Sylvan läßt ihn allein, und eilet aus den Linden; Und Raufbold denket nichts, als Anputz, und Selinden. Voll Unmuth warf er sich auf eine nahe Bank. Er, den kein schöner Blick in Jena noch bezwang, Fühlt tief in seiner Brust die angenehme Wunde; Und diese Klage brach aus seinem Helden-Munde: Unwürdiger, du liebst? und schimpfst den hohen Stand? Und machst zu Leipzigs Spott dein jenisches Gewand? O Jena! mußtest du zum Unglück mich verjagen? Jch Unbezwungner soll der Liebe Ketten tragen? Zu Seufzern ungewöhnt, fremd in galanter Kunst, Bewerb ich kriechend mich um eines Mädchens Gunst? Und man verlangt von mir, abtrünnig schon deswegen Den jenischen Caput, und Stiefeln abzulegen?
So sprach er, und er sah starr auf den Boden hin. --
O Liebe,
Der Renommiſt.
Sylvan laͤßt ihn allein, und eilet aus den Linden; Und Raufbold denket nichts, als Anputz, und Selinden. Voll Unmuth warf er ſich auf eine nahe Bank. Er, den kein ſchoͤner Blick in Jena noch bezwang, Fuͤhlt tief in ſeiner Bruſt die angenehme Wunde; Und dieſe Klage brach aus ſeinem Helden-Munde: Unwuͤrdiger, du liebſt? und ſchimpfſt den hohen Stand? Und machſt zu Leipzigs Spott dein jeniſches Gewand? O Jena! mußteſt du zum Ungluͤck mich verjagen? Jch Unbezwungner ſoll der Liebe Ketten tragen? Zu Seufzern ungewoͤhnt, fremd in galanter Kunſt, Bewerb ich kriechend mich um eines Maͤdchens Gunſt? Und man verlangt von mir, abtruͤnnig ſchon deswegen Den jeniſchen Caput, und Stiefeln abzulegen?
So ſprach er, und er ſah ſtarr auf den Boden hin. —
O Liebe,
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Der Renommiſt.
Sylvan laͤßt ihn allein, und eilet aus den Linden;
Und Raufbold denket nichts, als Anputz, und Selinden.
Voll Unmuth warf er ſich auf eine nahe Bank.
Er, den kein ſchoͤner Blick in Jena noch bezwang,
Fuͤhlt tief in ſeiner Bruſt die angenehme Wunde;
Und dieſe Klage brach aus ſeinem Helden-Munde:
Unwuͤrdiger, du liebſt? und ſchimpfſt den hohen
Stand?
Und machſt zu Leipzigs Spott dein jeniſches Gewand?
O Jena! mußteſt du zum Ungluͤck mich verjagen?
Jch Unbezwungner ſoll der Liebe Ketten tragen?
Zu Seufzern ungewoͤhnt, fremd in galanter Kunſt,
Bewerb ich kriechend mich um eines Maͤdchens Gunſt?
Und man verlangt von mir, abtruͤnnig ſchon deswegen
Den jeniſchen Caput, und Stiefeln abzulegen?
So ſprach er, und er ſah ſtarr auf den Boden
hin. —
O Liebe,
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/152>, abgerufen am 24.11.2024.
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