Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

Bild:
<< vorherige Seite

Der Morgen.
Und sinkt nieder zum Meer; nun wadet er, langsam
schreitend,

Durch die Wiesen, im Thau, und süllt mit Fröschen
den Schlund an.

Mit verbrantem Gesicht, und schwarzen feurigen Au-
gen,

Naht sich die Dirne dem Quell, der einzigen Schmin-
ke des Landmanns,

Jhrer Mine fehlet nicht Reiz, nicht Anmuth den Wan-
gen;

Und Gesundheit und Jugend ersetzt den Mangel der
Weisse,

Die nur der Nachttisch erzwingt. Mit mächtigem
süssen Verlangen

Sieht sie der Hirt; ihm klopfet sein Herz. Er trei-
bet die Heerden

Langsam fort, sieht öfters sich um, bis seine Geliebte
Seinen Blicken entflieht. Nun treibt er die blöcken-
den Schaaren

Aus dem Dorfe die Trift hinauf, zum schattichten
Forste,

Wo das dickeste Gras die Kühe verbirget. Die Haine
Hören die süsse Musik der Schellen und Glocken, und
fernher

Füllt dies Geläute mit Anmuth das Ohr des Wande-
rers. Alles

Wimmelt im Felde nunmehr. Ein frohes buntes Ge-
wühle

Von

Der Morgen.
Und ſinkt nieder zum Meer; nun wadet er, langſam
ſchreitend,

Durch die Wieſen, im Thau, und ſuͤllt mit Froͤſchen
den Schlund an.

Mit verbrantem Geſicht, und ſchwarzen feurigen Au-
gen,

Naht ſich die Dirne dem Quell, der einzigen Schmin-
ke des Landmanns,

Jhrer Mine fehlet nicht Reiz, nicht Anmuth den Wan-
gen;

Und Geſundheit und Jugend erſetzt den Mangel der
Weiſſe,

Die nur der Nachttiſch erzwingt. Mit maͤchtigem
ſuͤſſen Verlangen

Sieht ſie der Hirt; ihm klopfet ſein Herz. Er trei-
bet die Heerden

Langſam fort, ſieht oͤfters ſich um, bis ſeine Geliebte
Seinen Blicken entflieht. Nun treibt er die bloͤcken-
den Schaaren

Aus dem Dorfe die Trift hinauf, zum ſchattichten
Forſte,

Wo das dickeſte Gras die Kuͤhe verbirget. Die Haine
Hoͤren die ſuͤſſe Muſik der Schellen und Glocken, und
fernher

Fuͤllt dies Gelaͤute mit Anmuth das Ohr des Wande-
rers. Alles

Wimmelt im Felde nunmehr. Ein frohes buntes Ge-
wuͤhle

Von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <pb facs="#f0030" n="22"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Morgen.</hi> </fw><lb/>
          <l>Und &#x017F;inkt nieder zum Meer; nun wadet er, lang&#x017F;am<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chreitend,</hi></l><lb/>
          <l>Durch die Wie&#x017F;en, im Thau, und &#x017F;u&#x0364;llt mit Fro&#x0364;&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">den Schlund an.</hi></l><lb/>
          <l>Mit verbrantem Ge&#x017F;icht, und &#x017F;chwarzen feurigen Au-<lb/><hi rendition="#et">gen,</hi></l><lb/>
          <l>Naht &#x017F;ich die Dirne dem Quell, der einzigen Schmin-<lb/><hi rendition="#et">ke des Landmanns,</hi></l><lb/>
          <l>Jhrer Mine fehlet nicht Reiz, nicht Anmuth den Wan-<lb/><hi rendition="#et">gen;</hi></l><lb/>
          <l>Und Ge&#x017F;undheit und Jugend er&#x017F;etzt den Mangel der<lb/><hi rendition="#et">Wei&#x017F;&#x017F;e,</hi></l><lb/>
          <l>Die nur der Nachtti&#x017F;ch erzwingt. Mit ma&#x0364;chtigem<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Verlangen</hi></l><lb/>
          <l>Sieht &#x017F;ie der Hirt; ihm klopfet &#x017F;ein Herz. Er trei-<lb/><hi rendition="#et">bet die Heerden</hi></l><lb/>
          <l>Lang&#x017F;am fort, &#x017F;ieht o&#x0364;fters &#x017F;ich um, bis &#x017F;eine Geliebte</l><lb/>
          <l>Seinen Blicken entflieht. Nun treibt er die blo&#x0364;cken-<lb/><hi rendition="#et">den Schaaren</hi></l><lb/>
          <l>Aus dem Dorfe die Trift hinauf, zum &#x017F;chattichten<lb/><hi rendition="#et">For&#x017F;te,</hi></l><lb/>
          <l>Wo das dicke&#x017F;te Gras die Ku&#x0364;he verbirget. Die Haine</l><lb/>
          <l>Ho&#x0364;ren die &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Mu&#x017F;ik der Schellen und Glocken, und<lb/><hi rendition="#et">fernher</hi></l><lb/>
          <l>Fu&#x0364;llt dies Gela&#x0364;ute mit Anmuth das Ohr des Wande-<lb/><hi rendition="#et">rers. Alles</hi></l><lb/>
          <l>Wimmelt im Felde nunmehr. Ein frohes buntes Ge-<lb/><hi rendition="#et">wu&#x0364;hle</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0030] Der Morgen. Und ſinkt nieder zum Meer; nun wadet er, langſam ſchreitend, Durch die Wieſen, im Thau, und ſuͤllt mit Froͤſchen den Schlund an. Mit verbrantem Geſicht, und ſchwarzen feurigen Au- gen, Naht ſich die Dirne dem Quell, der einzigen Schmin- ke des Landmanns, Jhrer Mine fehlet nicht Reiz, nicht Anmuth den Wan- gen; Und Geſundheit und Jugend erſetzt den Mangel der Weiſſe, Die nur der Nachttiſch erzwingt. Mit maͤchtigem ſuͤſſen Verlangen Sieht ſie der Hirt; ihm klopfet ſein Herz. Er trei- bet die Heerden Langſam fort, ſieht oͤfters ſich um, bis ſeine Geliebte Seinen Blicken entflieht. Nun treibt er die bloͤcken- den Schaaren Aus dem Dorfe die Trift hinauf, zum ſchattichten Forſte, Wo das dickeſte Gras die Kuͤhe verbirget. Die Haine Hoͤren die ſuͤſſe Muſik der Schellen und Glocken, und fernher Fuͤllt dies Gelaͤute mit Anmuth das Ohr des Wande- rers. Alles Wimmelt im Felde nunmehr. Ein frohes buntes Ge- wuͤhle Von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/30
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/30>, abgerufen am 21.11.2024.