Widerstandes pflegt nur dann zu entstehen, wenn sich durch die Elektrolyse an den Elektroden ein schlecht leitender Ueberzug bildet, wenn dieselben z. B. mit einer Oxydschichte bedeckt werden.
Die häufigste Ursache der galvanischen Polarisation ist die Aus- scheidung gasförmiger Zersetzungsproducte, wie sie bei der Elektro- lyse des Wassers und wässeriger Lösungen zu geschehen pflegt. In- dem an der positiven Elektrode Sauerstoff, an der negativen Wasser- stoff frei wird, entsteht innerhalb der ursprünglichen Kette noch eine Gaskette, welche einen Strom von einer dem ursprünglichen ent- gegengesetzten Richtung, also vom Wasserstoff zum Sauerstoff, durch den Kreis sendet. Da die elektromotorische Kraft dieses Polarisa- tionsstroms durch die Berührung der Gase mit den metallischen Elek- troden entsteht, so ist ihre Grösse namentlich auch von der Beschaf- fenheit der Metalle, die man als Elektroden verwendet, abhängig. Sie ist z. B. viel grösser, wenn man Wasser zwischen Platinelektroden, als wenn man es zwischen Kupferelektroden zersetzt. Wie das Was- ser verhalten sich alle andern Elektrolyten, welche gasförmige Ionen liefern, z. B. Salpetersäure, Chlorwasserstoffsäure u. s. w. Bei der Elektrolyse der Alkalisalze, bei der sich die positive Elektrode mit freier Säure, die negative mit freiem Alkali umgibt, entstehen durch den Contact der Metalle mit den verschiedenartigen Flüssigkeiten ähn- liche Polarisationsströme, welche die durch die ausgeschiedenen Gase erzeugten Ströme erheblich verstärken können.
Man weist die Polarisationsströme nach, indem man die ursprüng- liche Kette öffnet und die in den Elektrolyten tauchenden Elektroden mit einem Galvanometer verbindet. Man erhält dann je nach der Intensität des Polarisationsstromes einen Ausschlag der Magnetnadel von verschiedener Grösse. Indem auf diese Weise die mit den Zer- setzungsproducten geladenen Elektroden zur Kette geschlossen werden, nimmt aber der Polarisationsstrom selbst sehr schnell ab und hört endlich ganz auf, wie man an der Rückkehr der Magnetnadel auf ihren Nullpunkt bemerkt. Dies hat darin seinen Grund, dass der Po- larisationsstrom selber wieder den Elektrolyten zersetzt. Hierbei muss sich aber, da der Polarisationsstrom die entgegengesetzte Rich- tung hat wie der ursprüngliche, so lange an der mit Wasserstoff be- deckten Elektrode Sauerstoff, und an der mit Sauerstoff bedeckten Wasserstoff ablagern, bis der Strom auf Null gesunken ist. Darin ist zugleich das einfache Hülfsmittel gegeben, um eine entstandene Po- larisation wieder aufzuheben: man braucht zu diesem Zweck nur den ursprünglichen Elektromotor auszuschalten und die elektrolysirte Flüs- sigkeit allein einen Stromeskreis bilden zu lassen. Es lässt sich hierzu leicht die in §. 309 Fig. 207 beschriebene Wippe anwenden, wenn man dieselbe so mit der übrigen Leitung combinirt, dass die Näpf- chen c und d, wenn sie verbunden sind, die Kette mit dem Elektro-
Von der Elektricität.
Widerstandes pflegt nur dann zu entstehen, wenn sich durch die Elektrolyse an den Elektroden ein schlecht leitender Ueberzug bildet, wenn dieselben z. B. mit einer Oxydschichte bedeckt werden.
Die häufigste Ursache der galvanischen Polarisation ist die Aus- scheidung gasförmiger Zersetzungsproducte, wie sie bei der Elektro- lyse des Wassers und wässeriger Lösungen zu geschehen pflegt. In- dem an der positiven Elektrode Sauerstoff, an der negativen Wasser- stoff frei wird, entsteht innerhalb der ursprünglichen Kette noch eine Gaskette, welche einen Strom von einer dem ursprünglichen ent- gegengesetzten Richtung, also vom Wasserstoff zum Sauerstoff, durch den Kreis sendet. Da die elektromotorische Kraft dieses Polarisa- tionsstroms durch die Berührung der Gase mit den metallischen Elek- troden entsteht, so ist ihre Grösse namentlich auch von der Beschaf- fenheit der Metalle, die man als Elektroden verwendet, abhängig. Sie ist z. B. viel grösser, wenn man Wasser zwischen Platinelektroden, als wenn man es zwischen Kupferelektroden zersetzt. Wie das Was- ser verhalten sich alle andern Elektrolyten, welche gasförmige Ionen liefern, z. B. Salpetersäure, Chlorwasserstoffsäure u. s. w. Bei der Elektrolyse der Alkalisalze, bei der sich die positive Elektrode mit freier Säure, die negative mit freiem Alkali umgibt, entstehen durch den Contact der Metalle mit den verschiedenartigen Flüssigkeiten ähn- liche Polarisationsströme, welche die durch die ausgeschiedenen Gase erzeugten Ströme erheblich verstärken können.
Man weist die Polarisationsströme nach, indem man die ursprüng- liche Kette öffnet und die in den Elektrolyten tauchenden Elektroden mit einem Galvanometer verbindet. Man erhält dann je nach der Intensität des Polarisationsstromes einen Ausschlag der Magnetnadel von verschiedener Grösse. Indem auf diese Weise die mit den Zer- setzungsproducten geladenen Elektroden zur Kette geschlossen werden, nimmt aber der Polarisationsstrom selbst sehr schnell ab und hört endlich ganz auf, wie man an der Rückkehr der Magnetnadel auf ihren Nullpunkt bemerkt. Dies hat darin seinen Grund, dass der Po- larisationsstrom selber wieder den Elektrolyten zersetzt. Hierbei muss sich aber, da der Polarisationsstrom die entgegengesetzte Rich- tung hat wie der ursprüngliche, so lange an der mit Wasserstoff be- deckten Elektrode Sauerstoff, und an der mit Sauerstoff bedeckten Wasserstoff ablagern, bis der Strom auf Null gesunken ist. Darin ist zugleich das einfache Hülfsmittel gegeben, um eine entstandene Po- larisation wieder aufzuheben: man braucht zu diesem Zweck nur den ursprünglichen Elektromotor auszuschalten und die elektrolysirte Flüs- sigkeit allein einen Stromeskreis bilden zu lassen. Es lässt sich hierzu leicht die in §. 309 Fig. 207 beschriebene Wippe anwenden, wenn man dieselbe so mit der übrigen Leitung combinirt, dass die Näpf- chen c und d, wenn sie verbunden sind, die Kette mit dem Elektro-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0520"n="498"/><fwplace="top"type="header">Von der Elektricität.</fw><lb/>
Widerstandes pflegt nur dann zu entstehen, wenn sich durch die<lb/>
Elektrolyse an den Elektroden ein schlecht leitender Ueberzug bildet,<lb/>
wenn dieselben z. B. mit einer Oxydschichte bedeckt werden.</p><lb/><p>Die häufigste Ursache der galvanischen Polarisation ist die Aus-<lb/>
scheidung gasförmiger Zersetzungsproducte, wie sie bei der Elektro-<lb/>
lyse des Wassers und wässeriger Lösungen zu geschehen pflegt. In-<lb/>
dem an der positiven Elektrode Sauerstoff, an der negativen Wasser-<lb/>
stoff frei wird, entsteht innerhalb der ursprünglichen Kette noch eine<lb/><hirendition="#g">Gaskette</hi>, welche einen Strom von einer dem ursprünglichen ent-<lb/>
gegengesetzten Richtung, also vom Wasserstoff zum Sauerstoff, durch<lb/>
den Kreis sendet. Da die elektromotorische Kraft dieses Polarisa-<lb/>
tionsstroms durch die Berührung der Gase mit den metallischen Elek-<lb/>
troden entsteht, so ist ihre Grösse namentlich auch von der Beschaf-<lb/>
fenheit der Metalle, die man als Elektroden verwendet, abhängig. Sie<lb/>
ist z. B. viel grösser, wenn man Wasser zwischen Platinelektroden,<lb/>
als wenn man es zwischen Kupferelektroden zersetzt. Wie das Was-<lb/>
ser verhalten sich alle andern Elektrolyten, welche gasförmige Ionen<lb/>
liefern, z. B. Salpetersäure, Chlorwasserstoffsäure u. s. w. Bei der<lb/>
Elektrolyse der Alkalisalze, bei der sich die positive Elektrode mit<lb/>
freier Säure, die negative mit freiem Alkali umgibt, entstehen durch<lb/>
den Contact der Metalle mit den verschiedenartigen Flüssigkeiten ähn-<lb/>
liche Polarisationsströme, welche die durch die ausgeschiedenen Gase<lb/>
erzeugten Ströme erheblich verstärken können.</p><lb/><p>Man weist die Polarisationsströme nach, indem man die ursprüng-<lb/>
liche Kette öffnet und die in den Elektrolyten tauchenden Elektroden<lb/>
mit einem Galvanometer verbindet. Man erhält dann je nach der<lb/>
Intensität des Polarisationsstromes einen Ausschlag der Magnetnadel<lb/>
von verschiedener Grösse. Indem auf diese Weise die mit den Zer-<lb/>
setzungsproducten geladenen Elektroden zur Kette geschlossen werden,<lb/>
nimmt aber der Polarisationsstrom selbst sehr schnell ab und hört<lb/>
endlich ganz auf, wie man an der Rückkehr der Magnetnadel auf<lb/>
ihren Nullpunkt bemerkt. Dies hat darin seinen Grund, dass der Po-<lb/>
larisationsstrom selber wieder den Elektrolyten zersetzt. Hierbei<lb/>
muss sich aber, da der Polarisationsstrom die entgegengesetzte Rich-<lb/>
tung hat wie der ursprüngliche, so lange an der mit Wasserstoff be-<lb/>
deckten Elektrode Sauerstoff, und an der mit Sauerstoff bedeckten<lb/>
Wasserstoff ablagern, bis der Strom auf Null gesunken ist. Darin ist<lb/>
zugleich das einfache Hülfsmittel gegeben, um eine entstandene Po-<lb/>
larisation wieder aufzuheben: man braucht zu diesem Zweck nur den<lb/>
ursprünglichen Elektromotor auszuschalten und die elektrolysirte Flüs-<lb/>
sigkeit allein einen Stromeskreis bilden zu lassen. Es lässt sich hierzu<lb/>
leicht die in §. 309 Fig. 207 beschriebene Wippe anwenden, wenn<lb/>
man dieselbe so mit der übrigen Leitung combinirt, dass die Näpf-<lb/>
chen c und d, wenn sie verbunden sind, die Kette mit dem Elektro-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[498/0520]
Von der Elektricität.
Widerstandes pflegt nur dann zu entstehen, wenn sich durch die
Elektrolyse an den Elektroden ein schlecht leitender Ueberzug bildet,
wenn dieselben z. B. mit einer Oxydschichte bedeckt werden.
Die häufigste Ursache der galvanischen Polarisation ist die Aus-
scheidung gasförmiger Zersetzungsproducte, wie sie bei der Elektro-
lyse des Wassers und wässeriger Lösungen zu geschehen pflegt. In-
dem an der positiven Elektrode Sauerstoff, an der negativen Wasser-
stoff frei wird, entsteht innerhalb der ursprünglichen Kette noch eine
Gaskette, welche einen Strom von einer dem ursprünglichen ent-
gegengesetzten Richtung, also vom Wasserstoff zum Sauerstoff, durch
den Kreis sendet. Da die elektromotorische Kraft dieses Polarisa-
tionsstroms durch die Berührung der Gase mit den metallischen Elek-
troden entsteht, so ist ihre Grösse namentlich auch von der Beschaf-
fenheit der Metalle, die man als Elektroden verwendet, abhängig. Sie
ist z. B. viel grösser, wenn man Wasser zwischen Platinelektroden,
als wenn man es zwischen Kupferelektroden zersetzt. Wie das Was-
ser verhalten sich alle andern Elektrolyten, welche gasförmige Ionen
liefern, z. B. Salpetersäure, Chlorwasserstoffsäure u. s. w. Bei der
Elektrolyse der Alkalisalze, bei der sich die positive Elektrode mit
freier Säure, die negative mit freiem Alkali umgibt, entstehen durch
den Contact der Metalle mit den verschiedenartigen Flüssigkeiten ähn-
liche Polarisationsströme, welche die durch die ausgeschiedenen Gase
erzeugten Ströme erheblich verstärken können.
Man weist die Polarisationsströme nach, indem man die ursprüng-
liche Kette öffnet und die in den Elektrolyten tauchenden Elektroden
mit einem Galvanometer verbindet. Man erhält dann je nach der
Intensität des Polarisationsstromes einen Ausschlag der Magnetnadel
von verschiedener Grösse. Indem auf diese Weise die mit den Zer-
setzungsproducten geladenen Elektroden zur Kette geschlossen werden,
nimmt aber der Polarisationsstrom selbst sehr schnell ab und hört
endlich ganz auf, wie man an der Rückkehr der Magnetnadel auf
ihren Nullpunkt bemerkt. Dies hat darin seinen Grund, dass der Po-
larisationsstrom selber wieder den Elektrolyten zersetzt. Hierbei
muss sich aber, da der Polarisationsstrom die entgegengesetzte Rich-
tung hat wie der ursprüngliche, so lange an der mit Wasserstoff be-
deckten Elektrode Sauerstoff, und an der mit Sauerstoff bedeckten
Wasserstoff ablagern, bis der Strom auf Null gesunken ist. Darin ist
zugleich das einfache Hülfsmittel gegeben, um eine entstandene Po-
larisation wieder aufzuheben: man braucht zu diesem Zweck nur den
ursprünglichen Elektromotor auszuschalten und die elektrolysirte Flüs-
sigkeit allein einen Stromeskreis bilden zu lassen. Es lässt sich hierzu
leicht die in §. 309 Fig. 207 beschriebene Wippe anwenden, wenn
man dieselbe so mit der übrigen Leitung combinirt, dass die Näpf-
chen c und d, wenn sie verbunden sind, die Kette mit dem Elektro-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/520>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.