Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Morgen. Himmel! wie welken die Scenen dahin, die alle Thea-ter Uns zu geben vermögen! und wie verschiessen die Far- ben Aller Freuden des Hofs, vor diesem himmlischen Auf- tritt! Und schon achtzehn Jahr ward mir dies Schauspiel ge- halten, Eh ich nur einmal es sah? (Hier floß auf die Rosen der Wangen Eine Perle herab.) Auch diese Scene, Geliebter, (Fuhr sie heiterer fort;) hab ich nur dir zu verdanken! Sie umarmten sich hier voll unaussprechlicher Liebe, Und der günstige Morgen verschüttete Kränze von Blumen Ueber dies zärtliche Paar, die glücklichste Liebe zu krö- nen. Solcher Scenen geniesset der Blick des Wande- rers, wenn er, Nicht zu gemächlich gewöhnt, sich aus den Armen des Schlafs reißt, Und den Thau und die kühlere Luft des Morgens nicht fürchtet. Du, o Muse, hast oft die weichliche Ruhe verlassen, Hast den wandernden Fuß mit Perlenthaue benetzet, Und
Der Morgen. Himmel! wie welken die Scenen dahin, die alle Thea-ter Uns zu geben vermoͤgen! und wie verſchieſſen die Far- ben Aller Freuden des Hofs, vor dieſem himmliſchen Auf- tritt! Und ſchon achtzehn Jahr ward mir dies Schauſpiel ge- halten, Eh ich nur einmal es ſah? (Hier floß auf die Roſen der Wangen Eine Perle herab.) Auch dieſe Scene, Geliebter, (Fuhr ſie heiterer fort;) hab ich nur dir zu verdanken! Sie umarmten ſich hier voll unausſprechlicher Liebe, Und der guͤnſtige Morgen verſchuͤttete Kraͤnze von Blumen Ueber dies zaͤrtliche Paar, die gluͤcklichſte Liebe zu kroͤ- nen. Solcher Scenen genieſſet der Blick des Wande- rers, wenn er, Nicht zu gemaͤchlich gewoͤhnt, ſich aus den Armen des Schlafs reißt, Und den Thau und die kuͤhlere Luft des Morgens nicht fuͤrchtet. Du, o Muſe, haſt oft die weichliche Ruhe verlaſſen, Haſt den wandernden Fuß mit Perlenthaue benetzet, Und
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Der Morgen.
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Uns zu geben vermoͤgen! und wie verſchieſſen die Far-
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Aller Freuden des Hofs, vor dieſem himmliſchen Auf-
tritt!
Und ſchon achtzehn Jahr ward mir dies Schauſpiel ge-
halten,
Eh ich nur einmal es ſah? (Hier floß auf die Roſen
der Wangen
Eine Perle herab.) Auch dieſe Scene, Geliebter,
(Fuhr ſie heiterer fort;) hab ich nur dir zu verdanken!
Sie umarmten ſich hier voll unausſprechlicher Liebe,
Und der guͤnſtige Morgen verſchuͤttete Kraͤnze von
Blumen
Ueber dies zaͤrtliche Paar, die gluͤcklichſte Liebe zu kroͤ-
nen.
Solcher Scenen genieſſet der Blick des Wande-
rers, wenn er,
Nicht zu gemaͤchlich gewoͤhnt, ſich aus den Armen des
Schlafs reißt,
Und den Thau und die kuͤhlere Luft des Morgens nicht
fuͤrchtet.
Du, o Muſe, haſt oft die weichliche Ruhe verlaſſen,
Haſt den wandernden Fuß mit Perlenthaue benetzet,
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