Und endlich seinen Fuß an diesem Baum verweilt. Blaß, wie ein Eremit, stand er hier abgehärmet; Und statt, daß er bey Ball und Mummereyen schwär- met, Schwärmt er ietzt durch den Wald, und fühlt oft nach dem Haar, Das, durch manch Oel balsamt, in neuem Wachsthum war. Jedoch ein bellend Heer von ungeduldgen Hunden, Und Jäger, die um ihn mit blanken Büchsen stunden, Erheiterten aufs neu sein zierliches Gesicht; Sein Schutzgeist Alis nur vergaß das Unglück nicht. Ach, Stutzer, (ruft er aus) wo ist dein Haar geblie- ben! Du armer Charamund, hör immer auf zu lieben! Wie kanst du künftig noch bey Schönen glücklich seyn, Da deine Locken sich unordentlich zerstreun, Und da ein Theil davon ein falber Staub geworden? Ja, Stutzer, geh nur hin, die Hauer zu ermorden:
Ver-
N 4
Zweytes Buch.
Und endlich ſeinen Fuß an dieſem Baum verweilt. Blaß, wie ein Eremit, ſtand er hier abgehaͤrmet; Und ſtatt, daß er bey Ball und Mummereyen ſchwaͤr- met, Schwaͤrmt er ietzt durch den Wald, und fuͤhlt oft nach dem Haar, Das, durch manch Oel balſamt, in neuem Wachsthum war. Jedoch ein bellend Heer von ungeduldgen Hunden, Und Jaͤger, die um ihn mit blanken Buͤchſen ſtunden, Erheiterten aufs neu ſein zierliches Geſicht; Sein Schutzgeiſt Alis nur vergaß das Ungluͤck nicht. Ach, Stutzer, (ruft er aus) wo iſt dein Haar geblie- ben! Du armer Charamund, hoͤr immer auf zu lieben! Wie kanſt du kuͤnftig noch bey Schoͤnen gluͤcklich ſeyn, Da deine Locken ſich unordentlich zerſtreun, Und da ein Theil davon ein falber Staub geworden? Ja, Stutzer, geh nur hin, die Hauer zu ermorden:
Ver-
N 4
<TEI><text><body><divn="1"><lg><l><pbfacs="#f0263"n="199"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Zweytes Buch.</hi></fw></l><lb/><l>Und endlich ſeinen Fuß an dieſem Baum verweilt.</l><lb/><l>Blaß, wie ein Eremit, ſtand er hier abgehaͤrmet;</l><lb/><l>Und ſtatt, daß er bey Ball und Mummereyen ſchwaͤr-<lb/><hirendition="#et">met,</hi></l><lb/><l>Schwaͤrmt er ietzt durch den Wald, und fuͤhlt oft nach<lb/><hirendition="#et">dem Haar,</hi></l><lb/><l>Das, durch manch Oel balſamt, in neuem Wachsthum<lb/><hirendition="#et">war.</hi></l><lb/><l>Jedoch ein bellend Heer von ungeduldgen Hunden,</l><lb/><l>Und Jaͤger, die um ihn mit blanken Buͤchſen ſtunden,</l><lb/><l>Erheiterten aufs neu ſein zierliches Geſicht;</l><lb/><l>Sein Schutzgeiſt Alis nur vergaß das Ungluͤck nicht.</l><lb/><l>Ach, Stutzer, (ruft er aus) wo iſt dein Haar geblie-<lb/><hirendition="#et">ben!</hi></l><lb/><l>Du armer Charamund, hoͤr immer auf zu lieben!</l><lb/><l>Wie kanſt du kuͤnftig noch bey Schoͤnen gluͤcklich ſeyn,</l><lb/><l>Da deine Locken ſich unordentlich zerſtreun,</l><lb/><l>Und da ein Theil davon ein falber Staub geworden?</l><lb/><l>Ja, Stutzer, geh nur hin, die Hauer zu ermorden:<lb/><fwplace="bottom"type="sig">N 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Ver-</fw><lb/></l></lg></div></body></text></TEI>
[199/0263]
Zweytes Buch.
Und endlich ſeinen Fuß an dieſem Baum verweilt.
Blaß, wie ein Eremit, ſtand er hier abgehaͤrmet;
Und ſtatt, daß er bey Ball und Mummereyen ſchwaͤr-
met,
Schwaͤrmt er ietzt durch den Wald, und fuͤhlt oft nach
dem Haar,
Das, durch manch Oel balſamt, in neuem Wachsthum
war.
Jedoch ein bellend Heer von ungeduldgen Hunden,
Und Jaͤger, die um ihn mit blanken Buͤchſen ſtunden,
Erheiterten aufs neu ſein zierliches Geſicht;
Sein Schutzgeiſt Alis nur vergaß das Ungluͤck nicht.
Ach, Stutzer, (ruft er aus) wo iſt dein Haar geblie-
ben!
Du armer Charamund, hoͤr immer auf zu lieben!
Wie kanſt du kuͤnftig noch bey Schoͤnen gluͤcklich ſeyn,
Da deine Locken ſich unordentlich zerſtreun,
Und da ein Theil davon ein falber Staub geworden?
Ja, Stutzer, geh nur hin, die Hauer zu ermorden:
Ver-
N 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/263>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.