Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zeiller, Martin: Centuria Variarum Quæstionum. Bd. 1. Ulm, 1658.

Bild:
<< vorherige Seite

Die XXIV. Frag.
andern Glieder deß Leibs/ dem Haupt/ wann es sei-
nem Ampt nicht genug gethan/ sich widersetzt hätte?
Und wer solte die jenige zu Schifffahrende nicht für
unsinnig halten/ die/ bey gar grossem Ungewitter/
und Sturm-Winden/ den Schiffmann/ oder Re-
genten deß Schiffes/ umbs Leben bringen wolten?
weil sie dann durch sich selbsten ins Verderben/
und in den gewissen Tode/ stürtzen würden. Da-
her dann auch/ die jenigen für, unsinnig zuhalten
wären/ welche einen Fürsten hinzurichten/ ver-
meinten.

Theils machen einen Unterscheid zwischen ei-
nem/ so ein rechtmässiger Fürst ist/ aber in sei-
ner Regier- oder Verwaltung/ sich nicht/ wie es
seyn solte verhält/ sondern Tyrannisch handelt: und
zwischen einem/ so kein Recht/ oder rechtmässigen
Titel zu einem Lande/ oder Gebiet gehabt/ sondern
dasselbe mit Gewalt angefallen hat; daß man einen
solchen/ als einen geschwornen Feind deß gemeinen
Standes/ und deme eine rechtmässige Beherrschung
nicht zugelassen ist/ wol umbbringen möge; und oh-
ne zweiffel auch gedachter Seneca dahin gesehen ha-
ben werde. Eine andere Gelegenheit aber habe es
mit einem Fürsten/ der entweder durch die Erbfol-
ge/ oder durch die Wahl/ rechtmässiger weise/ zum
Regiment gelangt ist; aber seiner Gewalt mißbrau-
chet/ und denselben zu einem Raub machet/ alle Got-
tesfurcht/ Recht und Erbarkeit hindan setzet; wel-
ches man gleichwol mit Gedult ertragen/ und Gott

die

Die XXIV. Frag.
andern Glieder deß Leibs/ dem Haupt/ wann es ſei-
nem Ampt nicht genug gethan/ ſich widerſetzt haͤtte?
Und wer ſolte die jenige zu Schifffahrende nicht fuͤr
unſinnig halten/ die/ bey gar groſſem Ungewitter/
und Sturm-Winden/ den Schiffmann/ oder Re-
genten deß Schiffes/ umbs Leben bringen wolten?
weil ſie dann durch ſich ſelbſten ins Verderben/
und in den gewiſſen Tode/ ſtuͤrtzen wuͤrden. Da-
her dann auch/ die jenigen für, unſinnig zuhalten
waͤren/ welche einen Fuͤrſten hinzurichten/ ver-
meinten.

Theils machen einen Unterſcheid zwiſchen ei-
nem/ ſo ein rechtmaͤſſiger Fuͤrſt iſt/ aber in ſei-
ner Regier- oder Verwaltung/ ſich nicht/ wie es
ſeyn ſolte verhaͤlt/ ſondern Tyranniſch handelt: und
zwiſchen einem/ ſo kein Recht/ oder rechtmaͤſſigen
Titel zu einem Lande/ oder Gebiet gehabt/ ſondern
daſſelbe mit Gewalt angefallen hat; daß man einen
ſolchen/ als einen geſchwornen Feind deß gemeinen
Standes/ und deme eine rechtmaͤſſige Beherꝛſchung
nicht zugelaſſen iſt/ wol umbbringen moͤge; und oh-
ne zweiffel auch gedachter Seneca dahin geſehen ha-
ben werde. Eine andere Gelegenheit aber habe es
mit einem Fuͤrſten/ der entweder durch die Erbfol-
ge/ oder durch die Wahl/ rechtmaͤſſiger weiſe/ zum
Regiment gelangt iſt; aber ſeiner Gewalt mißbrau-
chet/ und denſelben zu einem Raub machet/ alle Got-
tesfurcht/ Recht und Erbarkeit hindan ſetzet; wel-
ches man gleichwol mit Gedult ertragen/ und Gott

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0090" n="74"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die <hi rendition="#aq">XXIV.</hi> Frag.</hi></fw><lb/>
andern Glieder deß Leibs/ dem Haupt/ wann es &#x017F;ei-<lb/>
nem Ampt nicht genug gethan/ &#x017F;ich wider&#x017F;etzt ha&#x0364;tte?<lb/>
Und wer &#x017F;olte die jenige zu Schifffahrende nicht fu&#x0364;r<lb/>
un&#x017F;innig halten/ die/ bey gar gro&#x017F;&#x017F;em Ungewitter/<lb/>
und Sturm-Winden/ den Schiffmann/ oder Re-<lb/>
genten deß Schiffes/ umbs Leben bringen wolten?<lb/>
weil &#x017F;ie dann durch &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten ins Verderben/<lb/>
und in den gewi&#x017F;&#x017F;en Tode/ &#x017F;tu&#x0364;rtzen wu&#x0364;rden. Da-<lb/>
her dann auch/ die jenigen für, un&#x017F;innig zuhalten<lb/>
wa&#x0364;ren/ welche einen Fu&#x0364;r&#x017F;ten hinzurichten/ ver-<lb/>
meinten.</p><lb/>
        <p>Theils machen einen Unter&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen ei-<lb/>
nem/ &#x017F;o ein rechtma&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Fu&#x0364;r&#x017F;t i&#x017F;t/ aber in &#x017F;ei-<lb/>
ner Regier- oder Verwaltung/ &#x017F;ich nicht/ wie es<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;olte verha&#x0364;lt/ &#x017F;ondern Tyranni&#x017F;ch handelt: und<lb/>
zwi&#x017F;chen einem/ &#x017F;o kein Recht/ oder rechtma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen<lb/>
Titel zu einem Lande/ oder Gebiet gehabt/ &#x017F;ondern<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe mit Gewalt angefallen hat; daß man einen<lb/>
&#x017F;olchen/ als einen ge&#x017F;chwornen Feind deß gemeinen<lb/>
Standes/ und deme eine rechtma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Beher&#xA75B;&#x017F;chung<lb/>
nicht zugela&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t/ wol umbbringen mo&#x0364;ge; und oh-<lb/>
ne zweiffel auch gedachter Seneca dahin ge&#x017F;ehen ha-<lb/>
ben werde. Eine andere Gelegenheit aber habe es<lb/>
mit einem Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ der entweder durch die Erbfol-<lb/>
ge/ oder durch die Wahl/ rechtma&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger wei&#x017F;e/ zum<lb/>
Regiment gelangt i&#x017F;t; aber &#x017F;einer Gewalt mißbrau-<lb/>
chet/ und den&#x017F;elben zu einem Raub machet/ alle Got-<lb/>
tesfurcht/ Recht und Erbarkeit hindan &#x017F;etzet; wel-<lb/>
ches man gleichwol mit Gedult ertragen/ und Gott<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0090] Die XXIV. Frag. andern Glieder deß Leibs/ dem Haupt/ wann es ſei- nem Ampt nicht genug gethan/ ſich widerſetzt haͤtte? Und wer ſolte die jenige zu Schifffahrende nicht fuͤr unſinnig halten/ die/ bey gar groſſem Ungewitter/ und Sturm-Winden/ den Schiffmann/ oder Re- genten deß Schiffes/ umbs Leben bringen wolten? weil ſie dann durch ſich ſelbſten ins Verderben/ und in den gewiſſen Tode/ ſtuͤrtzen wuͤrden. Da- her dann auch/ die jenigen für, unſinnig zuhalten waͤren/ welche einen Fuͤrſten hinzurichten/ ver- meinten. Theils machen einen Unterſcheid zwiſchen ei- nem/ ſo ein rechtmaͤſſiger Fuͤrſt iſt/ aber in ſei- ner Regier- oder Verwaltung/ ſich nicht/ wie es ſeyn ſolte verhaͤlt/ ſondern Tyranniſch handelt: und zwiſchen einem/ ſo kein Recht/ oder rechtmaͤſſigen Titel zu einem Lande/ oder Gebiet gehabt/ ſondern daſſelbe mit Gewalt angefallen hat; daß man einen ſolchen/ als einen geſchwornen Feind deß gemeinen Standes/ und deme eine rechtmaͤſſige Beherꝛſchung nicht zugelaſſen iſt/ wol umbbringen moͤge; und oh- ne zweiffel auch gedachter Seneca dahin geſehen ha- ben werde. Eine andere Gelegenheit aber habe es mit einem Fuͤrſten/ der entweder durch die Erbfol- ge/ oder durch die Wahl/ rechtmaͤſſiger weiſe/ zum Regiment gelangt iſt; aber ſeiner Gewalt mißbrau- chet/ und denſelben zu einem Raub machet/ alle Got- tesfurcht/ Recht und Erbarkeit hindan ſetzet; wel- ches man gleichwol mit Gedult ertragen/ und Gott die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria01_1658
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria01_1658/90
Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centuria Variarum Quæstionum. Bd. 1. Ulm, 1658, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria01_1658/90>, abgerufen am 06.05.2024.