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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Lichte.
ausserordentliche Strahl in derselben Zeit, in der sowohl er selbst wie
der ordentliche in der Richtung der Hauptaxe den Weg b c zurück-
legt, in einer darauf senkrechten Richtung durch den grösseren Weg
f g fort. Construirt man so die Wegstrecken, die jeder der beiden
Strahlen nach den verschiedenen Richtungen des Raumes in gleichen
Zeiten zurücklegen kann, so bildet die Gesammtsumme dieser Wege
für den ordentlichen Strahl eine Kugel, für den ausserordentlichen
Strahl aber ein Ellipsoid, das man sich durch die Drehung der Ellipse
b f c g um ihre mit dem Durchmesser der Kugel identische kleine
Axe b c entstanden denken kann. Diese Rotationsaxe entspricht aber
der Hauptaxe des doppelbrechenden Körpers. Wir haben nun früher
schon bemerkt, dass das Licht in durchsichtigen Medien im Allgemei-
nen Kugelwellen bildet. Die Fortpflanzung des Lichtes in doppel-
brechenden Körpern unterscheidet sich also dadurch, dass die in den-
selben vorhandene Kugelwelle von einer ellipsoidischen Welle um-
schlossen wird. Die Kugelwelle wird von den senkrecht zu den
Hauptschnitten erfolgenden Schwingungen des ordentlichen Strahls,
die ellipsoidische Welle von den in den Hauptschnitten geschehenden
Schwingungen des ausserordentlichen Strahls gebildet.


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Elasticitäts-
fläche einaxiger
Krystalle.

Für die senkrecht zu den Hauptschnitten geschehenden Schwin-
gungen muss, da dieselben eine Kugelwelle bilden, die Dichte des
Aethers nach allen Richtungen die nämliche sein. Für die in den
Hauptschnitten geschehenden Schwingungen dagegen muss, da die-
selben eine ellipsoidische Welle bilden, die Dichte des Aethers eine
verschiedene sein, eine grössere in der Richtung der kleineren Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit b c, eine kleinere in der Richtung der
grösseren Fortpflanzungsgeschwindigkeit f g (Fig. 165). Wir können
die Dichtigkeitsverhältnisse des Aethers, welche diese in den Haupt-
schnitten schwingenden Strahlen voraussetzen lassen, darstellen durch

[Abbildung] Fig. 166.
ein Ellipsoid, dessen grosse Axe b c (Fig. 166)
mit der Hauptaxe zusammenfällt, und das man
sich durch eine Rotation der Ellipse b d c e um
diese grosse Axe entstanden denken kann. Man
bezeichnet dieses Ellipsoid als Elasticitäts-
fläche
. Die Elasticitätsfläche giebt ebensowohl
darüber Rechenschaft, dass der ausserordentliche
Strahl sich mit verschiedener Geschwindigkeit,
wie darüber, dass der ordentliche Strahl sich
mit gleicher Geschwindigkeit nach allen Rich-
tungen fortpflanzt. Die Schwingungen des ordent-
lichen Strahls sind nämlich immer senkrecht zu
b c, rings um b c sind aber alle Elasticitätsaxen einander gleich: ein
aus solchen Schwingungen bestehender Strahl muss sich also wie in

Von dem Lichte.
ausserordentliche Strahl in derselben Zeit, in der sowohl er selbst wie
der ordentliche in der Richtung der Hauptaxe den Weg b c zurück-
legt, in einer darauf senkrechten Richtung durch den grösseren Weg
f g fort. Construirt man so die Wegstrecken, die jeder der beiden
Strahlen nach den verschiedenen Richtungen des Raumes in gleichen
Zeiten zurücklegen kann, so bildet die Gesammtsumme dieser Wege
für den ordentlichen Strahl eine Kugel, für den ausserordentlichen
Strahl aber ein Ellipsoid, das man sich durch die Drehung der Ellipse
b f c g um ihre mit dem Durchmesser der Kugel identische kleine
Axe b c entstanden denken kann. Diese Rotationsaxe entspricht aber
der Hauptaxe des doppelbrechenden Körpers. Wir haben nun früher
schon bemerkt, dass das Licht in durchsichtigen Medien im Allgemei-
nen Kugelwellen bildet. Die Fortpflanzung des Lichtes in doppel-
brechenden Körpern unterscheidet sich also dadurch, dass die in den-
selben vorhandene Kugelwelle von einer ellipsoidischen Welle um-
schlossen wird. Die Kugelwelle wird von den senkrecht zu den
Hauptschnitten erfolgenden Schwingungen des ordentlichen Strahls,
die ellipsoidische Welle von den in den Hauptschnitten geschehenden
Schwingungen des ausserordentlichen Strahls gebildet.


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Elasticitäts-
fläche einaxiger
Krystalle.

Für die senkrecht zu den Hauptschnitten geschehenden Schwin-
gungen muss, da dieselben eine Kugelwelle bilden, die Dichte des
Aethers nach allen Richtungen die nämliche sein. Für die in den
Hauptschnitten geschehenden Schwingungen dagegen muss, da die-
selben eine ellipsoidische Welle bilden, die Dichte des Aethers eine
verschiedene sein, eine grössere in der Richtung der kleineren Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit b c, eine kleinere in der Richtung der
grösseren Fortpflanzungsgeschwindigkeit f g (Fig. 165). Wir können
die Dichtigkeitsverhältnisse des Aethers, welche diese in den Haupt-
schnitten schwingenden Strahlen voraussetzen lassen, darstellen durch

[Abbildung] Fig. 166.
ein Ellipsoid, dessen grosse Axe b c (Fig. 166)
mit der Hauptaxe zusammenfällt, und das man
sich durch eine Rotation der Ellipse b d c e um
diese grosse Axe entstanden denken kann. Man
bezeichnet dieses Ellipsoid als Elasticitäts-
fläche
. Die Elasticitätsfläche giebt ebensowohl
darüber Rechenschaft, dass der ausserordentliche
Strahl sich mit verschiedener Geschwindigkeit,
wie darüber, dass der ordentliche Strahl sich
mit gleicher Geschwindigkeit nach allen Rich-
tungen fortpflanzt. Die Schwingungen des ordent-
lichen Strahls sind nämlich immer senkrecht zu
b c, rings um b c sind aber alle Elasticitätsaxen einander gleich: ein
aus solchen Schwingungen bestehender Strahl muss sich also wie in

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[332/0354] Von dem Lichte. ausserordentliche Strahl in derselben Zeit, in der sowohl er selbst wie der ordentliche in der Richtung der Hauptaxe den Weg b c zurück- legt, in einer darauf senkrechten Richtung durch den grösseren Weg f g fort. Construirt man so die Wegstrecken, die jeder der beiden Strahlen nach den verschiedenen Richtungen des Raumes in gleichen Zeiten zurücklegen kann, so bildet die Gesammtsumme dieser Wege für den ordentlichen Strahl eine Kugel, für den ausserordentlichen Strahl aber ein Ellipsoid, das man sich durch die Drehung der Ellipse b f c g um ihre mit dem Durchmesser der Kugel identische kleine Axe b c entstanden denken kann. Diese Rotationsaxe entspricht aber der Hauptaxe des doppelbrechenden Körpers. Wir haben nun früher schon bemerkt, dass das Licht in durchsichtigen Medien im Allgemei- nen Kugelwellen bildet. Die Fortpflanzung des Lichtes in doppel- brechenden Körpern unterscheidet sich also dadurch, dass die in den- selben vorhandene Kugelwelle von einer ellipsoidischen Welle um- schlossen wird. Die Kugelwelle wird von den senkrecht zu den Hauptschnitten erfolgenden Schwingungen des ordentlichen Strahls, die ellipsoidische Welle von den in den Hauptschnitten geschehenden Schwingungen des ausserordentlichen Strahls gebildet. Für die senkrecht zu den Hauptschnitten geschehenden Schwin- gungen muss, da dieselben eine Kugelwelle bilden, die Dichte des Aethers nach allen Richtungen die nämliche sein. Für die in den Hauptschnitten geschehenden Schwingungen dagegen muss, da die- selben eine ellipsoidische Welle bilden, die Dichte des Aethers eine verschiedene sein, eine grössere in der Richtung der kleineren Fort- pflanzungsgeschwindigkeit b c, eine kleinere in der Richtung der grösseren Fortpflanzungsgeschwindigkeit f g (Fig. 165). Wir können die Dichtigkeitsverhältnisse des Aethers, welche diese in den Haupt- schnitten schwingenden Strahlen voraussetzen lassen, darstellen durch [Abbildung Fig. 166.] ein Ellipsoid, dessen grosse Axe b c (Fig. 166) mit der Hauptaxe zusammenfällt, und das man sich durch eine Rotation der Ellipse b d c e um diese grosse Axe entstanden denken kann. Man bezeichnet dieses Ellipsoid als Elasticitäts- fläche. Die Elasticitätsfläche giebt ebensowohl darüber Rechenschaft, dass der ausserordentliche Strahl sich mit verschiedener Geschwindigkeit, wie darüber, dass der ordentliche Strahl sich mit gleicher Geschwindigkeit nach allen Rich- tungen fortpflanzt. Die Schwingungen des ordent- lichen Strahls sind nämlich immer senkrecht zu b c, rings um b c sind aber alle Elasticitätsaxen einander gleich: ein aus solchen Schwingungen bestehender Strahl muss sich also wie in

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/354>, abgerufen am 05.05.2024.