verändert. Bringt man nun zwei Kugeln, welche dieselben Mengen gleichartiger Elektricität besitzen, successiv in verschiedene Entfer- nungen, so findet man, dass die Anziehungen jedesmal im umgekehrten Verhältniss des Quadrates der Entfernung stehen. Zwei Elektricitäts- mengen wirken also allgemein auf einander mit der Kraft
[Formel 1]
, und die Beschleunigung, welche sie einer Masse M ertheilen, ist
[Formel 2]
. Diese Kraft wirkt abstossend, wenn die Elektricitätsmengen e und e' gleichartig sind, sie wirkt anziehend, wenn dieselben ungleichartig sind.
Das obige Gesetz der elektrischen Anziehung und Abstossung ist nur ein specieller Fall des allgemeinen Gesetzes der Massenwirkung (§. 9). Die sich anziehenden und abstossenden Massen sind hier die den Körpern mitgetheilten Elektricitätsmengen. Cou- lomb hat die Richtigkeit des Gesetzes an einer in folgender Weise construirten Dreh- waage nachgewiesen. An einem dünnen Metalldraht war ein Schellack oder Glasfa- den horizontal aufgehängt, der an einem Ende eine kleine metallene Kugel trug, welche auf der andern Seite äquilibrirt war. In die Nähe dieser Kugel wurde eine andere fest aufgestellte Kugel gebracht, dann wurden beiden Kugeln gleiche Mengen gleich- artiger Elektricität mitgetheilt. In Folge dessen erfuhr die bewegliche Kugel eine Abstossung. Entweder aus der Grösse dieser Abstossung oder der zu ihrer Aufhe- bung erforderlichen Torsion des Metalldrahts konnte auf die Grösse der abstossenden Kraft geschlossen werden. Für die Messung sehr kleiner Elektricitätsmengen ist je- doch die Coulomb'sche Drehwaage zu unempfindlich. Dellmann und Kohlrausch haben für diese Zwecke die Empfindlichkeit derselben bedeutend erhöht, indem sie statt des Glasbalkens an einem Metalldraht einen Metalldraht an einem Glasfaden aufhiengen und den Metalldraht mit einem metallischen, überall isolirten Bügel umgaben. Werden der Draht und der Bügel mit gleichartiger Elektricität versehen, so erfährt der erstere eine Ablenkung. Die Berechnung der Elektricitätsmenge ist aber hier etwas compli- cirter, weil man nicht mehr wie bei den Kugeln voraussetzen kann, die Elektricitäten seien in Punkten, den Mittelpunkten, vereinigt.
304 Grösse der elek- tromotorischen Kraft beim Con- tact der Metalle. Spannungs- gesetz.
Beim Contact zweier Metallplatten entsteht, wie wir gefunden haben, eine elektrische Spannung, die für je zwei Metalle unverändert bleibt, die elektromotorische Kraft. Je grösser die elektromotorische Kraft ist, in um so grösserer Dichte sammelt auf beiden Platten die freie Elektricität, auf der einen die positive, auf der andern die negative, sich an. Man kann daher ein Maass für die elektromotorische Kraft gewinnen, wenn man die nach aufgehobenem Contact auf jeder der Platten zurückbleibende Elektricitätsmenge nach der im vorigen §. angezeigten Methode ermittelt. Es ergibt sich hierbei, dass für je zwei Metalle die Dichtigkeit der Elektricität auf jedem Punkt der Me- tallfläche immer dieselbe bleibt, wie gross man auch die Platten wäh- len möge, dass also die Grösse der elektromotorischen Kraft unab- hängig ist von der Grösse der berührenden Fläche. Man kann dess-
Von der Elektricität.
verändert. Bringt man nun zwei Kugeln, welche dieselben Mengen gleichartiger Elektricität besitzen, successiv in verschiedene Entfer- nungen, so findet man, dass die Anziehungen jedesmal im umgekehrten Verhältniss des Quadrates der Entfernung stehen. Zwei Elektricitäts- mengen wirken also allgemein auf einander mit der Kraft
[Formel 1]
, und die Beschleunigung, welche sie einer Masse M ertheilen, ist
[Formel 2]
. Diese Kraft wirkt abstossend, wenn die Elektricitätsmengen e und e' gleichartig sind, sie wirkt anziehend, wenn dieselben ungleichartig sind.
Das obige Gesetz der elektrischen Anziehung und Abstossung ist nur ein specieller Fall des allgemeinen Gesetzes der Massenwirkung (§. 9). Die sich anziehenden und abstossenden Massen sind hier die den Körpern mitgetheilten Elektricitätsmengen. Cou- lomb hat die Richtigkeit des Gesetzes an einer in folgender Weise construirten Dreh- waage nachgewiesen. An einem dünnen Metalldraht war ein Schellack oder Glasfa- den horizontal aufgehängt, der an einem Ende eine kleine metallene Kugel trug, welche auf der andern Seite äquilibrirt war. In die Nähe dieser Kugel wurde eine andere fest aufgestellte Kugel gebracht, dann wurden beiden Kugeln gleiche Mengen gleich- artiger Elektricität mitgetheilt. In Folge dessen erfuhr die bewegliche Kugel eine Abstossung. Entweder aus der Grösse dieser Abstossung oder der zu ihrer Aufhe- bung erforderlichen Torsion des Metalldrahts konnte auf die Grösse der abstossenden Kraft geschlossen werden. Für die Messung sehr kleiner Elektricitätsmengen ist je- doch die Coulomb’sche Drehwaage zu unempfindlich. Dellmann und Kohlrausch haben für diese Zwecke die Empfindlichkeit derselben bedeutend erhöht, indem sie statt des Glasbalkens an einem Metalldraht einen Metalldraht an einem Glasfaden aufhiengen und den Metalldraht mit einem metallischen, überall isolirten Bügel umgaben. Werden der Draht und der Bügel mit gleichartiger Elektricität versehen, so erfährt der erstere eine Ablenkung. Die Berechnung der Elektricitätsmenge ist aber hier etwas compli- cirter, weil man nicht mehr wie bei den Kugeln voraussetzen kann, die Elektricitäten seien in Punkten, den Mittelpunkten, vereinigt.
304 Grösse der elek- tromotorischen Kraft beim Con- tact der Metalle. Spannungs- gesetz.
Beim Contact zweier Metallplatten entsteht, wie wir gefunden haben, eine elektrische Spannung, die für je zwei Metalle unverändert bleibt, die elektromotorische Kraft. Je grösser die elektromotorische Kraft ist, in um so grösserer Dichte sammelt auf beiden Platten die freie Elektricität, auf der einen die positive, auf der andern die negative, sich an. Man kann daher ein Maass für die elektromotorische Kraft gewinnen, wenn man die nach aufgehobenem Contact auf jeder der Platten zurückbleibende Elektricitätsmenge nach der im vorigen §. angezeigten Methode ermittelt. Es ergibt sich hierbei, dass für je zwei Metalle die Dichtigkeit der Elektricität auf jedem Punkt der Me- tallfläche immer dieselbe bleibt, wie gross man auch die Platten wäh- len möge, dass also die Grösse der elektromotorischen Kraft unab- hängig ist von der Grösse der berührenden Fläche. Man kann dess-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0474"n="452"/><fwplace="top"type="header">Von der Elektricität.</fw><lb/>
verändert. Bringt man nun zwei Kugeln, welche dieselben Mengen<lb/>
gleichartiger Elektricität besitzen, successiv in verschiedene Entfer-<lb/>
nungen, so findet man, dass die Anziehungen jedesmal im umgekehrten<lb/>
Verhältniss des Quadrates der Entfernung stehen. Zwei Elektricitäts-<lb/>
mengen wirken also allgemein auf einander mit der Kraft <formula/>, und<lb/>
die Beschleunigung, welche sie einer Masse M ertheilen, ist <formula/>.<lb/>
Diese Kraft wirkt abstossend, wenn die Elektricitätsmengen e und e'<lb/>
gleichartig sind, sie wirkt anziehend, wenn dieselben ungleichartig<lb/>
sind.</p><lb/><p>Das obige Gesetz der elektrischen Anziehung und Abstossung ist nur ein specieller<lb/>
Fall des allgemeinen Gesetzes der Massenwirkung (§. 9). Die sich anziehenden und<lb/>
abstossenden Massen sind hier die den Körpern mitgetheilten Elektricitätsmengen. <hirendition="#g">Cou-<lb/>
lomb</hi> hat die Richtigkeit des Gesetzes an einer in folgender Weise construirten <hirendition="#g">Dreh-<lb/>
waage</hi> nachgewiesen. An einem dünnen Metalldraht war ein Schellack oder Glasfa-<lb/>
den horizontal aufgehängt, der an einem Ende eine kleine metallene Kugel trug, welche<lb/>
auf der andern Seite äquilibrirt war. In die Nähe dieser Kugel wurde eine andere<lb/>
fest aufgestellte Kugel gebracht, dann wurden beiden Kugeln gleiche Mengen gleich-<lb/>
artiger Elektricität mitgetheilt. In Folge dessen erfuhr die bewegliche Kugel eine<lb/>
Abstossung. Entweder aus der Grösse dieser Abstossung oder der zu ihrer Aufhe-<lb/>
bung erforderlichen Torsion des Metalldrahts konnte auf die Grösse der abstossenden<lb/>
Kraft geschlossen werden. Für die Messung sehr kleiner Elektricitätsmengen ist je-<lb/>
doch die <hirendition="#g">Coulomb</hi>’sche Drehwaage zu unempfindlich. <hirendition="#g">Dellmann</hi> und <hirendition="#g">Kohlrausch</hi><lb/>
haben für diese Zwecke die Empfindlichkeit derselben bedeutend erhöht, indem sie statt<lb/>
des Glasbalkens an einem Metalldraht einen Metalldraht an einem Glasfaden aufhiengen<lb/>
und den Metalldraht mit einem metallischen, überall isolirten Bügel umgaben. Werden<lb/>
der Draht und der Bügel mit gleichartiger Elektricität versehen, so erfährt der erstere<lb/>
eine Ablenkung. Die Berechnung der Elektricitätsmenge ist aber hier etwas compli-<lb/>
cirter, weil man nicht mehr wie bei den Kugeln voraussetzen kann, die Elektricitäten<lb/>
seien in Punkten, den Mittelpunkten, vereinigt.</p><lb/><noteplace="left">304<lb/>
Grösse der elek-<lb/>
tromotorischen<lb/>
Kraft beim Con-<lb/>
tact der Metalle.<lb/>
Spannungs-<lb/>
gesetz.</note><p>Beim Contact zweier Metallplatten entsteht, wie wir gefunden haben,<lb/>
eine elektrische Spannung, die für je zwei Metalle unverändert bleibt, die<lb/><hirendition="#g">elektromotorische Kraft</hi>. Je grösser die elektromotorische Kraft<lb/>
ist, in um so grösserer Dichte sammelt auf beiden Platten die freie<lb/>
Elektricität, auf der einen die positive, auf der andern die negative,<lb/>
sich an. Man kann daher ein Maass für die elektromotorische Kraft<lb/>
gewinnen, wenn man die nach aufgehobenem Contact auf jeder der<lb/>
Platten zurückbleibende Elektricitätsmenge nach der im vorigen §.<lb/>
angezeigten Methode ermittelt. Es ergibt sich hierbei, dass für je<lb/>
zwei Metalle die Dichtigkeit der Elektricität auf jedem Punkt der Me-<lb/>
tallfläche immer dieselbe bleibt, wie gross man auch die Platten wäh-<lb/>
len möge, dass also die Grösse der elektromotorischen Kraft unab-<lb/>
hängig ist von der Grösse der berührenden Fläche. Man kann dess-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[452/0474]
Von der Elektricität.
verändert. Bringt man nun zwei Kugeln, welche dieselben Mengen
gleichartiger Elektricität besitzen, successiv in verschiedene Entfer-
nungen, so findet man, dass die Anziehungen jedesmal im umgekehrten
Verhältniss des Quadrates der Entfernung stehen. Zwei Elektricitäts-
mengen wirken also allgemein auf einander mit der Kraft [FORMEL], und
die Beschleunigung, welche sie einer Masse M ertheilen, ist [FORMEL].
Diese Kraft wirkt abstossend, wenn die Elektricitätsmengen e und e'
gleichartig sind, sie wirkt anziehend, wenn dieselben ungleichartig
sind.
Das obige Gesetz der elektrischen Anziehung und Abstossung ist nur ein specieller
Fall des allgemeinen Gesetzes der Massenwirkung (§. 9). Die sich anziehenden und
abstossenden Massen sind hier die den Körpern mitgetheilten Elektricitätsmengen. Cou-
lomb hat die Richtigkeit des Gesetzes an einer in folgender Weise construirten Dreh-
waage nachgewiesen. An einem dünnen Metalldraht war ein Schellack oder Glasfa-
den horizontal aufgehängt, der an einem Ende eine kleine metallene Kugel trug, welche
auf der andern Seite äquilibrirt war. In die Nähe dieser Kugel wurde eine andere
fest aufgestellte Kugel gebracht, dann wurden beiden Kugeln gleiche Mengen gleich-
artiger Elektricität mitgetheilt. In Folge dessen erfuhr die bewegliche Kugel eine
Abstossung. Entweder aus der Grösse dieser Abstossung oder der zu ihrer Aufhe-
bung erforderlichen Torsion des Metalldrahts konnte auf die Grösse der abstossenden
Kraft geschlossen werden. Für die Messung sehr kleiner Elektricitätsmengen ist je-
doch die Coulomb’sche Drehwaage zu unempfindlich. Dellmann und Kohlrausch
haben für diese Zwecke die Empfindlichkeit derselben bedeutend erhöht, indem sie statt
des Glasbalkens an einem Metalldraht einen Metalldraht an einem Glasfaden aufhiengen
und den Metalldraht mit einem metallischen, überall isolirten Bügel umgaben. Werden
der Draht und der Bügel mit gleichartiger Elektricität versehen, so erfährt der erstere
eine Ablenkung. Die Berechnung der Elektricitätsmenge ist aber hier etwas compli-
cirter, weil man nicht mehr wie bei den Kugeln voraussetzen kann, die Elektricitäten
seien in Punkten, den Mittelpunkten, vereinigt.
Beim Contact zweier Metallplatten entsteht, wie wir gefunden haben,
eine elektrische Spannung, die für je zwei Metalle unverändert bleibt, die
elektromotorische Kraft. Je grösser die elektromotorische Kraft
ist, in um so grösserer Dichte sammelt auf beiden Platten die freie
Elektricität, auf der einen die positive, auf der andern die negative,
sich an. Man kann daher ein Maass für die elektromotorische Kraft
gewinnen, wenn man die nach aufgehobenem Contact auf jeder der
Platten zurückbleibende Elektricitätsmenge nach der im vorigen §.
angezeigten Methode ermittelt. Es ergibt sich hierbei, dass für je
zwei Metalle die Dichtigkeit der Elektricität auf jedem Punkt der Me-
tallfläche immer dieselbe bleibt, wie gross man auch die Platten wäh-
len möge, dass also die Grösse der elektromotorischen Kraft unab-
hängig ist von der Grösse der berührenden Fläche. Man kann dess-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/474>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.