Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Elektricität.
kommt, so werden die geschmolzenen und glühenden Theilchen mit
grosser Gewalt umhergeschleudert.


322
Wärmeentwick-
lung durch den
galvanischen
Strom.

Die Wärmeentwicklung im Schliessungsbogen des galvanischen
Stromes folgt einem ähnlichen Gesetze, wie wir es oben für den
Schliessungsbogen des Entladungsstromes aufgestellt haben. Sie ist
nämlich, nach den Versuchen von Joule, dem Widerstand der Strom-
leitung und dem Quadrat der Stromstärke direct proportional, so dass,
wenn wir mit c die in der Zeiteinheit in einem Draht, dessen Wider-
stand = 1 ist, durch die Stromstärke 1 entwickelte Wärmemenge
bezeichnen, die in einem Schliessungskreis von dem Widerstande W
in der Zeit t durch eine Stromstärke J erzeugte Wärmemenge C
ausgedrückt wird durch die Gleichung
1) C = c. J2 W. t.

Da nach dem Ohm'schen Gesetz [Formel 1] ist, so kann man auch
setzen
2) C = c. E. J. t,
d. h. die Wärmeentwicklung in einer gegebenen Zeit ist proportional
dem Product der elektromotorischen Kraft in die Stromstärke.

An dem metallischen Schliessungsdraht einer constanten Kette
lässt sich das obige Gesetz leicht nachweisen, wenn man den Schlies-
sungsdraht durch ein mit einer schlecht leitenden Flüssigkeit (destil-
lirtem Wasser, Alkohol) gefülltes Gefäss führt und, mit Berücksichti-
gung der erforderlichen Cautelen, die Temperaturerhöhung dieser
Flüssigkeit mit dem Thermometer bestimmt. Der Widerstand eines
solchen Drahtes ist, wenn wir mit l und q Länge und Querschnitt
und mit k das specifische Leitungsvermögen bezeichnen, nach §. 313 =
[Formel 2] . Die Gleichung 1 geht daher nun in folgende über:
3) [Formel 3] .

Ist ein Leiter zweiter Klasse in den Strom eingeschaltet, so folgt
dessen Erwärmung demselben Gesetze. Im Allgemeinen wird also,
weil hier das Leitungsvermögen k kleiner ist, die Erwärmung eine
beträchtlichere sein. Doch kommt dabei in Betracht, dass leicht die
zugleich eintretende chemische Zersetzung die durch den Strom her-
vorgerufene Wärmeentwicklung wieder aufhebt. Leiten wir z. B. den
Strom durch Wasser, so wird bei der eintretenden Bildung gasförmi-
gen Wasserstoffs und Sauerstoffs eine Wärmemenge latent, die wir
von der durch den Strom erzeugten Wärme abziehen müssen, um
die wirklich frei werdende Wärme zu erhalten. Sind dagegen die
in der Flüssigkeit eintretenden Zersetzungen so beschaffen, dass die
von ihnen abhängigen Wärmewirkungen sich wieder aufheben, so

Von der Elektricität.
kommt, so werden die geschmolzenen und glühenden Theilchen mit
grosser Gewalt umhergeschleudert.


322
Wärmeentwick-
lung durch den
galvanischen
Strom.

Die Wärmeentwicklung im Schliessungsbogen des galvanischen
Stromes folgt einem ähnlichen Gesetze, wie wir es oben für den
Schliessungsbogen des Entladungsstromes aufgestellt haben. Sie ist
nämlich, nach den Versuchen von Joule, dem Widerstand der Strom-
leitung und dem Quadrat der Stromstärke direct proportional, so dass,
wenn wir mit c die in der Zeiteinheit in einem Draht, dessen Wider-
stand = 1 ist, durch die Stromstärke 1 entwickelte Wärmemenge
bezeichnen, die in einem Schliessungskreis von dem Widerstande W
in der Zeit t durch eine Stromstärke J erzeugte Wärmemenge C
ausgedrückt wird durch die Gleichung
1) C = c. J2 W. t.

Da nach dem Ohm’schen Gesetz [Formel 1] ist, so kann man auch
setzen
2) C = c. E. J. t,
d. h. die Wärmeentwicklung in einer gegebenen Zeit ist proportional
dem Product der elektromotorischen Kraft in die Stromstärke.

An dem metallischen Schliessungsdraht einer constanten Kette
lässt sich das obige Gesetz leicht nachweisen, wenn man den Schlies-
sungsdraht durch ein mit einer schlecht leitenden Flüssigkeit (destil-
lirtem Wasser, Alkohol) gefülltes Gefäss führt und, mit Berücksichti-
gung der erforderlichen Cautelen, die Temperaturerhöhung dieser
Flüssigkeit mit dem Thermometer bestimmt. Der Widerstand eines
solchen Drahtes ist, wenn wir mit l und q Länge und Querschnitt
und mit k das specifische Leitungsvermögen bezeichnen, nach §. 313 =
[Formel 2] . Die Gleichung 1 geht daher nun in folgende über:
3) [Formel 3] .

Ist ein Leiter zweiter Klasse in den Strom eingeschaltet, so folgt
dessen Erwärmung demselben Gesetze. Im Allgemeinen wird also,
weil hier das Leitungsvermögen k kleiner ist, die Erwärmung eine
beträchtlichere sein. Doch kommt dabei in Betracht, dass leicht die
zugleich eintretende chemische Zersetzung die durch den Strom her-
vorgerufene Wärmeentwicklung wieder aufhebt. Leiten wir z. B. den
Strom durch Wasser, so wird bei der eintretenden Bildung gasförmi-
gen Wasserstoffs und Sauerstoffs eine Wärmemenge latent, die wir
von der durch den Strom erzeugten Wärme abziehen müssen, um
die wirklich frei werdende Wärme zu erhalten. Sind dagegen die
in der Flüssigkeit eintretenden Zersetzungen so beschaffen, dass die
von ihnen abhängigen Wärmewirkungen sich wieder aufheben, so

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0508" n="486"/><fw place="top" type="header">Von der Elektricität.</fw><lb/>
kommt, so werden die geschmolzenen und glühenden Theilchen mit<lb/>
grosser Gewalt umhergeschleudert.</p><lb/>
          <note place="left">322<lb/>
Wärmeentwick-<lb/>
lung durch den<lb/>
galvanischen<lb/>
Strom.</note>
          <p>Die Wärmeentwicklung im Schliessungsbogen des galvanischen<lb/>
Stromes folgt einem ähnlichen Gesetze, wie wir es oben für den<lb/>
Schliessungsbogen des Entladungsstromes aufgestellt haben. Sie ist<lb/>
nämlich, nach den Versuchen von <hi rendition="#g">Joule</hi>, dem Widerstand der Strom-<lb/>
leitung und dem Quadrat der Stromstärke direct proportional, so dass,<lb/>
wenn wir mit c die in der Zeiteinheit in einem Draht, dessen Wider-<lb/>
stand = 1 ist, durch die Stromstärke 1 entwickelte Wärmemenge<lb/>
bezeichnen, die in einem Schliessungskreis von dem Widerstande W<lb/>
in der Zeit t durch eine Stromstärke J erzeugte Wärmemenge C<lb/>
ausgedrückt wird durch die Gleichung<lb/><hi rendition="#c">1) C = c. J<hi rendition="#sup">2</hi> W. t.</hi></p><lb/>
          <p>Da nach dem <hi rendition="#g">Ohm</hi>&#x2019;schen Gesetz <formula/> ist, so kann man auch<lb/>
setzen<lb/><hi rendition="#c">2) C = c. E. J. t,</hi><lb/>
d. h. die Wärmeentwicklung in einer gegebenen Zeit ist proportional<lb/>
dem Product der elektromotorischen Kraft in die Stromstärke.</p><lb/>
          <p>An dem metallischen Schliessungsdraht einer constanten Kette<lb/>
lässt sich das obige Gesetz leicht nachweisen, wenn man den Schlies-<lb/>
sungsdraht durch ein mit einer schlecht leitenden Flüssigkeit (destil-<lb/>
lirtem Wasser, Alkohol) gefülltes Gefäss führt und, mit Berücksichti-<lb/>
gung der erforderlichen Cautelen, die Temperaturerhöhung dieser<lb/>
Flüssigkeit mit dem Thermometer bestimmt. Der Widerstand eines<lb/>
solchen Drahtes ist, wenn wir mit l und q Länge und Querschnitt<lb/>
und mit k das specifische Leitungsvermögen bezeichnen, nach §. 313 =<lb/><formula/>. Die Gleichung 1 geht daher nun in folgende über:<lb/><hi rendition="#c">3) <formula/>.</hi></p><lb/>
          <p>Ist ein Leiter zweiter Klasse in den Strom eingeschaltet, so folgt<lb/>
dessen Erwärmung demselben Gesetze. Im Allgemeinen wird also,<lb/>
weil hier das Leitungsvermögen k kleiner ist, die Erwärmung eine<lb/>
beträchtlichere sein. Doch kommt dabei in Betracht, dass leicht die<lb/>
zugleich eintretende chemische Zersetzung die durch den Strom her-<lb/>
vorgerufene Wärmeentwicklung wieder aufhebt. Leiten wir z. B. den<lb/>
Strom durch Wasser, so wird bei der eintretenden Bildung gasförmi-<lb/>
gen Wasserstoffs und Sauerstoffs eine Wärmemenge latent, die wir<lb/>
von der durch den Strom erzeugten Wärme abziehen müssen, um<lb/>
die wirklich frei werdende Wärme zu erhalten. Sind dagegen die<lb/>
in der Flüssigkeit eintretenden Zersetzungen so beschaffen, dass die<lb/>
von ihnen abhängigen Wärmewirkungen sich wieder aufheben, so<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[486/0508] Von der Elektricität. kommt, so werden die geschmolzenen und glühenden Theilchen mit grosser Gewalt umhergeschleudert. Die Wärmeentwicklung im Schliessungsbogen des galvanischen Stromes folgt einem ähnlichen Gesetze, wie wir es oben für den Schliessungsbogen des Entladungsstromes aufgestellt haben. Sie ist nämlich, nach den Versuchen von Joule, dem Widerstand der Strom- leitung und dem Quadrat der Stromstärke direct proportional, so dass, wenn wir mit c die in der Zeiteinheit in einem Draht, dessen Wider- stand = 1 ist, durch die Stromstärke 1 entwickelte Wärmemenge bezeichnen, die in einem Schliessungskreis von dem Widerstande W in der Zeit t durch eine Stromstärke J erzeugte Wärmemenge C ausgedrückt wird durch die Gleichung 1) C = c. J2 W. t. Da nach dem Ohm’schen Gesetz [FORMEL] ist, so kann man auch setzen 2) C = c. E. J. t, d. h. die Wärmeentwicklung in einer gegebenen Zeit ist proportional dem Product der elektromotorischen Kraft in die Stromstärke. An dem metallischen Schliessungsdraht einer constanten Kette lässt sich das obige Gesetz leicht nachweisen, wenn man den Schlies- sungsdraht durch ein mit einer schlecht leitenden Flüssigkeit (destil- lirtem Wasser, Alkohol) gefülltes Gefäss führt und, mit Berücksichti- gung der erforderlichen Cautelen, die Temperaturerhöhung dieser Flüssigkeit mit dem Thermometer bestimmt. Der Widerstand eines solchen Drahtes ist, wenn wir mit l und q Länge und Querschnitt und mit k das specifische Leitungsvermögen bezeichnen, nach §. 313 = [FORMEL]. Die Gleichung 1 geht daher nun in folgende über: 3) [FORMEL]. Ist ein Leiter zweiter Klasse in den Strom eingeschaltet, so folgt dessen Erwärmung demselben Gesetze. Im Allgemeinen wird also, weil hier das Leitungsvermögen k kleiner ist, die Erwärmung eine beträchtlichere sein. Doch kommt dabei in Betracht, dass leicht die zugleich eintretende chemische Zersetzung die durch den Strom her- vorgerufene Wärmeentwicklung wieder aufhebt. Leiten wir z. B. den Strom durch Wasser, so wird bei der eintretenden Bildung gasförmi- gen Wasserstoffs und Sauerstoffs eine Wärmemenge latent, die wir von der durch den Strom erzeugten Wärme abziehen müssen, um die wirklich frei werdende Wärme zu erhalten. Sind dagegen die in der Flüssigkeit eintretenden Zersetzungen so beschaffen, dass die von ihnen abhängigen Wärmewirkungen sich wieder aufheben, so

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/508
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/508>, abgerufen am 22.12.2024.