Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Morgen. O so schreckt nicht sogleich mit niederm pedantischenStolze Euer Geschlecht, das neidisch auf euch, von Erziehung verdorben, Wissenschaften noch mehr im prahlenden Hochmuth ver- achtet. Die gelehrteste Schöne wird grösserer Beyfall beloh- nen, Wenn sie Natur und Zärtlichkeit spricht, und zur Lie- be geschaffen, Nicht mit Belesenheit prangt, und unter Hauben nicht Mann ist. Folget auch ja nicht zu leicht, von Beyspiel und Schmeichlern verleitet, Einer verwegenen Dichterin nach, zur Fahne der Rei- mer, Oder wohl gar in das Feld der Kritik. Die satyrische Geissel Schonet des Reifrocks nicht, und trift mit schmerzen- den Schlägen Einer Schöne durchwässertes Lied, so sehr auch ihr Bildniß Vor der mißlungenen Schrift vom Leser Verschonung erbittet. Aber wie werdet ihr nicht das Herz des Mannes beglücken, Den die Vorsicht euch schenkt, wenn eure Wangen voll Rosen, Euer siegender Blick, und eure Kastanienlocken Jhn IV. Th. D
Der Morgen. O ſo ſchreckt nicht ſogleich mit niederm pedantiſchenStolze Euer Geſchlecht, das neidiſch auf euch, von Erziehung verdorben, Wiſſenſchaften noch mehr im prahlenden Hochmuth ver- achtet. Die gelehrteſte Schoͤne wird groͤſſerer Beyfall beloh- nen, Wenn ſie Natur und Zaͤrtlichkeit ſpricht, und zur Lie- be geſchaffen, Nicht mit Beleſenheit prangt, und unter Hauben nicht Mann iſt. Folget auch ja nicht zu leicht, von Beyſpiel und Schmeichlern verleitet, Einer verwegenen Dichterin nach, zur Fahne der Rei- mer, Oder wohl gar in das Feld der Kritik. Die ſatyriſche Geiſſel Schonet des Reifrocks nicht, und trift mit ſchmerzen- den Schlaͤgen Einer Schoͤne durchwaͤſſertes Lied, ſo ſehr auch ihr Bildniß Vor der mißlungenen Schrift vom Leſer Verſchonung erbittet. Aber wie werdet ihr nicht das Herz des Mannes begluͤcken, Den die Vorſicht euch ſchenkt, wenn eure Wangen voll Roſen, Euer ſiegender Blick, und eure Kaſtanienlocken Jhn IV. Th. D
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Der Morgen.
O ſo ſchreckt nicht ſogleich mit niederm pedantiſchen
Stolze
Euer Geſchlecht, das neidiſch auf euch, von Erziehung
verdorben,
Wiſſenſchaften noch mehr im prahlenden Hochmuth ver-
achtet.
Die gelehrteſte Schoͤne wird groͤſſerer Beyfall beloh-
nen,
Wenn ſie Natur und Zaͤrtlichkeit ſpricht, und zur Lie-
be geſchaffen,
Nicht mit Beleſenheit prangt, und unter Hauben nicht
Mann iſt.
Folget auch ja nicht zu leicht, von Beyſpiel und
Schmeichlern verleitet,
Einer verwegenen Dichterin nach, zur Fahne der Rei-
mer,
Oder wohl gar in das Feld der Kritik. Die ſatyriſche
Geiſſel
Schonet des Reifrocks nicht, und trift mit ſchmerzen-
den Schlaͤgen
Einer Schoͤne durchwaͤſſertes Lied, ſo ſehr auch ihr
Bildniß
Vor der mißlungenen Schrift vom Leſer Verſchonung
erbittet.
Aber wie werdet ihr nicht das Herz des Mannes
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