Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite
Magnetismus.

Statt des Drehungsmomentes lässt sich, wie oben bemerkt, auch
die magnetische Directionskraft zur Messung magnetischer
Kräfte anwenden. Man bringt zu diesem Zweck wieder den Stab
N S, dessen Magnetismus geprüft werden soll, in die Nähe der Prü-
fungsnadel n s. Hat die letztere ihre Gleichgewichtslage eingenom-
men, so entfernt man sie aus derselben und beobachtet nun die Ge-
schwindigkeit der Schwingungen, welche sie um die Gleichgewichts-
lage ausführt. Es müssen sich dann nach dem allgemeinen Schwin-
gungsgesetz (§. 29) die Quadrate der Schwingungszeiten umgekehrt
wie die schwingungerregenden Kräfte verhalten. Da nun die Wirkung
des Erdmagnetismus auf die Magnetnadel constant bleibt, so müssen
die Magnetismen M und M' verschiedener Magnete, die man in
derselben Entfernung angebracht hat, jenen Quadraten umgekehrt
proportional sein. Man hat also
M : M' = t'2 : t2.

Ausserdem ist natürlich sowohl bei den Ablenkungs- wie bei den
Schwingungsversuchen die Wirkung, nach dem oben (§. 331) festge-
stellten Gesetz, der dritten Potenz der Entfernung umgekehrt propor-
tional.

Eine Magnetnadel, die in der vorhin angegebenen Weise sich333
Magnetischer
Meridian. De-
clination und
Inclination der
Magnetnadel.
Intensität des
Erdmagnetis-
mus. Bestim-
mung des mag-
netischen Mo-
mentes eines
Magneten.

in einer Horizontalebene um ihren Mittelpunkt drehen kann, nimmt,
wie wir im letzten §. schon gelegentlich erwähnt haben, wenn keine
andern Magnete oder Eisentheile, welche auf sie wirken können, sich
in der Nähe befinden, eine Richtung an, die für jeden Ort der Erde
nahehin constant ist. Man bezeichnet diese Richtung als den mag-
netischen Meridian
des Ortes. Den Winkel, welchen diese Rich-
tung der Magnetnadel mit dem astronomischen Meridian bildet, be-
zeichnet man als die Declination. Lässt man dagegen eine Mag-
netnadel sich um eine horizontale, durch ihren Schwerpunkt gelegte
Axe drehen, so nimmt sie eine geneigte Stellung an. Man bezeichnet
diese Neigung, die sich gleich der Declination auf der Erdoberfläche
stetig verändert, und die in einer Linie rings um die Erde nahe dem
Aequator völlig verschwindet, als die Inclination.

Bringt man nun eine horizontal aufgehängte Magnetnadel aus
dem magnetischen Meridian, so muss sie um diesen als Gleichge-
wichtslage einige Zeit schwingen, bis sie wieder in ihm zur Ruhe
kommt. Hierbei ist ihre Schwingungsdauer 1) von ihrem eigenen
Magnetismus und 2) von der Intensität des Erdmagnetismus an dem
betreffenden Punkt der Erdoberfläche abhängig. Die Unveränderlich-
keit des letztern vorausgesetzt verhalten sich, wie wir im vorigen §.
bemerkten, die Magnetismen verschiedener Nadeln wie die Quadrate
ihrer Schwingungsgeschwindigkeiten. Würden wir daher umgekehrt
eine Nadel von constantem Magnetismus an verschiedenen Stellen

Magnetismus.

Statt des Drehungsmomentes lässt sich, wie oben bemerkt, auch
die magnetische Directionskraft zur Messung magnetischer
Kräfte anwenden. Man bringt zu diesem Zweck wieder den Stab
N S, dessen Magnetismus geprüft werden soll, in die Nähe der Prü-
fungsnadel n s. Hat die letztere ihre Gleichgewichtslage eingenom-
men, so entfernt man sie aus derselben und beobachtet nun die Ge-
schwindigkeit der Schwingungen, welche sie um die Gleichgewichts-
lage ausführt. Es müssen sich dann nach dem allgemeinen Schwin-
gungsgesetz (§. 29) die Quadrate der Schwingungszeiten umgekehrt
wie die schwingungerregenden Kräfte verhalten. Da nun die Wirkung
des Erdmagnetismus auf die Magnetnadel constant bleibt, so müssen
die Magnetismen M und M' verschiedener Magnete, die man in
derselben Entfernung angebracht hat, jenen Quadraten umgekehrt
proportional sein. Man hat also
M : M' = t'2 : t2.

Ausserdem ist natürlich sowohl bei den Ablenkungs- wie bei den
Schwingungsversuchen die Wirkung, nach dem oben (§. 331) festge-
stellten Gesetz, der dritten Potenz der Entfernung umgekehrt propor-
tional.

Eine Magnetnadel, die in der vorhin angegebenen Weise sich333
Magnetischer
Meridian. De-
clination und
Inclination der
Magnetnadel.
Intensität des
Erdmagnetis-
mus. Bestim-
mung des mag-
netischen Mo-
mentes eines
Magneten.

in einer Horizontalebene um ihren Mittelpunkt drehen kann, nimmt,
wie wir im letzten §. schon gelegentlich erwähnt haben, wenn keine
andern Magnete oder Eisentheile, welche auf sie wirken können, sich
in der Nähe befinden, eine Richtung an, die für jeden Ort der Erde
nahehin constant ist. Man bezeichnet diese Richtung als den mag-
netischen Meridian
des Ortes. Den Winkel, welchen diese Rich-
tung der Magnetnadel mit dem astronomischen Meridian bildet, be-
zeichnet man als die Declination. Lässt man dagegen eine Mag-
netnadel sich um eine horizontale, durch ihren Schwerpunkt gelegte
Axe drehen, so nimmt sie eine geneigte Stellung an. Man bezeichnet
diese Neigung, die sich gleich der Declination auf der Erdoberfläche
stetig verändert, und die in einer Linie rings um die Erde nahe dem
Aequator völlig verschwindet, als die Inclination.

Bringt man nun eine horizontal aufgehängte Magnetnadel aus
dem magnetischen Meridian, so muss sie um diesen als Gleichge-
wichtslage einige Zeit schwingen, bis sie wieder in ihm zur Ruhe
kommt. Hierbei ist ihre Schwingungsdauer 1) von ihrem eigenen
Magnetismus und 2) von der Intensität des Erdmagnetismus an dem
betreffenden Punkt der Erdoberfläche abhängig. Die Unveränderlich-
keit des letztern vorausgesetzt verhalten sich, wie wir im vorigen §.
bemerkten, die Magnetismen verschiedener Nadeln wie die Quadrate
ihrer Schwingungsgeschwindigkeiten. Würden wir daher umgekehrt
eine Nadel von constantem Magnetismus an verschiedenen Stellen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0531" n="509"/>
          <fw place="top" type="header">Magnetismus.</fw><lb/>
          <p>Statt des Drehungsmomentes lässt sich, wie oben bemerkt, auch<lb/>
die <hi rendition="#g">magnetische Directionskraft</hi> zur Messung magnetischer<lb/>
Kräfte anwenden. Man bringt zu diesem Zweck wieder den Stab<lb/>
N S, dessen Magnetismus geprüft werden soll, in die Nähe der Prü-<lb/>
fungsnadel n s. Hat die letztere ihre Gleichgewichtslage eingenom-<lb/>
men, so entfernt man sie aus derselben und beobachtet nun die Ge-<lb/>
schwindigkeit der Schwingungen, welche sie um die Gleichgewichts-<lb/>
lage ausführt. Es müssen sich dann nach dem allgemeinen Schwin-<lb/>
gungsgesetz (§. 29) die Quadrate der Schwingungszeiten umgekehrt<lb/>
wie die schwingungerregenden Kräfte verhalten. Da nun die Wirkung<lb/>
des Erdmagnetismus auf die Magnetnadel constant bleibt, so müssen<lb/>
die Magnetismen M und M' verschiedener Magnete, die man in<lb/>
derselben Entfernung angebracht hat, jenen Quadraten umgekehrt<lb/>
proportional sein. Man hat also<lb/><hi rendition="#c">M : M' = t'<hi rendition="#sup">2</hi> : t<hi rendition="#sup">2</hi>.</hi></p><lb/>
          <p>Ausserdem ist natürlich sowohl bei den Ablenkungs- wie bei den<lb/>
Schwingungsversuchen die Wirkung, nach dem oben (§. 331) festge-<lb/>
stellten Gesetz, der dritten Potenz der Entfernung umgekehrt propor-<lb/>
tional.</p><lb/>
          <p>Eine Magnetnadel, die in der vorhin angegebenen Weise sich<note place="right">333<lb/>
Magnetischer<lb/>
Meridian. De-<lb/>
clination und<lb/>
Inclination der<lb/>
Magnetnadel.<lb/>
Intensität des<lb/>
Erdmagnetis-<lb/>
mus. Bestim-<lb/>
mung des mag-<lb/>
netischen Mo-<lb/>
mentes eines<lb/>
Magneten.</note><lb/>
in einer Horizontalebene um ihren Mittelpunkt drehen kann, nimmt,<lb/>
wie wir im letzten §. schon gelegentlich erwähnt haben, wenn keine<lb/>
andern Magnete oder Eisentheile, welche auf sie wirken können, sich<lb/>
in der Nähe befinden, eine Richtung an, die für jeden Ort der Erde<lb/>
nahehin constant ist. Man bezeichnet diese Richtung als den <hi rendition="#g">mag-<lb/>
netischen Meridian</hi> des Ortes. Den Winkel, welchen diese Rich-<lb/>
tung der Magnetnadel mit dem astronomischen Meridian bildet, be-<lb/>
zeichnet man als die <hi rendition="#g">Declination</hi>. Lässt man dagegen eine Mag-<lb/>
netnadel sich um eine horizontale, durch ihren Schwerpunkt gelegte<lb/>
Axe drehen, so nimmt sie eine geneigte Stellung an. Man bezeichnet<lb/>
diese Neigung, die sich gleich der Declination auf der Erdoberfläche<lb/>
stetig verändert, und die in einer Linie rings um die Erde nahe dem<lb/>
Aequator völlig verschwindet, als die <hi rendition="#g">Inclination</hi>.</p><lb/>
          <p>Bringt man nun eine horizontal aufgehängte Magnetnadel aus<lb/>
dem magnetischen Meridian, so muss sie um diesen als Gleichge-<lb/>
wichtslage einige Zeit schwingen, bis sie wieder in ihm zur Ruhe<lb/>
kommt. Hierbei ist ihre Schwingungsdauer 1) von ihrem eigenen<lb/>
Magnetismus und 2) von der Intensität des Erdmagnetismus an dem<lb/>
betreffenden Punkt der Erdoberfläche abhängig. Die Unveränderlich-<lb/>
keit des letztern vorausgesetzt verhalten sich, wie wir im vorigen §.<lb/>
bemerkten, die Magnetismen verschiedener Nadeln wie die Quadrate<lb/>
ihrer Schwingungsgeschwindigkeiten. Würden wir daher umgekehrt<lb/>
eine Nadel von constantem Magnetismus an verschiedenen Stellen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[509/0531] Magnetismus. Statt des Drehungsmomentes lässt sich, wie oben bemerkt, auch die magnetische Directionskraft zur Messung magnetischer Kräfte anwenden. Man bringt zu diesem Zweck wieder den Stab N S, dessen Magnetismus geprüft werden soll, in die Nähe der Prü- fungsnadel n s. Hat die letztere ihre Gleichgewichtslage eingenom- men, so entfernt man sie aus derselben und beobachtet nun die Ge- schwindigkeit der Schwingungen, welche sie um die Gleichgewichts- lage ausführt. Es müssen sich dann nach dem allgemeinen Schwin- gungsgesetz (§. 29) die Quadrate der Schwingungszeiten umgekehrt wie die schwingungerregenden Kräfte verhalten. Da nun die Wirkung des Erdmagnetismus auf die Magnetnadel constant bleibt, so müssen die Magnetismen M und M' verschiedener Magnete, die man in derselben Entfernung angebracht hat, jenen Quadraten umgekehrt proportional sein. Man hat also M : M' = t'2 : t2. Ausserdem ist natürlich sowohl bei den Ablenkungs- wie bei den Schwingungsversuchen die Wirkung, nach dem oben (§. 331) festge- stellten Gesetz, der dritten Potenz der Entfernung umgekehrt propor- tional. Eine Magnetnadel, die in der vorhin angegebenen Weise sich in einer Horizontalebene um ihren Mittelpunkt drehen kann, nimmt, wie wir im letzten §. schon gelegentlich erwähnt haben, wenn keine andern Magnete oder Eisentheile, welche auf sie wirken können, sich in der Nähe befinden, eine Richtung an, die für jeden Ort der Erde nahehin constant ist. Man bezeichnet diese Richtung als den mag- netischen Meridian des Ortes. Den Winkel, welchen diese Rich- tung der Magnetnadel mit dem astronomischen Meridian bildet, be- zeichnet man als die Declination. Lässt man dagegen eine Mag- netnadel sich um eine horizontale, durch ihren Schwerpunkt gelegte Axe drehen, so nimmt sie eine geneigte Stellung an. Man bezeichnet diese Neigung, die sich gleich der Declination auf der Erdoberfläche stetig verändert, und die in einer Linie rings um die Erde nahe dem Aequator völlig verschwindet, als die Inclination. 333 Magnetischer Meridian. De- clination und Inclination der Magnetnadel. Intensität des Erdmagnetis- mus. Bestim- mung des mag- netischen Mo- mentes eines Magneten. Bringt man nun eine horizontal aufgehängte Magnetnadel aus dem magnetischen Meridian, so muss sie um diesen als Gleichge- wichtslage einige Zeit schwingen, bis sie wieder in ihm zur Ruhe kommt. Hierbei ist ihre Schwingungsdauer 1) von ihrem eigenen Magnetismus und 2) von der Intensität des Erdmagnetismus an dem betreffenden Punkt der Erdoberfläche abhängig. Die Unveränderlich- keit des letztern vorausgesetzt verhalten sich, wie wir im vorigen §. bemerkten, die Magnetismen verschiedener Nadeln wie die Quadrate ihrer Schwingungsgeschwindigkeiten. Würden wir daher umgekehrt eine Nadel von constantem Magnetismus an verschiedenen Stellen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/531
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/531>, abgerufen am 18.05.2024.