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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].

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Der Renommist.
Da, wo Versailles sich mit stolzem Haupt erhebet,
Und wo die Kunst die Flur trotz der Natur belebet;
Wo der Galanterie so mancher Sieg gelingt,
Wo mancher Staatsmann lügt, und mancher Mar-
quis singt:

Liegt ein verschonter Wald von Zeit und Sturm und
Winden,

Den Seladons nur sehn, und Clelien nur finden.
Hier hat bey einem Volk, das nie beständig ist,
Das Schwür im Friedensschluß, wie in der Eh, ver-
gißt,

Und voller Mitleid nur auf deutsche Treue schauet,
Sich die Galanterie ein prächtig Schloß erbauet.
Ein Mädchen, schön und wild, steht an dem stolzen
Thor;

Die volle Brust ist bloß, den Leib umhüllt nur Flor,
Der mehr verräth, als deckt; Verführung heißt die
Dame,

Doch bey Franzosen ist nur Artigkeit ihr Name.
Verstellung trägt allhier der edlen Treue Kleid,
Und
Der Renommiſt.
Da, wo Verſailles ſich mit ſtolzem Haupt erhebet,
Und wo die Kunſt die Flur trotz der Natur belebet;
Wo der Galanterie ſo mancher Sieg gelingt,
Wo mancher Staatsmann luͤgt, und mancher Mar-
quis ſingt:

Liegt ein verſchonter Wald von Zeit und Sturm und
Winden,

Den Seladons nur ſehn, und Clelien nur finden.
Hier hat bey einem Volk, das nie beſtaͤndig iſt,
Das Schwuͤr im Friedensſchluß, wie in der Eh, ver-
gißt,

Und voller Mitleid nur auf deutſche Treue ſchauet,
Sich die Galanterie ein praͤchtig Schloß erbauet.
Ein Maͤdchen, ſchoͤn und wild, ſteht an dem ſtolzen
Thor;

Die volle Bruſt iſt bloß, den Leib umhuͤllt nur Flor,
Der mehr verraͤth, als deckt; Verfuͤhrung heißt die
Dame,

Doch bey Franzoſen iſt nur Artigkeit ihr Name.
Verſtellung traͤgt allhier der edlen Treue Kleid,
Und
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[92/0156] Der Renommiſt. Da, wo Verſailles ſich mit ſtolzem Haupt erhebet, Und wo die Kunſt die Flur trotz der Natur belebet; Wo der Galanterie ſo mancher Sieg gelingt, Wo mancher Staatsmann luͤgt, und mancher Mar- quis ſingt: Liegt ein verſchonter Wald von Zeit und Sturm und Winden, Den Seladons nur ſehn, und Clelien nur finden. Hier hat bey einem Volk, das nie beſtaͤndig iſt, Das Schwuͤr im Friedensſchluß, wie in der Eh, ver- gißt, Und voller Mitleid nur auf deutſche Treue ſchauet, Sich die Galanterie ein praͤchtig Schloß erbauet. Ein Maͤdchen, ſchoͤn und wild, ſteht an dem ſtolzen Thor; Die volle Bruſt iſt bloß, den Leib umhuͤllt nur Flor, Der mehr verraͤth, als deckt; Verfuͤhrung heißt die Dame, Doch bey Franzoſen iſt nur Artigkeit ihr Name. Verſtellung traͤgt allhier der edlen Treue Kleid, Und

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/156>, abgerufen am 24.11.2024.