Von den Naturerscheinungen und Naturgesetzen im Allgemeinen.
selbe Anordnung wieder zurückgekehrt, sobald die Bewegung um eine Wellenlänge fortgeschritten ist.
Fängt die Bewegung damit an, dass der zuerst aus dem Gleich- gewicht gerathende Punkt a nach abwärts bewegt wird, wie in Fig. 13 und 14, so ist die Welle, der bei den Longitudinalschwingungen ge- brauchten Bezeichnung entsprechend, eine negative. Wird dagegen der zuerst gestörte Punkt zuerst nach aufwärts bewegt, geht also der Wellenberg voran, so erhalten wir eine positive Transversalwelle. Es gelten ferner nicht nur die Gesetze der Schwingungsdauer son- dern auch die Beziehungen zwischen Schwingungsdauer, Wellenlänge und Fortpflanzungsgeschwindigkeit, die wir für die Longitudinalwellen abgeleitet haben (§. 31 und 32), ebenso für die Transversalwellen.
36 Vorkommen der Transversal- schwingungen.
Ein sehr bekanntes Beispiel der Transversalwellen bietet die Wellen- bewegung der Flüssigkeiten. Auch feste Körper lassen sich in Trans- versalschwingungen versetzen: so kann man z. B. an einem lose ge- spannten Seile, dessen eines Ende man rasch bewegt, eine fortschrei- tende Transversalwelle erzeugen. Endlich beruhen die Lichterschei- nungen auf Transversalschwingungen des Aethers. Wir werden die besondern Modificationen, welche die Transversalwellen in diesen ein- zelnen Fällen zeigen, in der Physik der Flüssigkeiten, in der Lehre vom Schall und in der Lehre vom Licht näher zu erörtern haben.
Es ist klar, dass die nämlichen Bedingungen, die wir für das Vorkommen der Longitudinalwellen in der Natur dargelegt haben, auch für die Transversalwellen gelten. In einem nach allen Richtungen gleich- förmig beschaffenen Medium muss sich die Transversalwelle ebenfalls als eine Kugelwelle fortpflanzen, auf einer Fläche wird sie als Wel- lenfläche und in einem annähernd linearen Körper als Wellenlinie erscheinen. Uebrigens können wir uns hier ebenfalls auch wo es sich um Kugelwellen handelt häufig der Einfachheit wegen auf die Betrach- tung einer derselben angehörenden Wellenlinie oder Wellenfläche be- schränken.
Wir wollen jetzt, nachdem wir die Haupterscheinungen der Lon- gitudinal- und Transversalschwingungen in ihrem Unterschied aufge- fasst haben, die wichtigsten diesen beiden Schwingungsformen gemein- samen Gesetze der Wellenbewegung darzulegen versuchen. Wir halten uns dabei zunächst an das Bild der Transversalwelle, das aber ja, wie wir gesehen haben, immer zugleich die Longitudinalwelle versinn- licht.
37 Interferenz der Wellen.
Bisher wurde die wellenförmige Fortpflanzung der Schwingungen betrachtet, wie dieselbe stattfindet, wenn sie vollkommen ungestört in einem gleichförmigen Aggregat materieller Punkte weiterschreitet. Nun tritt aber sehr häufig eine Störung dieser einfachsten Wellenbewegung
Von den Naturerscheinungen und Naturgesetzen im Allgemeinen.
selbe Anordnung wieder zurückgekehrt, sobald die Bewegung um eine Wellenlänge fortgeschritten ist.
Fängt die Bewegung damit an, dass der zuerst aus dem Gleich- gewicht gerathende Punkt a nach abwärts bewegt wird, wie in Fig. 13 und 14, so ist die Welle, der bei den Longitudinalschwingungen ge- brauchten Bezeichnung entsprechend, eine negative. Wird dagegen der zuerst gestörte Punkt zuerst nach aufwärts bewegt, geht also der Wellenberg voran, so erhalten wir eine positive Transversalwelle. Es gelten ferner nicht nur die Gesetze der Schwingungsdauer son- dern auch die Beziehungen zwischen Schwingungsdauer, Wellenlänge und Fortpflanzungsgeschwindigkeit, die wir für die Longitudinalwellen abgeleitet haben (§. 31 und 32), ebenso für die Transversalwellen.
36 Vorkommen der Transversal- schwingungen.
Ein sehr bekanntes Beispiel der Transversalwellen bietet die Wellen- bewegung der Flüssigkeiten. Auch feste Körper lassen sich in Trans- versalschwingungen versetzen: so kann man z. B. an einem lose ge- spannten Seile, dessen eines Ende man rasch bewegt, eine fortschrei- tende Transversalwelle erzeugen. Endlich beruhen die Lichterschei- nungen auf Transversalschwingungen des Aethers. Wir werden die besondern Modificationen, welche die Transversalwellen in diesen ein- zelnen Fällen zeigen, in der Physik der Flüssigkeiten, in der Lehre vom Schall und in der Lehre vom Licht näher zu erörtern haben.
Es ist klar, dass die nämlichen Bedingungen, die wir für das Vorkommen der Longitudinalwellen in der Natur dargelegt haben, auch für die Transversalwellen gelten. In einem nach allen Richtungen gleich- förmig beschaffenen Medium muss sich die Transversalwelle ebenfalls als eine Kugelwelle fortpflanzen, auf einer Fläche wird sie als Wel- lenfläche und in einem annähernd linearen Körper als Wellenlinie erscheinen. Uebrigens können wir uns hier ebenfalls auch wo es sich um Kugelwellen handelt häufig der Einfachheit wegen auf die Betrach- tung einer derselben angehörenden Wellenlinie oder Wellenfläche be- schränken.
Wir wollen jetzt, nachdem wir die Haupterscheinungen der Lon- gitudinal- und Transversalschwingungen in ihrem Unterschied aufge- fasst haben, die wichtigsten diesen beiden Schwingungsformen gemein- samen Gesetze der Wellenbewegung darzulegen versuchen. Wir halten uns dabei zunächst an das Bild der Transversalwelle, das aber ja, wie wir gesehen haben, immer zugleich die Longitudinalwelle versinn- licht.
37 Interferenz der Wellen.
Bisher wurde die wellenförmige Fortpflanzung der Schwingungen betrachtet, wie dieselbe stattfindet, wenn sie vollkommen ungestört in einem gleichförmigen Aggregat materieller Punkte weiterschreitet. Nun tritt aber sehr häufig eine Störung dieser einfachsten Wellenbewegung
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[48/0070]
Von den Naturerscheinungen und Naturgesetzen im Allgemeinen.
selbe Anordnung wieder zurückgekehrt, sobald die Bewegung um eine
Wellenlänge fortgeschritten ist.
Fängt die Bewegung damit an, dass der zuerst aus dem Gleich-
gewicht gerathende Punkt a nach abwärts bewegt wird, wie in Fig. 13
und 14, so ist die Welle, der bei den Longitudinalschwingungen ge-
brauchten Bezeichnung entsprechend, eine negative. Wird dagegen
der zuerst gestörte Punkt zuerst nach aufwärts bewegt, geht also der
Wellenberg voran, so erhalten wir eine positive Transversalwelle.
Es gelten ferner nicht nur die Gesetze der Schwingungsdauer son-
dern auch die Beziehungen zwischen Schwingungsdauer, Wellenlänge
und Fortpflanzungsgeschwindigkeit, die wir für die Longitudinalwellen
abgeleitet haben (§. 31 und 32), ebenso für die Transversalwellen.
Ein sehr bekanntes Beispiel der Transversalwellen bietet die Wellen-
bewegung der Flüssigkeiten. Auch feste Körper lassen sich in Trans-
versalschwingungen versetzen: so kann man z. B. an einem lose ge-
spannten Seile, dessen eines Ende man rasch bewegt, eine fortschrei-
tende Transversalwelle erzeugen. Endlich beruhen die Lichterschei-
nungen auf Transversalschwingungen des Aethers. Wir werden die
besondern Modificationen, welche die Transversalwellen in diesen ein-
zelnen Fällen zeigen, in der Physik der Flüssigkeiten, in der Lehre
vom Schall und in der Lehre vom Licht näher zu erörtern haben.
Es ist klar, dass die nämlichen Bedingungen, die wir für das
Vorkommen der Longitudinalwellen in der Natur dargelegt haben, auch
für die Transversalwellen gelten. In einem nach allen Richtungen gleich-
förmig beschaffenen Medium muss sich die Transversalwelle ebenfalls
als eine Kugelwelle fortpflanzen, auf einer Fläche wird sie als Wel-
lenfläche und in einem annähernd linearen Körper als Wellenlinie
erscheinen. Uebrigens können wir uns hier ebenfalls auch wo es sich
um Kugelwellen handelt häufig der Einfachheit wegen auf die Betrach-
tung einer derselben angehörenden Wellenlinie oder Wellenfläche be-
schränken.
Wir wollen jetzt, nachdem wir die Haupterscheinungen der Lon-
gitudinal- und Transversalschwingungen in ihrem Unterschied aufge-
fasst haben, die wichtigsten diesen beiden Schwingungsformen gemein-
samen Gesetze der Wellenbewegung darzulegen versuchen. Wir halten
uns dabei zunächst an das Bild der Transversalwelle, das aber ja,
wie wir gesehen haben, immer zugleich die Longitudinalwelle versinn-
licht.
Bisher wurde die wellenförmige Fortpflanzung der Schwingungen
betrachtet, wie dieselbe stattfindet, wenn sie vollkommen ungestört in
einem gleichförmigen Aggregat materieller Punkte weiterschreitet. Nun
tritt aber sehr häufig eine Störung dieser einfachsten Wellenbewegung
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/70>, abgerufen am 29.11.2024.
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