Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Erster Gesang.
Welches dem ökonomischen Alten noch werther sie machte.
Einsam im Zimmer, zufrieden mit sich, durchlebte sie
Tage,
Nicht vom Neide getrübt, noch von dem Stolze ver-
dunkelt.
Mit ihr wohnten in einem Zimmer zwey häußliche Thie-
re,
Cyper, ein fleckigter Kater, und ein geschwätziges Pap-
chen,
Welches über das Weltmeer kam, und seiner Gebie-
thrin
Manche Stunde, so gut wie ein leerer Stutzer, ver-
plaudert.

Eben hatte der weichende Winter von stürmischen
Schwingen
Seine letzten Schaure von rieselndem Hagel geschüt-
telt;
Ueber sanftwallende bunte Tapeten von Veilchen und
Tulpen
Fuhr im Triumphe der Frühling daher; und Pandions
Tochter
Stammelte schon gebrochne Versuche zu mächtigen Lie-
dern
Jn halbgrünen Hecken; als an dem östlichen Himmel
Blutroth sich Aurora erhub, und schneidende Lüfte
Vor ihr her das einsame Schloß lautheulend umbrauß-
ten,
Daß
IIter Theil. J

Erſter Geſang.
Welches dem oͤkonomiſchen Alten noch werther ſie machte.
Einſam im Zimmer, zufrieden mit ſich, durchlebte ſie
Tage,
Nicht vom Neide getruͤbt, noch von dem Stolze ver-
dunkelt.
Mit ihr wohnten in einem Zimmer zwey haͤußliche Thie-
re,
Cyper, ein fleckigter Kater, und ein geſchwaͤtziges Pap-
chen,
Welches uͤber das Weltmeer kam, und ſeiner Gebie-
thrin
Manche Stunde, ſo gut wie ein leerer Stutzer, ver-
plaudert.

Eben hatte der weichende Winter von ſtuͤrmiſchen
Schwingen
Seine letzten Schaure von rieſelndem Hagel geſchuͤt-
telt;
Ueber ſanftwallende bunte Tapeten von Veilchen und
Tulpen
Fuhr im Triumphe der Fruͤhling daher; und Pandions
Tochter
Stammelte ſchon gebrochne Verſuche zu maͤchtigen Lie-
dern
Jn halbgruͤnen Hecken; als an dem oͤſtlichen Himmel
Blutroth ſich Aurora erhub, und ſchneidende Luͤfte
Vor ihr her das einſame Schloß lautheulend umbrauß-
ten,
Daß
IIter Theil. J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="3">
              <pb facs="#f0137" n="129"/>
              <fw place="top" type="header">Er&#x017F;ter Ge&#x017F;ang.</fw><lb/>
              <l>Welches dem o&#x0364;konomi&#x017F;chen Alten noch werther &#x017F;ie machte.</l><lb/>
              <l>Ein&#x017F;am im Zimmer, zufrieden mit &#x017F;ich, durchlebte &#x017F;ie</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Tage,</hi> </l><lb/>
              <l>Nicht vom Neide getru&#x0364;bt, noch von dem Stolze ver-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">dunkelt.</hi> </l><lb/>
              <l>Mit ihr wohnten in einem Zimmer zwey ha&#x0364;ußliche Thie-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">re,</hi> </l><lb/>
              <l>Cyper, ein fleckigter Kater, und ein ge&#x017F;chwa&#x0364;tziges Pap-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">chen,</hi> </l><lb/>
              <l>Welches u&#x0364;ber das Weltmeer kam, und &#x017F;einer Gebie-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">thrin</hi> </l><lb/>
              <l>Manche Stunde, &#x017F;o gut wie ein leerer Stutzer, ver-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">plaudert.</hi> </l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Eben hatte der weichende Winter von &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;chen</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Schwingen</hi> </l><lb/>
              <l>Seine letzten Schaure von rie&#x017F;elndem Hagel ge&#x017F;chu&#x0364;t-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">telt;</hi> </l><lb/>
              <l>Ueber &#x017F;anftwallende bunte Tapeten von Veilchen und</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Tulpen</hi> </l><lb/>
              <l>Fuhr im Triumphe der Fru&#x0364;hling daher; und Pandions</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Tochter</hi> </l><lb/>
              <l>Stammelte &#x017F;chon gebrochne Ver&#x017F;uche zu ma&#x0364;chtigen Lie-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">dern</hi> </l><lb/>
              <l>Jn halbgru&#x0364;nen Hecken; als an dem o&#x0364;&#x017F;tlichen Himmel</l><lb/>
              <l>Blutroth &#x017F;ich Aurora erhub, und &#x017F;chneidende Lu&#x0364;fte</l><lb/>
              <l>Vor ihr her das ein&#x017F;ame Schloß lautheulend umbrauß-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ten,</hi> </l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi>ter Theil. J</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0137] Erſter Geſang. Welches dem oͤkonomiſchen Alten noch werther ſie machte. Einſam im Zimmer, zufrieden mit ſich, durchlebte ſie Tage, Nicht vom Neide getruͤbt, noch von dem Stolze ver- dunkelt. Mit ihr wohnten in einem Zimmer zwey haͤußliche Thie- re, Cyper, ein fleckigter Kater, und ein geſchwaͤtziges Pap- chen, Welches uͤber das Weltmeer kam, und ſeiner Gebie- thrin Manche Stunde, ſo gut wie ein leerer Stutzer, ver- plaudert. Eben hatte der weichende Winter von ſtuͤrmiſchen Schwingen Seine letzten Schaure von rieſelndem Hagel geſchuͤt- telt; Ueber ſanftwallende bunte Tapeten von Veilchen und Tulpen Fuhr im Triumphe der Fruͤhling daher; und Pandions Tochter Stammelte ſchon gebrochne Verſuche zu maͤchtigen Lie- dern Jn halbgruͤnen Hecken; als an dem oͤſtlichen Himmel Blutroth ſich Aurora erhub, und ſchneidende Luͤfte Vor ihr her das einſame Schloß lautheulend umbrauß- ten, Daß IIter Theil. J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/137
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/137>, abgerufen am 23.11.2024.