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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
mildreichen Isis. Etliche rieffen den hundeköpfich-
ten Knef oder Anubis; und den kraftreichen So-
tis/
samt dem fruchtbahren Orus/ zu hülfe. Andere
schrien den dikbeuchichten Nielgötzen Kanopus/ und
dergleichen lächerliche Ungottheiten an. Die meisten
aber wendeten sich bald zum schwartzen Fluhtgötzen
Momft/ dem verschaffer des wachsenden Niels; bald
zum schlammichten Ebbegötzen Omft/ dem gebieter
des fallenden strohms. Beide bähteten sie an. Jener
solte verschaffen/ daß der steigende Niel ihre äkker
durchwässerte/ und fruchtbar machte. Dieser solte ge-
bieten/ daß er nicht alzuhoch aufstiege/ und zu rechter
zeit wieder zurükträhte; damit er das land nicht ver-
wüstete. Manche hefteten auch zugleich wächserne täf-
lein/ darauf geschrieben stund/ was sie so ängstiglich be-
gehreten/ diesem und jenem Götzen an das bein: damit
er ihrer bitte/ wan sie weggingen/ ja nicht vergeße. Und
das alles tähten sie/ teils mit klopfen und stoßen vor die
brust/ teils mit bluhtrünstigem aufritzen ihrer schul-
tern und ärme: dadurch sie vermeinten erhöret/ und
mit gewündschter fruchtbarkeit des gewächses geseegnet
zu werden. Ja darüm verfluchten und beschwuhren sie
auch zugleich alle miteinander des boßhaftigen Tifons
wühtende macht; damit er/ durch seine grausamkeit/
den liebreichen seegen ihrer gühtigen Wahngötter nicht
verhinderte/ oder verderbete.

Hingegen demühtigte sich Josef/ in seinem hertzen/
vor dem ewigen almächtigem Gotte/ dem Gotte seiner
Väter/ Abrahams/ Isaaks/ und Jakobs. Ach!
sprach er/ und erseufzete hertzinniglich: ach Gott! ach
barmherziger Gott! ach grundgühtiger Vater! ich
bitte nicht für mich/ daß du mich aus dieser leibeigen-
schaft errettest. Ich flöhe nicht für mich/ daß du mich
aus diesem jammer und elende reissest. Dis alles/ ja
mehr als dis/ haben meine manchfältige sünden verdie-

net.

Der Aſſenat
mildreichen Iſis. Etliche rieffen den hundekoͤpfich-
ten Knef oder Anubis; und den kraftreichen So-
tis/
ſamt dem fruchtbahren Orus/ zu huͤlfe. Andere
ſchrien den dikbeuchichten Nielgoͤtzen Kanopus/ und
dergleichen laͤcherliche Ungottheiten an. Die meiſten
aber wendeten ſich bald zum ſchwartzen Fluhtgoͤtzen
Momft/ dem verſchaffer des wachſenden Niels; bald
zum ſchlammichten Ebbegoͤtzen Omft/ dem gebieter
des fallenden ſtrohms. Beide baͤhteten ſie an. Jener
ſolte verſchaffen/ daß der ſteigende Niel ihre aͤkker
durchwaͤſſerte/ und fruchtbar machte. Dieſer ſolte ge-
bieten/ daß er nicht alzuhoch aufſtiege/ und zu rechter
zeit wieder zuruͤktraͤhte; damit er das land nicht ver-
wuͤſtete. Manche hefteten auch zugleich waͤchſerne taͤf-
lein/ darauf geſchrieben ſtund/ was ſie ſo aͤngſtiglich be-
gehreten/ dieſem und jenem Goͤtzen an das bein: damit
er ihrer bitte/ wan ſie weggingen/ ja nicht vergeße. Und
das alles taͤhten ſie/ teils mit klopfen und ſtoßen vor die
bruſt/ teils mit bluhtruͤnſtigem aufritzen ihrer ſchul-
tern und aͤrme: dadurch ſie vermeinten erhoͤret/ und
mit gewuͤndſchter fruchtbarkeit des gewaͤchſes geſeegnet
zu werden. Ja daruͤm verfluchten und beſchwuhren ſie
auch zugleich alle miteinander des boßhaftigen Tifons
wuͤhtende macht; damit er/ durch ſeine grauſamkeit/
den liebreichen ſeegen ihrer guͤhtigen Wahngoͤtter nicht
verhinderte/ oder verderbete.

Hingegen demuͤhtigte ſich Joſef/ in ſeinem hertzen/
vor dem ewigen almaͤchtigem Gotte/ dem Gotte ſeiner
Vaͤter/ Abrahams/ Iſaaks/ und Jakobs. Ach!
ſprach er/ und erſeufzete hertzinniglich: ach Gott! ach
barmherziger Gott! ach grundguͤhtiger Vater! ich
bitte nicht fuͤr mich/ daß du mich aus dieſer leibeigen-
ſchaft erretteſt. Ich floͤhe nicht fuͤr mich/ daß du mich
aus dieſem jammer und elende reiſſeſt. Dis alles/ ja
mehr als dis/ haben meine manchfaͤltige ſuͤnden verdie-

net.
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[2/0026] Der Aſſenat mildreichen Iſis. Etliche rieffen den hundekoͤpfich- ten Knef oder Anubis; und den kraftreichen So- tis/ ſamt dem fruchtbahren Orus/ zu huͤlfe. Andere ſchrien den dikbeuchichten Nielgoͤtzen Kanopus/ und dergleichen laͤcherliche Ungottheiten an. Die meiſten aber wendeten ſich bald zum ſchwartzen Fluhtgoͤtzen Momft/ dem verſchaffer des wachſenden Niels; bald zum ſchlammichten Ebbegoͤtzen Omft/ dem gebieter des fallenden ſtrohms. Beide baͤhteten ſie an. Jener ſolte verſchaffen/ daß der ſteigende Niel ihre aͤkker durchwaͤſſerte/ und fruchtbar machte. Dieſer ſolte ge- bieten/ daß er nicht alzuhoch aufſtiege/ und zu rechter zeit wieder zuruͤktraͤhte; damit er das land nicht ver- wuͤſtete. Manche hefteten auch zugleich waͤchſerne taͤf- lein/ darauf geſchrieben ſtund/ was ſie ſo aͤngſtiglich be- gehreten/ dieſem und jenem Goͤtzen an das bein: damit er ihrer bitte/ wan ſie weggingen/ ja nicht vergeße. Und das alles taͤhten ſie/ teils mit klopfen und ſtoßen vor die bruſt/ teils mit bluhtruͤnſtigem aufritzen ihrer ſchul- tern und aͤrme: dadurch ſie vermeinten erhoͤret/ und mit gewuͤndſchter fruchtbarkeit des gewaͤchſes geſeegnet zu werden. Ja daruͤm verfluchten und beſchwuhren ſie auch zugleich alle miteinander des boßhaftigen Tifons wuͤhtende macht; damit er/ durch ſeine grauſamkeit/ den liebreichen ſeegen ihrer guͤhtigen Wahngoͤtter nicht verhinderte/ oder verderbete. Hingegen demuͤhtigte ſich Joſef/ in ſeinem hertzen/ vor dem ewigen almaͤchtigem Gotte/ dem Gotte ſeiner Vaͤter/ Abrahams/ Iſaaks/ und Jakobs. Ach! ſprach er/ und erſeufzete hertzinniglich: ach Gott! ach barmherziger Gott! ach grundguͤhtiger Vater! ich bitte nicht fuͤr mich/ daß du mich aus dieſer leibeigen- ſchaft erretteſt. Ich floͤhe nicht fuͤr mich/ daß du mich aus dieſem jammer und elende reiſſeſt. Dis alles/ ja mehr als dis/ haben meine manchfaͤltige ſuͤnden verdie- net.

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/26>, abgerufen am 09.10.2024.