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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Lichte.
gungsrichtung des ordentlichen und A A' diejenige des ausserordent-
lichen Strahls im ersten Nicol, so wird B B' innerhalb desselben
verschwinden, und A A' wird in den zweiten Nicol eintreten. Hier
sei D D' die Schwingungsrichtung des ordentlichen und C C' die des
ausserordentlichen Strahls, so wird A A' in zwei Componenten nach
C C' und D D' zerlegt werden, die letztere wird verschwinden, und
die erstere wird durch den zweiten Nicol hindurchtreten. Nun ist
aber offenbar die Componente C C' um so grösser, je kleiner der
Winkel zwischen A A' und C C' wird, und dieselbe wird null, wenn
C C' auf A A' senkrecht steht.


227
Ein Haupt-
schnitt zwischen
den Nicols.
Interferenzer-
scheinungen
dicker Platten
bei parallelen
Strahlen oder
dünner Plätt-
chen im homo-
genen Lichte.

Die einfachen Erscheinungen, die man bei der Superposition
zweier Polarisationsvorrichtungen beobachtet, deren jede nur Licht
von einer Schwingungsrichtung hindurchlässt, werden verwickelter,
wenn man zwischen dieselben irgend einen dritten doppelbrechenden
Körper bringt, der die beiden zu einander senkrecht polarisirten Strah-
len, in die er das Licht zerlegt, hindurchlässt. Bringt man z. B. über
den unteren Nicol eine parallel zur Hauptaxe geschnittene Kalkspath-
platte, so wird, wenn die Polarisationsebenen dieser Platte und der
beiden Nicols eine verschiedene Lage besitzen, folgendes eintreten.

[Abbildung] Fig. 173.
Es sei P P' (Fig. 173) die Schwingungs-
richtung, welche der untere Nicol den
ihn durchsetzenden Strahlen gegeben hat;
wir wollen annehmen, der obere Nicol sei
so orientirt, dass er nur Strahlen von der
auf P P' senkrechten Schwingungsrichtung
S S' hindurchlässt. Es werden dann beide
Nicols allein völlige Verdunkelung des Ge-
sichtsfeldes bewirken. Bringt man nun
aber zwischen die zwei Nicol'schen Prismen
jene auf die angegebene Art hergestellte
Kalkspathplatte, deren Hauptaxe die Richtung X X' hat, so werden
die Strahlen von der Schwingungsrichtung P P' in zwei Componenten
von den Richtungen X X' und Y Y' zerlegt. Jede dieser Componen-
ten wird dann durch den oberen Nicol wieder in zwei Componenten
von den Richtungen S S' und P P' zerlegt, von denen aber nur die
Componenten nach S S' durch den Nicol hindurchtreten. Sobald also
zwischen die zwei senkrecht zu einander orientirten Nicols ein doppel-
brechender Körper tritt, so wird die Verdunkelung des Gesichtsfeldes
aufgehoben, wenn die Polarisationsrichtungen dieses doppelbrechenden
Körpers nicht mit den Polarisationsebenen der beiden Nicols zusam-
menfallen. Ist letzteres der Fall, kommen die Axen X X' und Y Y'
mit P P' und S S' irgendwie zur Deckung, so ist leicht einzusehen,
dass die Erscheinungen durch das Zwischentreten des doppelbrechen-

Von dem Lichte.
gungsrichtung des ordentlichen und A A' diejenige des ausserordent-
lichen Strahls im ersten Nicol, so wird B B' innerhalb desselben
verschwinden, und A A' wird in den zweiten Nicol eintreten. Hier
sei D D' die Schwingungsrichtung des ordentlichen und C C' die des
ausserordentlichen Strahls, so wird A A' in zwei Componenten nach
C C' und D D' zerlegt werden, die letztere wird verschwinden, und
die erstere wird durch den zweiten Nicol hindurchtreten. Nun ist
aber offenbar die Componente C C' um so grösser, je kleiner der
Winkel zwischen A A' und C C' wird, und dieselbe wird null, wenn
C C' auf A A' senkrecht steht.


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Ein Haupt-
schnitt zwischen
den Nicols.
Interferenzer-
scheinungen
dicker Platten
bei parallelen
Strahlen oder
dünner Plätt-
chen im homo-
genen Lichte.

Die einfachen Erscheinungen, die man bei der Superposition
zweier Polarisationsvorrichtungen beobachtet, deren jede nur Licht
von einer Schwingungsrichtung hindurchlässt, werden verwickelter,
wenn man zwischen dieselben irgend einen dritten doppelbrechenden
Körper bringt, der die beiden zu einander senkrecht polarisirten Strah-
len, in die er das Licht zerlegt, hindurchlässt. Bringt man z. B. über
den unteren Nicol eine parallel zur Hauptaxe geschnittene Kalkspath-
platte, so wird, wenn die Polarisationsebenen dieser Platte und der
beiden Nicols eine verschiedene Lage besitzen, folgendes eintreten.

[Abbildung] Fig. 173.
Es sei P P' (Fig. 173) die Schwingungs-
richtung, welche der untere Nicol den
ihn durchsetzenden Strahlen gegeben hat;
wir wollen annehmen, der obere Nicol sei
so orientirt, dass er nur Strahlen von der
auf P P' senkrechten Schwingungsrichtung
S S' hindurchlässt. Es werden dann beide
Nicols allein völlige Verdunkelung des Ge-
sichtsfeldes bewirken. Bringt man nun
aber zwischen die zwei Nicol’schen Prismen
jene auf die angegebene Art hergestellte
Kalkspathplatte, deren Hauptaxe die Richtung X X' hat, so werden
die Strahlen von der Schwingungsrichtung P P' in zwei Componenten
von den Richtungen X X' und Y Y' zerlegt. Jede dieser Componen-
ten wird dann durch den oberen Nicol wieder in zwei Componenten
von den Richtungen S S' und P P' zerlegt, von denen aber nur die
Componenten nach S S' durch den Nicol hindurchtreten. Sobald also
zwischen die zwei senkrecht zu einander orientirten Nicols ein doppel-
brechender Körper tritt, so wird die Verdunkelung des Gesichtsfeldes
aufgehoben, wenn die Polarisationsrichtungen dieses doppelbrechenden
Körpers nicht mit den Polarisationsebenen der beiden Nicols zusam-
menfallen. Ist letzteres der Fall, kommen die Axen X X' und Y Y'
mit P P' und S S' irgendwie zur Deckung, so ist leicht einzusehen,
dass die Erscheinungen durch das Zwischentreten des doppelbrechen-

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[340/0362] Von dem Lichte. gungsrichtung des ordentlichen und A A' diejenige des ausserordent- lichen Strahls im ersten Nicol, so wird B B' innerhalb desselben verschwinden, und A A' wird in den zweiten Nicol eintreten. Hier sei D D' die Schwingungsrichtung des ordentlichen und C C' die des ausserordentlichen Strahls, so wird A A' in zwei Componenten nach C C' und D D' zerlegt werden, die letztere wird verschwinden, und die erstere wird durch den zweiten Nicol hindurchtreten. Nun ist aber offenbar die Componente C C' um so grösser, je kleiner der Winkel zwischen A A' und C C' wird, und dieselbe wird null, wenn C C' auf A A' senkrecht steht. Die einfachen Erscheinungen, die man bei der Superposition zweier Polarisationsvorrichtungen beobachtet, deren jede nur Licht von einer Schwingungsrichtung hindurchlässt, werden verwickelter, wenn man zwischen dieselben irgend einen dritten doppelbrechenden Körper bringt, der die beiden zu einander senkrecht polarisirten Strah- len, in die er das Licht zerlegt, hindurchlässt. Bringt man z. B. über den unteren Nicol eine parallel zur Hauptaxe geschnittene Kalkspath- platte, so wird, wenn die Polarisationsebenen dieser Platte und der beiden Nicols eine verschiedene Lage besitzen, folgendes eintreten. [Abbildung Fig. 173.] Es sei P P' (Fig. 173) die Schwingungs- richtung, welche der untere Nicol den ihn durchsetzenden Strahlen gegeben hat; wir wollen annehmen, der obere Nicol sei so orientirt, dass er nur Strahlen von der auf P P' senkrechten Schwingungsrichtung S S' hindurchlässt. Es werden dann beide Nicols allein völlige Verdunkelung des Ge- sichtsfeldes bewirken. Bringt man nun aber zwischen die zwei Nicol’schen Prismen jene auf die angegebene Art hergestellte Kalkspathplatte, deren Hauptaxe die Richtung X X' hat, so werden die Strahlen von der Schwingungsrichtung P P' in zwei Componenten von den Richtungen X X' und Y Y' zerlegt. Jede dieser Componen- ten wird dann durch den oberen Nicol wieder in zwei Componenten von den Richtungen S S' und P P' zerlegt, von denen aber nur die Componenten nach S S' durch den Nicol hindurchtreten. Sobald also zwischen die zwei senkrecht zu einander orientirten Nicols ein doppel- brechender Körper tritt, so wird die Verdunkelung des Gesichtsfeldes aufgehoben, wenn die Polarisationsrichtungen dieses doppelbrechenden Körpers nicht mit den Polarisationsebenen der beiden Nicols zusam- menfallen. Ist letzteres der Fall, kommen die Axen X X' und Y Y' mit P P' und S S' irgendwie zur Deckung, so ist leicht einzusehen, dass die Erscheinungen durch das Zwischentreten des doppelbrechen-

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/362>, abgerufen am 04.05.2024.