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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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fünftes Buch.
sie bekräftigten denselben mit aufgerekten fingern. Der
König hatte zwar anstalt machen laßen/ daß Josef/
straks nach der Kröhnung/ durch die gassen der stadt
Memfis solte geführet werden/ dem Volke seinen
neuen Schaltkönig zu zeigen. Aber die helfte dieses ta-
ges war schon verlauffen. Der mittag war herbei ge-
nahet; und die tafeln zum Kröhnungsmahle albereit
gedekket. Darüm ward solches gepränge bis auf den
künftigen morgen verschoben: und das neugierige Volk
bekahm vor dieses mahl seinen neuen Gebieter nicht zu
sehen. Vor dieses mahl muste es sein großes verlangen
mit geduld speisen: ein solches verlangen demselben glük
zu wündschen/ von dessen wunderlichen glüksfällen der
ruf überal/ durch die gantze stadt/ erschollen.

Mitlerweile ward das übrige des tages in voller lust
zugebracht. Und diese lust üm so viel angenehmer zu
machen/ hatte der König/ im Burggarten/ eine große
Läube längst der mauer hin aufrichten laßen. Alhier
gab der schatten eine kühle luft/ das auf den bodem ge-
streuete bluhmenwerk einen anmuhtigen geruch/ und
der lust garten selbst ein liebliches aussehen. Hierunter
ward das Kröhnunsgmahl gehalten. Hier ergetzte sich
der König: und mit ihm der ausbund des gantzen E-
giptischen Adels. Hier saß Josef nunmehr in voller
herligkeit/ und freude. Alles seines vorigen elendes/
und alles seines leides hatte er vergessen. An stat seiner
leibeigenschaft/ hatte er das gebiet eines so mächtigen
Königreichs in seinen händen. An stat seiner vorigen
schmaach und verachtung/ ward er itzund mit kniebeu-
gen geehret. An stat des knechtischen nahmens/ füh-
rete er itzund einen königlichen; und ward ein Heiland
der welt
genennet. An stat des Rokkes/ den ihm die
Ehbrecherin vom halse gerissen/ hatte ihn der König in
reine weisse seide gekleidet. An stat der eisernen ketten
seines gefängnüsses/ trug er eine güldene: an stat des

knech-
N iiij

fuͤnftes Buch.
ſie bekraͤftigten denſelben mit aufgerekten fingern. Der
Koͤnig hatte zwar anſtalt machen laßen/ daß Joſef/
ſtraks nach der Kroͤhnung/ durch die gaſſen der ſtadt
Memfis ſolte gefuͤhret werden/ dem Volke ſeinen
neuen Schaltkoͤnig zu zeigen. Aber die helfte dieſes ta-
ges war ſchon verlauffen. Der mittag war herbei ge-
nahet; und die tafeln zum Kroͤhnungsmahle albereit
gedekket. Daruͤm ward ſolches gepraͤnge bis auf den
kuͤnftigen morgen verſchoben: und das neugierige Volk
bekahm vor dieſes mahl ſeinen neuen Gebieter nicht zu
ſehen. Vor dieſes mahl muſte es ſein großes verlangen
mit geduld ſpeiſen: ein ſolches verlangen demſelben gluͤk
zu wuͤndſchen/ von deſſen wunderlichen gluͤksfaͤllen der
ruf uͤberal/ durch die gantze ſtadt/ erſchollen.

Mitlerweile ward das uͤbrige des tages in voller luſt
zugebracht. Und dieſe luſt uͤm ſo viel angenehmer zu
machen/ hatte der Koͤnig/ im Burggarten/ eine große
Laͤube laͤngſt der mauer hin aufrichten laßen. Alhier
gab der ſchatten eine kuͤhle luft/ das auf den bodem ge-
ſtreuete bluhmenwerk einen anmuhtigen geruch/ und
der luſt garten ſelbſt ein liebliches ausſehen. Hierunter
ward das Kroͤhnunsgmahl gehalten. Hier ergetzte ſich
der Koͤnig: und mit ihm der ausbund des gantzen E-
giptiſchen Adels. Hier ſaß Joſef nunmehr in voller
herligkeit/ und freude. Alles ſeines vorigen elendes/
und alles ſeines leides hatte er vergeſſen. An ſtat ſeiner
leibeigenſchaft/ hatte er das gebiet eines ſo maͤchtigen
Koͤnigreichs in ſeinen haͤnden. An ſtat ſeiner vorigen
ſchmaach und verachtung/ ward er itzund mit kniebeu-
gen geehret. An ſtat des knechtiſchen nahmens/ fuͤh-
rete er itzund einen koͤniglichen; und ward ein Heiland
der welt
genennet. An ſtat des Rokkes/ den ihm die
Ehbrecherin vom halſe geriſſen/ hatte ihn der Koͤnig in
reine weiſſe ſeide gekleidet. An ſtat der eiſernen ketten
ſeines gefaͤngnuͤſſes/ trug er eine guͤldene: an ſtat des

knech-
N iiij
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[199/0223] fuͤnftes Buch. ſie bekraͤftigten denſelben mit aufgerekten fingern. Der Koͤnig hatte zwar anſtalt machen laßen/ daß Joſef/ ſtraks nach der Kroͤhnung/ durch die gaſſen der ſtadt Memfis ſolte gefuͤhret werden/ dem Volke ſeinen neuen Schaltkoͤnig zu zeigen. Aber die helfte dieſes ta- ges war ſchon verlauffen. Der mittag war herbei ge- nahet; und die tafeln zum Kroͤhnungsmahle albereit gedekket. Daruͤm ward ſolches gepraͤnge bis auf den kuͤnftigen morgen verſchoben: und das neugierige Volk bekahm vor dieſes mahl ſeinen neuen Gebieter nicht zu ſehen. Vor dieſes mahl muſte es ſein großes verlangen mit geduld ſpeiſen: ein ſolches verlangen demſelben gluͤk zu wuͤndſchen/ von deſſen wunderlichen gluͤksfaͤllen der ruf uͤberal/ durch die gantze ſtadt/ erſchollen. Mitlerweile ward das uͤbrige des tages in voller luſt zugebracht. Und dieſe luſt uͤm ſo viel angenehmer zu machen/ hatte der Koͤnig/ im Burggarten/ eine große Laͤube laͤngſt der mauer hin aufrichten laßen. Alhier gab der ſchatten eine kuͤhle luft/ das auf den bodem ge- ſtreuete bluhmenwerk einen anmuhtigen geruch/ und der luſt garten ſelbſt ein liebliches ausſehen. Hierunter ward das Kroͤhnunsgmahl gehalten. Hier ergetzte ſich der Koͤnig: und mit ihm der ausbund des gantzen E- giptiſchen Adels. Hier ſaß Joſef nunmehr in voller herligkeit/ und freude. Alles ſeines vorigen elendes/ und alles ſeines leides hatte er vergeſſen. An ſtat ſeiner leibeigenſchaft/ hatte er das gebiet eines ſo maͤchtigen Koͤnigreichs in ſeinen haͤnden. An ſtat ſeiner vorigen ſchmaach und verachtung/ ward er itzund mit kniebeu- gen geehret. An ſtat des knechtiſchen nahmens/ fuͤh- rete er itzund einen koͤniglichen; und ward ein Heiland der welt genennet. An ſtat des Rokkes/ den ihm die Ehbrecherin vom halſe geriſſen/ hatte ihn der Koͤnig in reine weiſſe ſeide gekleidet. An ſtat der eiſernen ketten ſeines gefaͤngnuͤſſes/ trug er eine guͤldene: an ſtat des knech- N iiij

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/223>, abgerufen am 28.04.2024.