegten; solches
kan nicht allein mit demselben/ was der gelehrte Ateh-
ner
im 5 h. seines 15 b. aus dem Griechischen Artzte
Filonides/ erzehlet/ sondern auch mit der erfahrung
selbsten widerleget werden. Dan die Alten pflegten
anfangs das heupt/ wan es vom trunke weh tähte/ mit
einem schlechten bande zu binden: darnach aber/ an
des bandes stat/ einen Krantz von Efeu darüber
zu stülpen; weil dieses kraut zugleich der Trunken-

schaft/

Kurtzbuͤndige
waͤchs oder pflantze; wie Plutarch im buche von der
Iſis und dem Oſiris bezeuget. Und von dieſem
Egiptiſchen Nahmen ſcheinet das wort [fremdsprachliches Material] channa,
oder [fremdsprachliches Material] vechanna, im 80 Harfenliede/ entſproſſen
zu ſein: daruͤber ſonſten die Tahlmetſcher ihre koͤpfe
dermaßen zerbrochen/ daß man wohl ſiebnerlei verdeut-
ſchungen findet/ welche meiſt alle vom rechten verſtan-
de ſehr weit abirren. Aber der Heilige Geiſt hat al-
hier ein Egiptiſches wort gebrauchen willen/ anzudeu-
ten/ daß er von einem ſolchen Gewaͤchſe oder einer ſol-
chen Pflantze handelte/ die aus Egipten in das heilige
Land verſetzet und fortgepflantzet worden. Und alſo
koͤnnen wir das work [fremdsprachliches Material] an gemeltem orte anders
nicht geben/ als ϕυτὸν, plantam, ein gewaͤchſe/ oder
eine pflantze; weil es kein Ebreiſches/ ſondern
Egiptiſches wort iſt.

Aber die Egipter hatten nicht allein dieſes gewaͤchſe
dem Oſiris/ ſondern auch die Griechen ihrem Wein-
und Baͤchergoͤtzen/
den Bachus oder Dioniſen/
darunter Oſiris/ wie wir droben bei der 18 zeile des
1 blats angemaͤrket/ verſtanden ward/ gewiedmet.
Waruͤm ſie ſolches getahn/ wird im erſten teile unſe-
res Schatzes der Ungeſundheit/ am 46 blatte/ an-
gezeiget. Daß aber Plutarch/ in ſeinen Roͤhmiſchen
Fragen/ meinet/ daß das Efeu trunken und raſend
mache/ weil es die raſenden und halbtolſinnigen Goͤ-
tzendienerinnen des Bachus zu eſſen pflegten; ſolches
kan nicht allein mit demſelben/ was der gelehrte Ateh-
ner
im 5 h. ſeines 15 b. aus dem Griechiſchen Artzte
Filonides/ erzehlet/ ſondern auch mit der erfahrung
ſelbſten widerleget werden. Dan die Alten pflegten
anfangs das heupt/ wan es vom trunke weh taͤhte/ mit
einem ſchlechten bande zu binden: darnach aber/ an
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[484/0508] Kurtzbuͤndige waͤchs oder pflantze; wie Plutarch im buche von der Iſis und dem Oſiris bezeuget. Und von dieſem Egiptiſchen Nahmen ſcheinet das wort _ channa, oder _ vechanna, im 80 Harfenliede/ entſproſſen zu ſein: daruͤber ſonſten die Tahlmetſcher ihre koͤpfe dermaßen zerbrochen/ daß man wohl ſiebnerlei verdeut- ſchungen findet/ welche meiſt alle vom rechten verſtan- de ſehr weit abirren. Aber der Heilige Geiſt hat al- hier ein Egiptiſches wort gebrauchen willen/ anzudeu- ten/ daß er von einem ſolchen Gewaͤchſe oder einer ſol- chen Pflantze handelte/ die aus Egipten in das heilige Land verſetzet und fortgepflantzet worden. Und alſo koͤnnen wir das work _ an gemeltem orte anders nicht geben/ als ϕυτὸν, plantam, ein gewaͤchſe/ oder eine pflantze; weil es kein Ebreiſches/ ſondern Egiptiſches wort iſt. Aber die Egipter hatten nicht allein dieſes gewaͤchſe dem Oſiris/ ſondern auch die Griechen ihrem Wein- und Baͤchergoͤtzen/ den Bachus oder Dioniſen/ darunter Oſiris/ wie wir droben bei der 18 zeile des 1 blats angemaͤrket/ verſtanden ward/ gewiedmet. Waruͤm ſie ſolches getahn/ wird im erſten teile unſe- res Schatzes der Ungeſundheit/ am 46 blatte/ an- gezeiget. Daß aber Plutarch/ in ſeinen Roͤhmiſchen Fragen/ meinet/ daß das Efeu trunken und raſend mache/ weil es die raſenden und halbtolſinnigen Goͤ- tzendienerinnen des Bachus zu eſſen pflegten; ſolches kan nicht allein mit demſelben/ was der gelehrte Ateh- ner im 5 h. ſeines 15 b. aus dem Griechiſchen Artzte Filonides/ erzehlet/ ſondern auch mit der erfahrung ſelbſten widerleget werden. Dan die Alten pflegten anfangs das heupt/ wan es vom trunke weh taͤhte/ mit einem ſchlechten bande zu binden: darnach aber/ an des bandes ſtat/ einen Krantz von Efeu daruͤber zu ſtuͤlpen; weil dieſes kraut zugleich der Trunken- ſchaft/

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/508>, abgerufen am 27.11.2024.