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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Elektricität.
same ist. Da somit derjenige der abwechselnd gerichteten Ströme,
der früher weitaus der schwächste war, jetzt der stärkere geworden
ist, so hat die Wirkung eines solchen Inductionsapparates überhaupt
abgenommen, und er ist desshalb nur für solche Zwecke, bei denen
man keine stärkeren Wirkungen braucht, anwendbar. Uebrigens kann
der Apparat leicht so eingerichtet werden, dass er sich für beide An-
ordnungen brauchen lässt. Man hat demselben zu diesem Zweck nur,
wie in Fig. 244, den oberen Stift s zu belassen. Schraubt man dann
den untern Stift s' so weit herab, dass ihn der Hammer beim Herab-
fallen auf den Elektromagneten nicht mehr berührt, lässt man ferner
den Stift s herab bis zum Contact mit dem obern Platinplättchen, und
schaltet man den Draht b aus, so ist die frühere Einrichtung her-
gestellt.

Die zuletzt beschriebene Modification des Inductionsapparates hat, abgesehen da-
von, dass sie wegen der Schwäche der Wirkung nur von beschränkter Anwendbarkeit
ist, mehrfache Vorzüge. Zunächst ist der Unterschied in der Wirkung beider Ströme
sehr gering, der zwischen Stift und Platte überspringende Funke, der immer Ungleich-
heiten in den einzelnen Stromstössen bedingt, wird vermieden oder wenigstens ver-
mindert, und endlich fallen die in §. 352 zu beschreibenden unipolaren Wirkungen
hinweg, falls man nicht etwa ungewöhnlich starke Inductionsrollen anwendet. Die
beiden Inductionsströme würden einander vollständig gleich werden, wenn man erstens
den Widerstand der Kette gegen denjenigen der Inductionsspirale und zweitens den
Widerstand der Nebenleitung gegen denjenigen der Kette verschwindend machte. Man
müsste, um diese Bedingungen zu erfüllen, in die Inductionsrolle beträchtliche Wider-
stände einschalten. Dadurch wird aber die Inductionswirkung allzu sehr geschwächt.

Auf der oben berührten inducirenden Wirkung, welche das Entstehen oder Ver-
schwinden eines Stroms auf in der Nähe befindliche Metallmassen ausübt, beruht auch
die Wirkung der Dämpfung, welche man mittelst Kupferhülsen auf einen schwingenden
Magneten hervorbringt. (S. §. 340 Anm.). Wie durch einen Strom, so kann nämlich
die Kupferhülse auch durch einen sich nähernden oder entfernenden Magneten inducirt
werden. Der inducirende Strom wirkt dann in einem der Bewegung desselben entge-
gengesetzten Sinne auf den Magneten ein und vermindert dadurch sehr schnell die
Schwingungen desselben.


351
Theorie der In-
ductionserschei-
nungen. Induc-
tionsströme hö-
herer Ordnung.

Die Theorie der Inductionserscheinungen hat sich unmittelbar an die in §. 335
entwickelten Vorstellungen über die Wirkung elektrischer Massen auf einander anzu-
lehnen. Wir haben gesehen, dass diese Wirkung von der Grösse, Entfernung und rela-
tiven Geschwindigkeit der elektrischen Massen abhängt. Aendert daher ein von einem
Strom durchflossener Leiter seine Lage zu einem andern Leiter, so muss in diesem
eine Bewegung der Elektricitäten entstehen, deren Verlauf nach dem Weber'schen
Grundgesetz sich bestimmen lässt. Es ist in der That Weber gelungen, auf diesem
Wege die Gesetze der Induction unmittelbar aus den elektrodynamischen Gesetzen ab-
zuleiten. Ohne auf diese Ableitung specieller einzugehen, ist unmittelbar einleuchtend,
dass die Richtung des inducirten Stroms bei der Annäherung derjenigen des induci-
renden entgegengesetzt, bei der Entfernung ihr gleich sein muss, wenn man erwägt,
wie nach §. 335 die elektrodynamischen Erscheinungen die Annahme fordern, dass die

Von der Elektricität.
same ist. Da somit derjenige der abwechselnd gerichteten Ströme,
der früher weitaus der schwächste war, jetzt der stärkere geworden
ist, so hat die Wirkung eines solchen Inductionsapparates überhaupt
abgenommen, und er ist desshalb nur für solche Zwecke, bei denen
man keine stärkeren Wirkungen braucht, anwendbar. Uebrigens kann
der Apparat leicht so eingerichtet werden, dass er sich für beide An-
ordnungen brauchen lässt. Man hat demselben zu diesem Zweck nur,
wie in Fig. 244, den oberen Stift s zu belassen. Schraubt man dann
den untern Stift s' so weit herab, dass ihn der Hammer beim Herab-
fallen auf den Elektromagneten nicht mehr berührt, lässt man ferner
den Stift s herab bis zum Contact mit dem obern Platinplättchen, und
schaltet man den Draht β aus, so ist die frühere Einrichtung her-
gestellt.

Die zuletzt beschriebene Modification des Inductionsapparates hat, abgesehen da-
von, dass sie wegen der Schwäche der Wirkung nur von beschränkter Anwendbarkeit
ist, mehrfache Vorzüge. Zunächst ist der Unterschied in der Wirkung beider Ströme
sehr gering, der zwischen Stift und Platte überspringende Funke, der immer Ungleich-
heiten in den einzelnen Stromstössen bedingt, wird vermieden oder wenigstens ver-
mindert, und endlich fallen die in §. 352 zu beschreibenden unipolaren Wirkungen
hinweg, falls man nicht etwa ungewöhnlich starke Inductionsrollen anwendet. Die
beiden Inductionsströme würden einander vollständig gleich werden, wenn man erstens
den Widerstand der Kette gegen denjenigen der Inductionsspirale und zweitens den
Widerstand der Nebenleitung gegen denjenigen der Kette verschwindend machte. Man
müsste, um diese Bedingungen zu erfüllen, in die Inductionsrolle beträchtliche Wider-
stände einschalten. Dadurch wird aber die Inductionswirkung allzu sehr geschwächt.

Auf der oben berührten inducirenden Wirkung, welche das Entstehen oder Ver-
schwinden eines Stroms auf in der Nähe befindliche Metallmassen ausübt, beruht auch
die Wirkung der Dämpfung, welche man mittelst Kupferhülsen auf einen schwingenden
Magneten hervorbringt. (S. §. 340 Anm.). Wie durch einen Strom, so kann nämlich
die Kupferhülse auch durch einen sich nähernden oder entfernenden Magneten inducirt
werden. Der inducirende Strom wirkt dann in einem der Bewegung desselben entge-
gengesetzten Sinne auf den Magneten ein und vermindert dadurch sehr schnell die
Schwingungen desselben.


351
Theorie der In-
ductionserschei-
nungen. Induc-
tionsströme hö-
herer Ordnung.

Die Theorie der Inductionserscheinungen hat sich unmittelbar an die in §. 335
entwickelten Vorstellungen über die Wirkung elektrischer Massen auf einander anzu-
lehnen. Wir haben gesehen, dass diese Wirkung von der Grösse, Entfernung und rela-
tiven Geschwindigkeit der elektrischen Massen abhängt. Aendert daher ein von einem
Strom durchflossener Leiter seine Lage zu einem andern Leiter, so muss in diesem
eine Bewegung der Elektricitäten entstehen, deren Verlauf nach dem Weber’schen
Grundgesetz sich bestimmen lässt. Es ist in der That Weber gelungen, auf diesem
Wege die Gesetze der Induction unmittelbar aus den elektrodynamischen Gesetzen ab-
zuleiten. Ohne auf diese Ableitung specieller einzugehen, ist unmittelbar einleuchtend,
dass die Richtung des inducirten Stroms bei der Annäherung derjenigen des induci-
renden entgegengesetzt, bei der Entfernung ihr gleich sein muss, wenn man erwägt,
wie nach §. 335 die elektrodynamischen Erscheinungen die Annahme fordern, dass die

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[544/0566] Von der Elektricität. same ist. Da somit derjenige der abwechselnd gerichteten Ströme, der früher weitaus der schwächste war, jetzt der stärkere geworden ist, so hat die Wirkung eines solchen Inductionsapparates überhaupt abgenommen, und er ist desshalb nur für solche Zwecke, bei denen man keine stärkeren Wirkungen braucht, anwendbar. Uebrigens kann der Apparat leicht so eingerichtet werden, dass er sich für beide An- ordnungen brauchen lässt. Man hat demselben zu diesem Zweck nur, wie in Fig. 244, den oberen Stift s zu belassen. Schraubt man dann den untern Stift s' so weit herab, dass ihn der Hammer beim Herab- fallen auf den Elektromagneten nicht mehr berührt, lässt man ferner den Stift s herab bis zum Contact mit dem obern Platinplättchen, und schaltet man den Draht β aus, so ist die frühere Einrichtung her- gestellt. Die zuletzt beschriebene Modification des Inductionsapparates hat, abgesehen da- von, dass sie wegen der Schwäche der Wirkung nur von beschränkter Anwendbarkeit ist, mehrfache Vorzüge. Zunächst ist der Unterschied in der Wirkung beider Ströme sehr gering, der zwischen Stift und Platte überspringende Funke, der immer Ungleich- heiten in den einzelnen Stromstössen bedingt, wird vermieden oder wenigstens ver- mindert, und endlich fallen die in §. 352 zu beschreibenden unipolaren Wirkungen hinweg, falls man nicht etwa ungewöhnlich starke Inductionsrollen anwendet. Die beiden Inductionsströme würden einander vollständig gleich werden, wenn man erstens den Widerstand der Kette gegen denjenigen der Inductionsspirale und zweitens den Widerstand der Nebenleitung gegen denjenigen der Kette verschwindend machte. Man müsste, um diese Bedingungen zu erfüllen, in die Inductionsrolle beträchtliche Wider- stände einschalten. Dadurch wird aber die Inductionswirkung allzu sehr geschwächt. Auf der oben berührten inducirenden Wirkung, welche das Entstehen oder Ver- schwinden eines Stroms auf in der Nähe befindliche Metallmassen ausübt, beruht auch die Wirkung der Dämpfung, welche man mittelst Kupferhülsen auf einen schwingenden Magneten hervorbringt. (S. §. 340 Anm.). Wie durch einen Strom, so kann nämlich die Kupferhülse auch durch einen sich nähernden oder entfernenden Magneten inducirt werden. Der inducirende Strom wirkt dann in einem der Bewegung desselben entge- gengesetzten Sinne auf den Magneten ein und vermindert dadurch sehr schnell die Schwingungen desselben. Die Theorie der Inductionserscheinungen hat sich unmittelbar an die in §. 335 entwickelten Vorstellungen über die Wirkung elektrischer Massen auf einander anzu- lehnen. Wir haben gesehen, dass diese Wirkung von der Grösse, Entfernung und rela- tiven Geschwindigkeit der elektrischen Massen abhängt. Aendert daher ein von einem Strom durchflossener Leiter seine Lage zu einem andern Leiter, so muss in diesem eine Bewegung der Elektricitäten entstehen, deren Verlauf nach dem Weber’schen Grundgesetz sich bestimmen lässt. Es ist in der That Weber gelungen, auf diesem Wege die Gesetze der Induction unmittelbar aus den elektrodynamischen Gesetzen ab- zuleiten. Ohne auf diese Ableitung specieller einzugehen, ist unmittelbar einleuchtend, dass die Richtung des inducirten Stroms bei der Annäherung derjenigen des induci- renden entgegengesetzt, bei der Entfernung ihr gleich sein muss, wenn man erwägt, wie nach §. 335 die elektrodynamischen Erscheinungen die Annahme fordern, dass die

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/566>, abgerufen am 28.04.2024.