Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764].

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
der Melancholey.
Diese gesegnete Stunde der Stille wird alles das Lä-
cheln
Schimmernder Thorheit entdecken, das, gleich des li-
stigen Comus
Falscher zaubrischer Kunst, die allzusicheren Augen
Mit der verborgnen Verblendung getäuscht; den bezau-
berten Becher
Uns zu trinken verführt, wodurch die Seele berauschet,
Ganz sich vergißt, und der Mensch zum Ungeheuer
herabsinkt.
Gierig kosten wir ihn, doch in dem frohen Genuße
Merken wir nicht die giftigen Hefen, die mit ihm ge-
mischt sind.
O wie wenige kennen den Werth der feineren
Seele,
Deren erhöhtes Gefühl, in Scenen finsterer Schwer-
muth,
Schnellere Freuden genießt, als die der Schimmer des
Hofes,
Und
L 3
der Melancholey.
Dieſe geſegnete Stunde der Stille wird alles das Laͤ-
cheln
Schimmernder Thorheit entdecken, das, gleich des li-
ſtigen Comus
Falſcher zaubriſcher Kunſt, die allzuſicheren Augen
Mit der verborgnen Verblendung getaͤuſcht; den bezau-
berten Becher
Uns zu trinken verfuͤhrt, wodurch die Seele berauſchet,
Ganz ſich vergißt, und der Menſch zum Ungeheuer
herabſinkt.
Gierig koſten wir ihn, doch in dem frohen Genuße
Merken wir nicht die giftigen Hefen, die mit ihm ge-
miſcht ſind.
O wie wenige kennen den Werth der feineren
Seele,
Deren erhoͤhtes Gefuͤhl, in Scenen finſterer Schwer-
muth,
Schnellere Freuden genießt, als die der Schimmer des
Hofes,
Und
L 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0171" n="149"/>
          <fw place="top" type="header">der Melancholey.</fw><lb/>
          <l>Die&#x017F;e ge&#x017F;egnete Stunde der Stille wird alles das La&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">cheln</hi></l><lb/>
          <l>Schimmernder Thorheit entdecken, das, gleich des li-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tigen Comus</hi></l><lb/>
          <l>Fal&#x017F;cher zaubri&#x017F;cher Kun&#x017F;t, die allzu&#x017F;icheren Augen</l><lb/>
          <l>Mit der verborgnen Verblendung geta&#x0364;u&#x017F;cht; den bezau-<lb/><hi rendition="#et">berten Becher</hi></l><lb/>
          <l>Uns zu trinken verfu&#x0364;hrt, wodurch die Seele berau&#x017F;chet,</l><lb/>
          <l>Ganz &#x017F;ich vergißt, und der Men&#x017F;ch zum Ungeheuer<lb/><hi rendition="#et">herab&#x017F;inkt.</hi></l><lb/>
          <l>Gierig ko&#x017F;ten wir ihn, doch in dem frohen Genuße</l><lb/>
          <l>Merken wir nicht die giftigen Hefen, die mit ihm ge-<lb/><hi rendition="#et">mi&#x017F;cht &#x017F;ind.</hi></l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>O wie wenige kennen den Werth der feineren<lb/><hi rendition="#et">Seele,</hi></l><lb/>
          <l>Deren erho&#x0364;htes Gefu&#x0364;hl, in Scenen fin&#x017F;terer Schwer-<lb/><hi rendition="#et">muth,</hi></l><lb/>
          <l>Schnellere Freuden genießt, als die der Schimmer des<lb/><hi rendition="#et">Hofes,</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">L 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0171] der Melancholey. Dieſe geſegnete Stunde der Stille wird alles das Laͤ- cheln Schimmernder Thorheit entdecken, das, gleich des li- ſtigen Comus Falſcher zaubriſcher Kunſt, die allzuſicheren Augen Mit der verborgnen Verblendung getaͤuſcht; den bezau- berten Becher Uns zu trinken verfuͤhrt, wodurch die Seele berauſchet, Ganz ſich vergißt, und der Menſch zum Ungeheuer herabſinkt. Gierig koſten wir ihn, doch in dem frohen Genuße Merken wir nicht die giftigen Hefen, die mit ihm ge- miſcht ſind. O wie wenige kennen den Werth der feineren Seele, Deren erhoͤhtes Gefuͤhl, in Scenen finſterer Schwer- muth, Schnellere Freuden genießt, als die der Schimmer des Hofes, Und L 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften05_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften05_1764/171
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764], S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften05_1764/171>, abgerufen am 28.11.2024.