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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
huldigen wolten? Des Reichskantzlers rede beantwor-
tete der Reichsstände Worthalter eben so kurtzbündig:
und sie selbsten rieffen auf die zwo vorgestellete fragen
einmündig ja.

Auf dieses so willige jawort erhub sich/ auf befehl
des Königes/ der Ertzbischof/ samt dem Reichskantzler
und Reichsschatzmeister/ als auch allen Reichsrähten/
den Josef zu hohlen. Nicht lange darnach brachten sie
ihn geführet. Ein Hofmahrschalk ging allein voran;
und Josef/ zwischen dem Ertzbischoffe und dem Reichs-
kantzler/ hernach: denen alle die übrigen folgeten. So-
bald sie vor den König gelanget/ begaben sie sich alle wie-
der in ihre stellen. Und Josef blieb allein/ nachdem er
sich auf das allerehrbietigste geneuget/ vor dem Reichs-
stuhle stehen. Der König gab ihm einen wink/ daß er
nähern solte. Er gehorchte zur stunde/ und traht dichte
vor die stufen des Reichsstuhls. Darauf wiederhohle-
te der König fast alle worte/ die er vor sechs tagen zu
ihm geredet/ als er ihn zum Schaltkönige erwehlet.
Josef neugte sich abermahl zur erden nieder/ und als
er sahe/ daß der König sich bewegte aufzustehen/ stieg er
bis auf die oberste stufe des Reichsstuhls/ und fiel alda
nieder auf seine kniehe.

Hierauf zog der König seinen Siegelring vom fin-
ger/ und stekte ihn auf Josefs finger. Darnach nahm
er auch eine güldene Kette/ die er am halse trug; und
hing sie üm Josefs hals. Unten an diese Kette war
ein Brustpfennig/ darauf ein Elefant gepräget stund/
angegliedert. Der Elefant solte die Königliche Majä-
stäht/ die sich/ wie der Elefant/ vor niemand neuget/
bezeichnen. Hiermit übergebe ich euch/ sagte der
König/ alle gewalt über das gantze Egipten.
Ich bin
Farao: ohne euren willen sol niemand
im gantzen Reiche/ seine hand/ oder seinen fuß
regen. Alles sol euch/ und ihr niemand/ unter-

tahn

Der Aſſenat
huldigen wolten? Des Reichskantzlers rede beantwor-
tete der Reichsſtaͤnde Worthalter eben ſo kurtzbuͤndig:
und ſie ſelbſten rieffen auf die zwo vorgeſtellete fragen
einmuͤndig ja.

Auf dieſes ſo willige jawort erhub ſich/ auf befehl
des Koͤniges/ der Ertzbiſchof/ ſamt dem Reichskantzler
und Reichsſchatzmeiſter/ als auch allen Reichsraͤhten/
den Joſef zu hohlen. Nicht lange darnach brachten ſie
ihn gefuͤhret. Ein Hofmahrſchalk ging allein voran;
und Joſef/ zwiſchen dem Ertzbiſchoffe und dem Reichs-
kantzler/ hernach: denen alle die uͤbrigen folgeten. So-
bald ſie vor den Koͤnig gelanget/ begaben ſie ſich alle wie-
der in ihre ſtellen. Und Joſef blieb allein/ nachdem er
ſich auf das allerehrbietigſte geneuget/ vor dem Reichs-
ſtuhle ſtehen. Der Koͤnig gab ihm einen wink/ daß er
naͤhern ſolte. Er gehorchte zur ſtunde/ und traht dichte
vor die ſtufen des Reichsſtuhls. Darauf wiederhohle-
te der Koͤnig faſt alle worte/ die er vor ſechs tagen zu
ihm geredet/ als er ihn zum Schaltkoͤnige erwehlet.
Joſef neugte ſich abermahl zur erden nieder/ und als
er ſahe/ daß der Koͤnig ſich bewegte aufzuſtehen/ ſtieg er
bis auf die oberſte ſtufe des Reichsſtuhls/ und fiel alda
nieder auf ſeine kniehe.

Hierauf zog der Koͤnig ſeinen Siegelring vom fin-
ger/ und ſtekte ihn auf Joſefs finger. Darnach nahm
er auch eine guͤldene Kette/ die er am halſe trug; und
hing ſie uͤm Joſefs hals. Unten an dieſe Kette war
ein Bruſtpfennig/ darauf ein Elefant gepraͤget ſtund/
angegliedert. Der Elefant ſolte die Koͤnigliche Majaͤ-
ſtaͤht/ die ſich/ wie der Elefant/ vor niemand neuget/
bezeichnen. Hiermit uͤbergebe ich euch/ ſagte der
Koͤnig/ alle gewalt uͤber das gantze Egipten.
Ich bin
Farao: ohne euren willen ſol niemand
im gantzen Reiche/ ſeine hand/ oder ſeinen fuß
regen. Alles ſol euch/ und ihr niemand/ unter-

tahn
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[196/0220] Der Aſſenat huldigen wolten? Des Reichskantzlers rede beantwor- tete der Reichsſtaͤnde Worthalter eben ſo kurtzbuͤndig: und ſie ſelbſten rieffen auf die zwo vorgeſtellete fragen einmuͤndig ja. Auf dieſes ſo willige jawort erhub ſich/ auf befehl des Koͤniges/ der Ertzbiſchof/ ſamt dem Reichskantzler und Reichsſchatzmeiſter/ als auch allen Reichsraͤhten/ den Joſef zu hohlen. Nicht lange darnach brachten ſie ihn gefuͤhret. Ein Hofmahrſchalk ging allein voran; und Joſef/ zwiſchen dem Ertzbiſchoffe und dem Reichs- kantzler/ hernach: denen alle die uͤbrigen folgeten. So- bald ſie vor den Koͤnig gelanget/ begaben ſie ſich alle wie- der in ihre ſtellen. Und Joſef blieb allein/ nachdem er ſich auf das allerehrbietigſte geneuget/ vor dem Reichs- ſtuhle ſtehen. Der Koͤnig gab ihm einen wink/ daß er naͤhern ſolte. Er gehorchte zur ſtunde/ und traht dichte vor die ſtufen des Reichsſtuhls. Darauf wiederhohle- te der Koͤnig faſt alle worte/ die er vor ſechs tagen zu ihm geredet/ als er ihn zum Schaltkoͤnige erwehlet. Joſef neugte ſich abermahl zur erden nieder/ und als er ſahe/ daß der Koͤnig ſich bewegte aufzuſtehen/ ſtieg er bis auf die oberſte ſtufe des Reichsſtuhls/ und fiel alda nieder auf ſeine kniehe. Hierauf zog der Koͤnig ſeinen Siegelring vom fin- ger/ und ſtekte ihn auf Joſefs finger. Darnach nahm er auch eine guͤldene Kette/ die er am halſe trug; und hing ſie uͤm Joſefs hals. Unten an dieſe Kette war ein Bruſtpfennig/ darauf ein Elefant gepraͤget ſtund/ angegliedert. Der Elefant ſolte die Koͤnigliche Majaͤ- ſtaͤht/ die ſich/ wie der Elefant/ vor niemand neuget/ bezeichnen. Hiermit uͤbergebe ich euch/ ſagte der Koͤnig/ alle gewalt uͤber das gantze Egipten. Ich bin Farao: ohne euren willen ſol niemand im gantzen Reiche/ ſeine hand/ oder ſeinen fuß regen. Alles ſol euch/ und ihr niemand/ unter- tahn

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/220>, abgerufen am 21.12.2024.